Wie ernähren Sie sich auf Ihren Touren? Leben Sie wie beim Survival-Training nur von dem, was sie in der Natur finden?

Das ist nicht mein Ansatz. Sie dürfen in Deutschland ja nicht ohne Genehmigung jagen, daher ist es sehr mühsam satt zu werden. Ich schaue durchaus bei meinen Touren nach Kräutern und mache mir abends daraus was zu essen. Brennnesseln finden Sie zum Beispiel überall, aus denen können sie einen schönen Tee zubereiten. Ein Mikroabenteuer zu erleben, bedeutet nicht, das Ganze zum Überlebenstraining zu machen. Einzelne Aspekte können natürlich eine schöne Herausforderung sein, etwa: Schaffe ich es, ein Feuer ohne Streichhölzer anzuzünden? Aber im Zweifel nehme ich lieber ein Feuerzeug mit oder klingele am nächsten Haus.

Auf großer Fahrt
Christo Foerster während seiner Paddel-Tour nach Helgoland. Für den Fall der Fälle begleitete ihn mit einigem Abstand ein Begleitboot.
Foto: Jozef Kubica

Essen Sie dann abends gemütlich im Restaurant?

Das will ich gar nicht ausschließen, manchmal kehre ich auch irgendwo ein, wenn es auf dem Weg liegt. Meistens nutze ich aber meinen Gaskocher, den ich fast immer dabeihabe, und bereite mir abends etwas zu essen zu. Oft Couscous, der muss nicht kochen wie Reis oder Nudeln. Den müssen sie nur mit heißem Wasser übergießen und ziehen lassen. Währenddessen schnipple ich etwas und bereite mir eine Gemüsepfanne zu.

Wie verhalte ich mich denn aus Ihrer Sicht am besten in der Natur?

Auf jeden Fall respekt- und rücksichtsvoll. Sich etwa an die Regeln in Schutzgebieten halten. Dort darf ich meist nicht campieren und auch kein Feuer machen. Keinen Müll hinterlassen. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ist es aber leider nicht, wie mir gerade wieder ein Ranger aus dem Schwarzwald erzählt hat. Der ist verzweifelt, weil in diesem Jahr so viele Menschen wie nie zuvor auf den Berggipfeln übernachten und einfach ihren Dreck liegen lassen.

Sind sie nur zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs?

Ich bewege mich auch sehr gerne mit einem Stand-up Paddle Board auf dem Wasser. Das ist eine großartige Fortbewegungsart. Ich mache auch mehrtägige Touren mit so einem Board. Vergangenes Jahr bin ich beispielsweise nach Helgoland gepaddelt. Das war schon mehr eine Expedition als ein Mikroabenteuer. Das hatte vorher noch nie jemand gemacht. Jeder hat mir den Vogel gezeigt, selbst erfahrene Segler haben gesagt, dass wäre nicht möglich. Aber ich habe es geschafft. Das zeigt: Selbst kleine Expeditionen sind in Deutschland möglich, sie müssen dafür nicht in die Arktis reisen.

Haben sie sich abgesichert? Es kann ja durchaus bei so einer Tour über das Meer etwas schief gehen.

Mich hat die ganze Zeit ein Boot begleitet, Gott sei Dank mir gebührendem Abstand hinter mir. Bei aller Abenteuerlust bin ich ja auch Familienvater. Ich hatte auf dem Board aber alles dabei, was ich brauchte, habe selbst navigiert. Das war mir wichtig, autark zu sein und das Boot wirklich nur als Backup zu sehen. Am Vortag bin ich auf die Insel Neuwerk gepaddelt und habe dort mit Schlafsack und Isomatte an der Wasserkante übernachtet. Es war ein unvergessliches Erlebnis – in Deutschland.

Was ist Ihr Eindruck, haben die beschränkten Bewegungsmöglichkeiten während der Hochphase der Corona-Pandemie in Deutschland dem Mikroabenteuer einen Schub gegeben hat?

Ehrlich gesagt kaum. Das Interesse an dieser Idee wächst schon seit Jahren stetig. Fernsehen und Radio haben in diesem Jahr aber mehr berichtet. Das ZDF hat zum Beispiel am Pfingstmontag eine große Dokumentation über das Thema gebracht, bei der ich mitgewirkt habe.

Es gibt grundsätzlich – auch jenseits von Corona ­– einen unglaublichen Boom des Phänomens Mikroabenteuer. Das ist eher eine logische Fortführung von dem, was ich schon vor der Pandemie erlebt habe. Auch wenn ich natürlich beobachte, dass gerade jetzt immer mehr Menschen die Natur vor der Haustür für sich entdecken. Und sie nach neuen Möglichkeiten suchen, ihren Urlaub dieses Jahr in Deutschland zu verbringen.

Zeitweise habe ich sogar befürchtet, dass es etwas zu voll wird in diesem Sommer, als es noch so aussah, als würden wir gar nicht ins Ausland reisen dürfen. Letztlich bin ich ganz froh, dass nun doch einige wieder nach Mallorca fliegen und sich nicht in den deutschen Wäldern herumtreiben. Denn leider sind das häufig auch diejenigen, die sich nicht sonderlich respektvoll in der Natur verhalten, ohne Mallorca-Urlauber generell in eine Schublade stecken zu wollen.

Aber halten Sie nicht auch einen umgekehrten Effekt für möglich, dass in einigen Monaten, spätestens kommendes Jahr es wieder alle in die Ferne zieht, weil sie etwas nachholen wollen, was sie vermeintlich verpasst haben?

Das kann ich mir durchaus vorstellen. Ich glaube aber schon, dass ganz viele festgestellt haben: Vor der eigenen Haustür ist auch vieles möglich, auch in meinem Bundesland ist es schön, und ich kann auch hier viel erleben.

Wie viel davon am Ende übrig bleibt? Da bin ich gespannt. Ich hoffe, dass wir Auslandsreisen bewusster unternehmen und nicht konsumieren wie Fernsehserien und Nackensteaks.

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