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Monatlich 500.000 Euro an laufenden Kosten

Und nun also diese knallenge 50-Millionen-Jagd. „Warum muss das denn unbedingt in 30 Tagen klappen?“ ärgert sich Sascha, ein Projekt- und Prozessmanager aus dem Land Brandenburg. „Eure Aussage, dass es, wenn das Geld nicht so schnell zusammenkommt, keinen Sion gibt, finde ich unmöglich.“ Er schlägt spontan mal eine Verlängerung auf drei Monate vor.

Und Hahn? Reagiert mit der schockierenden Erklärung, dass das erstens nicht genügend Druck aufbauen würde („Crowdfunding geht nur mit Dringlichkeit“) und Sono bereits vorher sämtliches Geld ausgehen würde. Ja, man brauche derzeit schlicht 500.000 Euro im Monat, rechnet er vor. Hundert Mitarbeiter, dazu 300 externe Entwickler, die seit 2016 arbeiten. Und so weiter. Laufende Kosten eben.

205 Millionen Euro bis zum Serienanlauf

Wofür exakt denn die 50 Millionen gedacht sind? „Für den Bau von 40 fahrfertigen Serien-Prototypen“, die dann unter anderem für die Dauer-Erprobung und Crashtests notwendig seien. Und natürlich für die entsprechenden Produktionsanlagen und Werkzeuge. Danach sind laut Laurin weitere 205 Millionen Euro bis zum Start der Serienproduktion notwendig. Dabei könne man dann auf die Banken hoffen, beruhigt er. Die könnten im Notfall die Roboter und Produktionslinien ja wieder zu Geld machen.

Auch Jona Christians, zweiter Geschäftsführer und genauso jung wie Hahn, gibt sich für diese Zukunft optimistisch. Da könne man denn zum Beispiel, Stichwort Kohlendioxid-Pooling, gegen Geld von anderen Autoherstellern deren C02-Volumina übernehmen. „Ist natürlich so eine Art Ablasshandel“, gibt er lächelnd zu, „aber besser das Geld geht an einen ökologischen Hersteller wie uns als an den Staat.“ Naja. Das finden einige der Sono-Anhänger nicht so lustig. „Leute, ist doch eigentlich gegen eure grüne Philosophie.“

Erste Auslieferungen frühestens 2022

Wenig später sorgt auch der neue Zeitplan für Irritationen im Pubklikum, denn nach dem letzten Stand der Dinge, wird die Serienproduktion, wenn alles glatt läuft, frühestens Ende 2021 beginnen. „Auslieferung der ersten Autos im ersten Quartal 2022“, bestätigt Hahn auf der Podiumsbühne. Maximal 43.000 Fahrzeuge pro Jahr seien danach im 2-Schicht-Betrieb als Kammlinie geplant. Rund 260.000 Autos in acht Jahren. Und dann verrät er, dass der Break-Even, also die Gewinnschwelle, nicht vor 2024 erreicht werden würde. „Wir bewegen uns im Niedrigpreissegment, da sind die Margen niedrig.“ Da ist ihm nicht zu widersprechen, Hersteller wie Audi, BMW oder Mercedes können die Entwicklung der aktuellen E-Modelle über die lukrativen Preise ihrer großen SUVs locker ausgleichen.

Keine Garantie auf Rückzahlung

Riesenfrage. Ob man denn beim Kauf eines Sion auch mit der angekündigten Förderung von 6000 Euro rechnen könne, will einer wissen. Co-Chef Christian winkt sofort ab. „Davon müssten wir ja 50 Prozent übernehmen, no Way!“ Das ginge nur über eine Preiserhöhung des Autos, die aber nicht zur Diskussion stehe. „Da muss es eine Lösung von der Politik geben“, erklärt er. Bei den Verhandlungen seien Hersteller wie Sono Motors leider nicht eingeladen gewesen, und dieses Ergebnis könne ja wohl nicht das letzte Wort sein. Richtig, da ergeht es Sono Motors nun wie Günther Schuh von der Aachener e.GO Mobile AG mit seinem Elektroauto Life. Immerhin will sich die Politik nun etwas einfallen lassen, um die kleinen Hersteller nicht zu überfordern: Diskutiert wird, ihnen den Eigenanteil des Umweltbonus zu erlassen.

Sono Motors hat erste Bilder vom Innenraum seines "Sonnenwagen" veröffentlicht. Ein Highlight ist ein kleiner, breSono genannter Luftfilter, der mit Island Moos arbeitet und einfach cool aussieht. Elektroauto

Klar, nun will einer der Angereisten klipp und klar wissen, ob sein für eine Sion-Bestellung angelegtes Geld denn futsch sei, falls der Rettungsplan floppe. Da muss Hahn ohne Umschweife die böse Wahrheit sagen. „Wir werden unser Möglichstes tun, aber ich kann dir nicht garantieren, dass du deine 500 Euro zurückbekommst.“ Bisher seien aber nur 300 Interessenten abgesprungen. Gern verkünden die beiden Geschäftsführer dann noch einen Trost anderer Art. „Unsere Zulieferer halten alle zur Stange, ebenso die bisherigen Investoren“. Eine Steilvorlage. Beide können jetzt nämlich super argumentieren, dass selbst die großen Automobilhersteller die Zeitpläne ihrer Elektroautos gerade fast alle überziehen. Und überhaupt, bei neuen Sion-Reservierungen oder Aufstockungen der bisherigen Summen käme der Zahlungs-Link mit der Aufforderung zur Überweisung des Geldes nur, wenn die 50-Millionen-Marke nach 30 Tagen erreicht werden sollte.

„Es steht auf der Kippe“

Ganz am Ende beschwört Hahn noch einmal den ganz großen Teamgeist. „Es steht auf der Kippe, aber lasst uns das Ding gemeinsam auf die Straße bringen!“ Vorher hat er noch erwähnt, dass das dreiköpfige Gründerteam (Navina Pernsteiner fehlte in Berlin) seine verfügbaren Gewinnanteile bei Erfolg der Kampagne in einen Community-Pool geben würde. Viel Beifall, die meisten hier hoffen noch. Auf ein Wunder. Auf den Weißen Ritter, einen imaginären Milliardär mit Sendungsbewusstsein.

Das war vor drei Tagen, am Donnerstag, 5. Dezember. Vier Abende, vier Städte (bisher Stuttgart, Köln, Hamburg, Berlin). Gestern dann noch eine Werbeveranstaltung in München, dort sind nun ab Montag auf die Schnelle weitere Probefahrten mit den bisherigen Prototypen geplant. Heimspiel. Und heute meldet Sono Motors im Finanz-Ticker des Crowdfundings die Summe von über 6,5 Millionen Euro. Jetzt, Sonntag, 8. Dezember, 9 Uhr. Dass dieser Speed nicht reicht, kann jeder Dummie im Kopf überschlagen. Aber wäre doch schön krass, wenn es am Ende trotzdem klappen würde, oder?

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1 Kommentar

  1. mike

    Herr Söder hat doch ein 300 Mio. Eur Paket für die Automobilindustrie angekündigt. Da wäre also Geld da. Audi z.B. sollte ja kein Geld bekommen, Audi baut ja 6500 Stellen ab um zu sparen.

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