Das Ding ist cool bis in die Zehenspitzen. Mattschwarz. Eine andere Farbe gibt es für dieses unkonventionelle Elektroauto erst gar nicht. Ernsthaft. Schwarz hat nämlich beim großen Community-Voting mit 54 Prozent knapp gegen Weiß gewonnen. Und zu diesem schattigen Auftritt passt das extrem glattflächige, puristische Design dieses nur 4,29 Meter langen Vollstromers, dessen Grundform zwar nicht an einen Schuhkarton, aber zumindest an einen sehr praktikablen familiären Van erinnert. Ist immerhin 1,67 Meter hoch.

Sein Name ist schon fast Programm: Sion. Das klingt schwer nach Sonne, denn dieses batterieelektrische Auto, lässt sich eben auch über seine in die Karosserie integrierten Solarzellen laden. Novum in der Branche. Darüber haben wir bereits mehrfach berichtet.

Das sah 2017 beim ersten Prototypen noch ziemlich gebastelt und etwas picklig aus. Doch nun sind hier die in Polymer-Kunststoff eingebetten Solarpanele so clever gestaltet, dass sie nur noch zu erahnen sind. Die erste Entwicklung dieser Art weltweit, betonen sie bei Sono Motors immer wieder. Soll kratzfest sein und bruchsicher. Und gegenüber vergleichbaren Karosseriebauteilen aus Metall rund 20 Prozent an Gewicht sparen.

Solarpanele in Polymer
Die kratz- und bruchsicheren Photovoltaik-Elemente sind so geschickt in die schwarze Kunststoff-Karosserie die Sono Sion integriert, dass sie nur noch zu erahnen sind. Ihre Lebensdauer soll mindestens zwölf Jahre betragen. Foto: Sono Motors

Und die laut Sono Motors hocheffizienten Solarzellen, deren Lebensdauer zwischen mindestens 12 und im Idealfall bei 25 Jahren liegen soll, liefert hier nicht irgendwer. Sondern der finnische Vorzeigehersteller Valoe, erklärt uns Sonos Solarspezialist Matthieu Baudrit: „Die sind wirklich Benchmark in der Branche.“ Und darauf ist er unheimlich stolz.

35 Kilometer mehr am Tag dank Sonnenkraft

Und dann weist die Sono-Truppe wie immer auf die sonnigen Reserven des Sion hin. Mit seinen Solarpanelen soll das Auto pro Tag 30 bis 35 Kilometer elektrische Reichweite sammeln können. Das soll sich (bei Sonne satt) in der Woche im Idealfall auf bis zu 245 Kilometer summieren, wenigstens aber auf 112 Kilometer. Damit müsse zum Beispiel ein täglich pendelnder Sion-Besitzer in acht Wochen viermal weniger laden als in einem gleich großen konventionellen Elektroauto.

Richtig, geladen wird sogar während der Fahrt. Lässt sich zur emotionalen Aufmunterung digital auf dem zentralen Touchdisplay, also live verfolgen. Sogar einzeln für jede Karosseriefläche. Und übersichtlich summiert pro Tag, pro Woche und Monat. Kurzzeitig habe der Sion schon sonnige Spitzenleistungen von 500 Watt erreicht, erfahren wir im Gespräch. Kein Wunder bei einer Photovoltaik-Fläche von fast sieben Quadratmetern.

Im übrigen lassen sich die einzelnen, durchgefärbten Polymer-Karosserieteile, die prinzipiell jede Designform erlauben, extrem schnell herstellen. Das soll in einem industriellen Arbeitsschritt nur nur gerade rasante 30 Sekunden dauern. Teure Lackieranlagen, gigantische Stahlpressen? Hier alles nicht mehr notwendig. Und das spart in der künftigen Produktion natürlich richtig Geld.

Mooslandschaft reinigt die Innenluft

Optisch jedenfalls macht der mattschwarze Sion ordentlich was her. Und auch im Innenraum geht’s betont hipp und puristisch zu. Kein Lametta oder irgendwelcher Schnickschnack, den meist eh kein Mensch braucht. Alles clean und gradlinig. Nur das zentrale 10-Zoll-Touchdisplay, mit dem sich per Smartphone-Einbindung (Apple CarPlay und Android Auto) die ins Infotainment integrierten Connectivity- und Mobilitätsdienste steuern lassen, fällt sofort ins Auge. Alles Wesentliche hier schön strukturiert in Blickhöhe. Genau, ähnlich pragmatisch hat Tesla auch mal angefangen.

Und dann natürlich diese breite, knallgrüne Mooslandschaft unterm Armaturenbrett. Sieht gnadenlos öko aus, ist aber ein bisschen Fake, denn das Grünzeugs ist zwar echt, aber nicht mehr lebendig: Dahinter verbirgt sich ein handelsüblicher Luftfilter. Gleichzeitig dient das hier mit kleinen Schlitzen als mittlerer Luftausströmer. Was aber mindestens ebenso auffällt: Unglaublich viel Bewegungs- und Kopffreiheit auf allen Plätzen! In der zweiten Reihe Beinfreiheit wie in der Oberklasse. Voluminöse Sitze mit nett gesteppten Stoffbezügen, sechs Airbags, viele große Fächer und etliche Ablagen.

Mooslandschaft unterm Armaturenträger
Das Grünzeug ist echt, aber nicht mehr lebendig. Es dekoriert den dahinterliegenden Luftfilter und sorgt im Innern des Sonnenwagens für ein schönes Öko-Ambiente. Foto: Sono Motors

Ganz hinten die große Heckklappe, dahinter ein Kofferraum im Format einer Scheune: rekordverdächtige 650 Liter Standardvolumen, das sich bis zu 1250 Liter erweitern lässt. Ein zweites Fach unter dem glatten Ladeboden. Warum denn die Heckscheibe so ungewöhnlich schmal ist? „Um das Solarpanel in der Hecktür auf eine maximale Größe zu bringen“, erklärt uns Sonos neuer Entwicklungschef Markus Volmer. Leuchtet ein.

Noch ein kurzer Rundumblick. Elektrische Fensterheber und Sitzheizungen für die Vordersitze? Check. USB-C-Anschlüsse? Check. Einzeln umlegbare Rücksitzlehnen? Check. Klimaanlage? Check. Allerdings nur in einer zentral geregelten Ein-Zonen-Variante. Digitales Fahrerdisplay mit Bordcomputer? Check. Elektrische Servolenkung? Check. Cupholder? Check.

An dieser Stelle erwartet der deutsche Automobilist den Blick in die üblicherweise lange Liste der Modellversionen und Zusatzausstattungen. Mehr Luxus gegen Bares? Fehlanzeige. Gibt es hier nicht. Gleiches Prinzip wie bei bei der Außenfarbe. Den Sion bekommen wir nur in einer einzigen (relativ kompletten) Standardausstattung. Das spart dem Hersteller dramatisch viel Geld und ermöglicht den günstigen Kaufpreis von 25.500 Euro, von dem sich ja noch die (2023 hoffentlich noch geltende) volle Förderungssumme von bis zu 9000 Euro abziehen ließe.

Im zweiten Teil erfahren Sie unter anderem, wann die Produktion des Sion beginnt.

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2 Kommentare

  1. Sven

    Gibt es was neues bezüglich der Finanzierung der Produktion?
    Sind da nicht noch 250 Millionen Euro vonnötigen zusätzlich zu den 50 Millionen die durch Crowdfunding eingenommen wurden?

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    • Franz W. Rother

      Für den Augenblick reicht es wohl erst mal. Aber bis zum Start der Serienproduktion müssen noch ein paar Millionen Euro fließen, richtig.

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