Die Gesetze der Marktwirtschaft sind unerbittlich. Wenn eine neue Ware nicht gefragt ist, gibt es verschiedene Wege, sie für den Kunden interessanter und schmackhafter zu machen. Etwa durch Preissenkungen. Doch wenn es sich um Elektroautos handelt, wird das schwierig. Denn nicht jeder Hersteller erzielt so hohe Margen wie Tesla und kann – wie jetzt wieder beim Model Y – die Verkaufspreise so einfach um mehrere tausend Euro senken, ohne gleich tiefrote Zahlen zu schreiben. Und die hohen Energie- und Personalkosten in Deutschland machen die Sache für die heimischen Autobauer nicht einfacher. Denn unter dem Strich ist die Produktion eines Stromers hierzulande aktuell nach wie deutlich teurer als die vergleichbarer Fahrzeuge mit Verbrennungskraftmaschine.

Die Tatsache, dass manche Autobauer ihre E-Mobile dennoch günstiger anbieten als einen Wagen mit konventionellem Antrieb, bezeichnete der Mercedes-Finanzvorstand Harald Wilhelm bereits im Oktober vergangenen Jahres als „brutal“. Und nun wird es nach dem Wegfall der staatlichen Förderung von Elektroautos für die Autohersteller noch einmal brutaler – und für Autokäufer immer angenehmer.

E-Autos von BYD verbilligen sich um bis zu 14,9 Prozent

Um die Nachfrage nach Elektroautos nicht komplett einbrechen zu lassen, haben eine Reihe von europäischen Autoherstellern die Preise für einzelne Stromer deutlich gesenkt. Und nun steigt mit BYD mit der erste chinesische Autobauer in den Preiskampf ein. Mit sofortiger Wirkung und ohne zeitliches Limit senkt der Newcomer die Listenpreise für drei Modelle um bis zu 14,9 Prozent oder bis zu 17.255 Euro. Damit kostet der kleine BYD Dolphin Comfort 32.990 Euro, der kompakte Atto 3 statt 35.500 nun 37.990 Euro und die 4,80-Meter-Limousine Seal Excellence nur noch 50.990 Euro. Am deutlichsten verbilligten sich die Premiummodelle Han und Tang: Der siebensitzige SUV Tang ist statt 69.615 Euro nun ab 55.692 Euro erhältlich, die allradgetriebene Limousine Han schon für 51.765 Euro – über 17.000 Euro (69.020 Euro) weniger als zuvor. BYD, so die Botschaft, will in Europa Fuß fassen – koste es, was es wolle.

Elektro-Delphin aus China
BYD bietet sein kleines Elektroauto auf dem deutschen Markt nun schon für 32.990 Euro an - 8,3 Prozent günstiger als zuvor. Damit soll der Wegfall des staatlichen Umweltbonus kompensiert und die Nachfrage stimuliert werden. Foto: BYD
Elektro-Delphin aus China
BYD bietet sein kleines Elektroauto auf dem deutschen Markt nun schon für 32.990 Euro an – 8,3 Prozent günstiger als zuvor. Damit soll der Wegfall des staatlichen Umweltbonus kompensiert und die Nachfrage stimuliert werden. Foto: BYD

(Aktualisierung vom 18.1.) Tesla reagierte prompt – und senkte die Preise für das in Deutschland besonders populäre Model Y. Das Basismodell verbilligte sich um 1900 Euro, die allradgetriebenen Topversionen sogar um 5000 Euro. Mit der Folge, dass diese nun sogar günstiger zu haben sind als das Model 3 in gleicher Ausstattung.

Das setzt die anderen Autohersteller zusätzlich unter Druck, die das Füllhorn eigentlich nur zeitlich begrenzt ausschütten wollen: Die meisten Rabattaktionen enden nach Stand der Dinge Ende März. VW etwa senkt in dem Zeitraum die Preise seiner ID-Modelle zwischen 4.760 Euro (ID.7 Pro) bis zu 7.735 Euro (ID.4. ID4 GTX, ID.5). Interessanterweise hobeln die Wolfsburger Vertriebsexperten beim ID.3 Pro 7.020 Euro weg, beim ID.7 Pro sind es allerdings 2.260 Euro weniger. Auch beim ID.3 Pro S lässt VW nur 5.335 Euro nach.

E-Autokäufer haben derzeit gute Karten

Der Grund dieser heterogenen Preisgestaltung könnte die Tatsache sein, dass die Hersteller bereits in Verkaufsprogrammen vorgesehene Nachlässe jetzt prominenter verkaufen. Gerade der Absatz des VW ID.3 lahmt trotz der jüngsten Modellpflege. Im vergangenen Dezember übergaben die VW-Händler gerade mal 1.573 Einheiten des kompakten BEV an die Kunden. Das sind 77,1 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Über das Jahr 2023 gesehen, gingen die Verkäufe um circa 4,4 Prozent zurück. Also kriegt das schwächelnde Modell nun eine Anschubhilfe in Form von Preisnachlässen. Autokäufer haben also derzeit gute Karten.

Preisbrecher aus Frankreich 
Mit dem Citroën E-C3 will der Stellantis-Konzern die Konkurrenz unter Druck setzen. Das kompakte Elektroauto soll in der Basisausführung lediglich 23.300 Euro kosten. Möglicherweise wird man aber nun noch einmal an der Preisschraube drehen müssen - auf dem Markt für Elektroautos geraten die Preise gerade ins Rutschen. Foto: Citroën
Preisbrecher aus Frankreich
Mit dem Citroën E-C3 will der Stellantis-Konzern die Konkurrenz unter Druck setzen. Das kompakte Elektroauto soll in der Basisausführung lediglich 23.300 Euro kosten. Möglicherweise wird man aber nun noch einmal an der Preisschraube drehen müssen – auf dem Markt für Elektroautos geraten die Preise gerade ins Rutschen. Foto: Citroën

In den Konzernzentralen geht allerdings die Angst um. Denn ist der Preis erst einmal reduziert, kann er nicht so einfach wieder auf das ursprüngliche Niveau gehoben werden. Ohne vernünftige Margen im Verkauf fehlen die Mittel für Investitionen in neue Modelle. Und mit jeder Preissenkung fallen die Restwerte der Fahrzeuge, die nach zwei oder drei Jahren im Leasing-Geschäft auf den Gebrauchtwagenmarkt kommen. Es ist ein Teufelskreis.

„Ganz normaler Prozess“

Bei Stellantis gibt man sich noch gelassen. „Stellantis verfolgt das Ziel, Elektromobilität erschwinglicher zu gestalten. Die Marke Citroën hat bereits im Herbst letzten Jahres den neuen ë-C3 vorgestellt, ein vollelektrisches und familientaugliches Fahrzeug, das schon bei 23.300 Euro startet“, erklärt Lars Bialkowski, Deutschland-Chef von Stellantis. Auch für Andreas Radics, der bei der Münchner Unternehmensberatung Berylls, das Automobilgeschäft analysiert, ist der Preiskampf ein ganz normaler Prozess.

„Die E-Mobilität ist in der Breite angekommen und damit in der für die Autoindustrie üblichen Rabattierung. Damit war zu rechnen, nachdem der erste Hype abgeklungen ist. Die Zahl der verfügbaren Modelle wächst ebenso wie die der Hersteller, die in den Markt drängen. In der Folge steigt der Druck auf alle Beteiligten – und die Preise geben nach. Vor allem Modelle, deren Design nicht voll überzeugen kann oder deren Technologie nicht mehr auf dem neuesten Stand ist, sind nicht mehr zum Listenpreis an die Kunden zu bringen“.

Audi und Hyundai mauern noch

Trotzdem versuchen sich einige Autohersteller dem Teufelskreis zu entziehen. „Grundsätzlich handeln wir in unserer Preispolitik stabil und nachhaltig, weshalb wir aktuell keine dauerhafte Senkung der Preise planen“, heißt es etwa bei Audi. „Incentives setzen wir mit Augenmaß ein. Dadurch sichern wir eine wertorientierte Angebotsstruktur, die sich an den Kundenbedürfnissen orientiert“, erklären die Ingolstädter auf Anfrage. Auch Hyundai Deutschland mauert noch und bedauert, sich derzeit nicht äußern zu können – was möglicherweise auch daran liegt, dass die Importgesellschaft gerade keinen Geschäftsführer hat.

Man darf gespannt sein, wie lange die Preis-Dämme hier wie da dem Druck noch standhalten werden.

(Mit Ergänzungen von Franz Rother)

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