(Aktualisierung am 27.7.) Nach einer wochenlangen Hängepartie und schwierigen Verhandlungen zwischen den Koalitionären hat sich die Bundesregierung auf die neuen Fördersätze für Elektroautos geeinigt. Wie erwartet wird zum Jahreswechsel die Anschaffung eines Plug-in-Hybrids nicht mehr mit einem Umweltbonus bedacht – bislang gab es dafür einen Zuschuss von bis zu 6.750 Euro. Die Ermittlung der elektrischen Fahranteils, so die Begründung, würde in der Praxis zu einem „unverhältnismäßig hohem Aufwand“ geführt.
Aber auch die Subventionen für Batterieautos werden deutlich zurückgefahren werden. Statt wie aktuell 6000 Euro gibt es vom Bund ab 1. Januar bei einem Nettolistenpreis des Fahrzeugs von bis zu 40.000 Euro nur noch einen Zuschuss von 4500 Euro geben, für Elektroautos mit einem Nettolistenpreis von bis zu 65.000 Euro in Höhe von 3000 Euro. 2024 wird ein Umweltbonus in Höhe von 3000 Euro dann nur noch für Elektroauto mit einem Nettolistenpreis von bis zu 45.000 Euro gezahlt – und 2025 komplett gestrichen. Hinzu kommt wie bisher der Anteil der Autohersteller, die auch zukünftig „50 Prozent der Gesamt-Bundesförderung betragen soll“, wie es im Bundeswirtschaftsministerium heißt. Darüber werde man sich aber noch mit der Autoindustrie austauschen.
VDA: Nicht nachvollziehbare Kürzung
Beim Verband der Automobilindustrie (VDA) zeigte sich Präsidentin Hildegard Müller wie erwartet enttäuscht über die geplante Neufassung der Richtlinie Umweltbonus. „Das ist ein heftiger Dämpfer für den Anreiz, sich ein E- Auto anzuschaffen.“ In Zeiten steigender Kosten und Belastungen sei die Entscheidung der Ampelkoalition, die Förderung für Elektroautos „einseitig und umfassend zu kürzen, nicht nachvollziehbar.“ Zur Erreichung der Ziele der jüngst verabschiedeten EU-Flottengrenzwerte hätte es jetzt eigentlich eines „kraftvolleren Signals im Markt“ bedurft.
Ähnlich äußerte sich Reinhard Zirpel, der Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK): „Der Markt für E-Fahrzeuge wird sich in Deutschland möglicherweise in den kommenden Monaten und Jahren weit weniger dynamisch entwickeln, als es notwendig wäre, um die CO2-Emissionen des Verkehrs schnell zu senken.“ Das gelte umso mehr, als auch die Ladeinfrastruktur bisher keine Anreiz für den Kauf eines Elektroautos biete.
BEM: Verkehrswende steuert in Sackgasse
Noch deutlicher fiel die Kritik des Bundesverbandes eMobilität (BEM) aus. Dort hält man nun die CO2-Minderungsziele im deutschen Verkehrssektor für nahezu ausgeschlossen. „Wir beobachten ein seltenes Schauspiel politischer Disqualifikation,“ kommentierte BEM-Vorstand Markus Emmert. „Nach drei Monaten der Finanzierung einer Spritpreisbremse in Höhe von 9 Milliarden Euro sollen die Bürger verstehen, dass ein langfristiges Umweltziel mit Umbau einer volkswirtschaftlich tragenden Industriesäule nun weniger als drei Milliarden Euro wert ist.“
Umweltbonus nur noch für Privatwagen
Beim VDA stoßen aber noch zwei andere Details im Regierungspapier übel auf: Weiterhin soll der Umweltbonus erst nach der Zulassung des Elektroautos – und nicht schon bei der Bestellung – beantragt werden können. Und zweitens sollen den Umweltbonus ab 1. September kommenden Jahres nur noch Privatkunden beantragen können. Das bedeutet: Dienstwagen fliegen aus der Förderung raus, die Dekarbonisierung des Fuhrparks muss künftig allein von den Unternehmen gestemmt werden. Eine Fortsetzung der Förderung für Fahrzeuge von Kleingewerbetriebe und gemeinnützigen Organisationen wird nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums noch geprüft.
VDA-Präsidentin Müller hält es für „wenig nachvollziehbar, die Prämie nur noch an private Autokäufer auszuzahlen. Es sind gerade die Dienstwagen, die anschließend zu günstigeren Preisen auf dem Gebrauchtwagenmarkt kommen und somit für eine insgesamt klimafreundlichere Flotte sorgen.“
Steuerlichen Vorteile bleiben
Immerhin: Die steuerlichen Vorteile von gewerblich genutzten Elektroautos bleiben bestehen. Und ein Bonus-Malus-System (wonach die Fahrer von Benzinern und Dieselautos die Förderung für die Stromer über die Kfz-Steuer aufzubringen hätten) ist wohl vom Tisch. Der BEM hatte die Idee zur Finanzierung der Verkehrswende allerdings begrüßt.
Wie allerdings unter den neuen Bedingungen das Ziel eines Bestandes von 15 Millionen Elektroautos im Jahr 2030 erreicht werden solle, sei schleierhaft, hieß es beim VDA. Auch dort befürchtet man, dass die Nachfrage nach den Stromern nun deutlich zurückgehen wird. Zumal das Gesamt-Budget für die Elektroauto-Förderung bei 3,4 Milliarden Euro – 2,1 Milliarden in 2023, 1,3 Milliarden in 2024 – gedeckelt werden soll: Ist der Finanztopf leer, gehen die Käufer wie seinerzeit bei dem Förderprogramm für private Ladeeinrichtungen leer aus. „Das läuft auf ein Glücksspiel hinaus“, kommentierte ein VDA-Manager dieses Detail der geplanten Richtlinie. VDIK-Präsident Zirpel sprach hingegen von einer „Förderung nach dem Windhundprinzip, die das Gegenteil von Planungssicherheit bedeutet.“ Nach Ansicht des BEM dürfte der Fördertopf schnell geleert sein: „Schon heute warten etwa 450.000 Käufer auf die Auslieferung ihrer Elektroautos.“
Fördertopf mit Deckel
„Wenn der Topf leer ist, ist er leer“, bestätigte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Bernd Reuther, dem Handelsblatt. Es könne auch durchaus sein, heißt es bei den Liberalen, dass der Fall schon im kommenden Jahr eintrete. Der Bundesfinanzminister, FDP-Vorsitzende und Porsche-Fahrer Christian Lindner ist ohnehin gegen eine weitere Förderung der Elektromobilität.
„Wenn es nach mir geht“, erklärte Lindner kürzlich in einem Interview, „werden zum Beispiel die Kaufprämien für Elektrofahrzeuge gestrichen.“ Die Autos würden bisher über die gesamte Lebensdauer mit bis zu 20.000 Euro subventioniert, auch die von Top-Verdienern. „Das ist zu viel. Da können wir Milliarden sparen, die wir sinnvoller einsetzen können.“
Seit Beginn der Förderung im Jahr 2016 hat das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und AusfuhrkontrolIe (BAFA) nach eigenen Angaben bislang 5,94 Milliarden Euro für die Förderung von Elektroautos ausbezahlt, fast 3,8 Milliarden davon für reine Batterieautos. In diesem Jahr stehen
Das ist schon sehr einseitig dargestellt – nämlich, dass das Elektroauto die Lösung des Problems ist, und nicht ein Teil des Problems. Wer ganz auf das Auto verzichtet, der wird über Steuern, die in diese Förderung fließen, bestraft.
Das Geld wäre tatsächlich besser in Infrastrukturprojekte wie Bahnlinien, Nahverkehr oder Radwege geflossen. Denn davon haben alle etwas, selbst die Autofahrer. Weniger Verkehr auf der Straße bedeutet nämlich, dass man kürzer unterwegs ist, wenn man nicht auf das Auto verzichten kann/will.