Bei der Elektromobilität werden die Karten neu gemischt. Das ist bei den Pkws so, wo jede Menge neuer Akteure den etablierten Herstellern das Leben schwer machen. Bei den Nutzfahrzeugen ist das nicht ganz so einfach. Schließlich ist die Logistikbranche ein beinhartes Geschäft, bei dem mit spitzem Stift um jeden Cent gekämpft wird. Entscheidend ist, was der Kunde will. Wie der Name schon verrät, ist der Autozulieferer Bergische Achsen (BPW) liefert seit Jahren in die Beantwortung dieser Frage involviert. Jetzt hat sich das Unternehmen aus Wiehl nahe Köln mit Paul Nutzfahrzeugen zusammengetan, um unter der neuen Marke Bax einen vollelektrischen 7,5-Tonnen-Transporter auf den Markt zu bringen. Hilfestellung leistet dabei Isuzu: Die Japaner steuern das Chassis der N-Serie bei. Und auch BMW ist mit von der Partie.
Nutzlast und Reichweite hatten Priorität
„Nutzlast und Reichweite sind wichtig“, fasst Produktmanager Alexander Wolter zwei wichtige Attribute des Elektro-Lasters zusammen. Klingt einfach, ist aber bei einem Stromer dieser Größe schwer umzusetzen. Das A und O sind der Antriebsstrang und die Batterien. Die kommen beim Bax von BMW und sind in zwei Größen bestellbar: Medium Range (MR) mit einer Kapazität von 84 Kilowattstunden – und Long Range (LR) mit 126 kWh.
„Mit der Longe Range Version haben wir eine maximale Reichweite von 218 Kilometern, das sind keine WLTP-Werte, sondern Ergebnisse im Alltagsbetrieb“, versichert Wolter. Im Winter dürften es rund 15 Prozent weniger Reichweite sein. Die großen Akkus sind an einem 100-kW-Schnelllader angeblich in 45 Minuten von 20 auf 80 Prozent gefüllt. An einer 22-kW-AC-Wallbox sind es rund 200 Minuten.
Bei der 86-kWh-Batterie sind die 20 bis 80 Prozent an einem 100-kW-Schnelllader in einer halben Stunde absolviert. An einer 22-kW-AC-Ladesäule dauert es eine halbe Stunde. Hängt man die Akkus an einen 11-kW-Lader verdoppelt sich laut Wolter in etwa die Stromtankzeit gegenüber der 22-kW-Version. Aber über Nacht sind die Energiespeicher im Depot auch so wieder voll. Ein Konzept, das so mancher Anbieter eines E-Nutzfahrzeuges verfolgt.
Zwei Elektromotoren an der Hinterachse
Beim Antrieb konnte BPW seine Expertise ausspielen und hat zwei E-Maschinen in die Hinterachse integriert. „Da kommen wir her. Wenn wir etwas machen, dann packen wir das in die Achse“, sagt Wolter. Also haben die Techniker zwei kompakte PSM-Elektromotoren in die Hinterachse gepackt. Ein Vorteil dieser Anordnung ist, dass man so Torque Vectoring einsetzen kann, um den Wendekreis bei der Longe Range Version auf 16,3 Meter zu beschränken.
Die Antriebsleistung von 100 kW (136 PS) ist im Bax-Konzept eher nachrangig. Wichtig sind Effizienz und Alltagstauglichkeit im urbanen Betrieb. Die Motoren schaffen ein Gesamt-Drehmoment von 6.580 Newtonmetern und so schafft der Transporter mit drei Tonnen voll beladen Steigungen von bis zu 20 Prozent. Die Motoren sind für die Stadt optimiert und haben daher eine hohe Leistungsdichte. Sie werden mit Öl gekühlt, das alle fünf Jahre gewechselt werden muss.
Genug der Vorrede. Wir schnappen uns einen Bax-Transporter mit langem Radstand und der großen Batterie. Der leuchtend rote Not-Aus-Schalter signalisiert deutlich, dass es sich hier um ein Testfahrzeug handelt. Und die deutlich sichtbaren Gebrauchsspuren im Aufbau zeigen, dass dieses schon richtig rangenommen wurde. Schon nach wenigen Kilometern ist klar, der Bax fährt sich völlig unspektakulär. Das bedeutet für die Techniker: Ziel erreicht.
Erprobung bei großen Kunden
Die Rekuperation ist genauso stark, dass die Bremslichter nicht angehen. Da hat man bei Tesla genau hingeschaut. Wer vorausschauend fährt, kommt mit dem Gaspedal alleine zurecht. Lediglich die Lenkung lässt noch etwas zu wünschen übrig: Man muss schon kräftig am Volant kurbeln, damit sich der 7,5 Tonner in die gewünschte Richtung bewegt. „Da werden wir noch mal nachbessern“, verspricht Wolter.
Das entspricht der Herangehensweise der BPW-Truppe, die den Laster in Zusammenarbeit mit den Kunden weiterentwickelt. Denn die wissen am besten, was sie brauchen. Einige Testfahrten führen die potenziellen Kunden wie DHL oder MEWA (Textilmanagement) selbst durch. So erhalten die Bax-Schöpfer eine unmittelbare Rückmeldung der Käufer aus dem Alltagseinsatz.
Bax liefert nur das Chassis
Der Transporter steht in Deutschland bereits zum Verkauf, muss aber noch eine Einzelabnahme durchlaufen. Im zweiten Halbjahr soll die EU-Typengenehmigung erfolgen, dann fällt diese lästige Prozedur weg und dann sollen auch andere europäische Länder wie Österreich oder Frankreich als Märkte erschlossen werden.
Wie bei solchen Nutzfahrzeugen üblich, liefert Bax lediglich das Chassis, der Kunde ordert dann den Aufbau, den er braucht. Dabei können die Aufbauten der Diesel-Lkw eins zu eins übernommen werden. In der neuen Nutzfahrzeugwelt sind neben der Praktikabilität die Vernetzung und die Assistenzsysteme wichtig. Beim Bax unterstützen unter anderem ein Spurhalte-Assistent, ein Notbremssystem und ein optionaler Abbiegeassistent den Fahrer. Die Konnektivität hilft den Logistikunternehmen, die Touren zu planen und so Zeit und Geld zu sparen, da man die Daten des Fahrzeugs immer im Blick hat. So kann man schnell auf neue Anforderungen reagieren, die Route ändern und gegebenenfalls Ladung nachfassen.
Preise beginnen bei 160.000 Euro
Durch die Übermittlung der Telemetriedaten haben die Unternehmen auch die Fahrprofile und die Verbräuche immer im Blick, genauso wie die wichtigen mechanischen und elektrischen Systeme. Auch Updates können drahtlos aufgespielt werden.
Der BAX 7.5 ist mit zwei verschiedenen Radständen von 3,465 Metern und 4,475 Metern sowie den erwähnten zwei Batteriegrößen erhältlich. Wobei der kurze Radstand immer die kleinen Akkus bedingen. Die Preise beginnen geht es bei 160.000 Euro, die Variante mit langem Radstand und großer Batterie kostet 189.000 Euro.