BYD, MG und Nio sind bereits da, Great Wall Motor, Maxus, Lynk & Co, Aiways, Chery und Zeekr auch. Und die Flut der chinesischen Automarken, die sich über Europa ergießt, ebbt nicht ab. Die Entscheidung der EU, Elektroautos aus China wegen unfairer staatlicher Subventionen im Heimatland mit Straf- oder Kompensationszöllen von bis zu 35,3 Prozent zu belegen, hat den Zustrom allenfalls gebremst.

Mit ChangAn Automobile steht nun der nächste chinesische Autobauer vor der Tür. Der mit einer Jahresproduktion von knapp 2,7 Millionen Fahrzeugen fünftgrößte Pkw-Hersteller des Landes mit Stammsitz in Chongqing hat sich für 2025 viel vorgenommen – vor allem im Exportgeschäft. Dort hält der Joint-Venture-Partner von Ford und Mazda hinter Chery und SAIC Motor (MG, Maxus) aktuell die Position drei im landesinternen Ranking. Die Inbestriebnahme neuer Produktionsstätten in Thailand, Usbekistan und Kasachstan – sowie der Verkaufsstart in Europa – soll den Absatz nochmals kräftig steigern. Für 2025 ist ein Verkauf von wenigstens drei Millionen Autos und ein Umsatzvolumen von 300 Milliarden Yuan oder 38,3 Milliarden Euro angepeilt. Zur Einordnung: Volkswagen Pkw kam im vergangenen Jahr auf einen weltweiten Umsatz von 88,2 Milliarden Euro, Skoda auf 27,8 Milliarden Euro.

Mit Ausdauer und Stabilität 
ChangAn-Präsident Zhu Huarong hat sich viel vorgenommen - für 2025 und die bevorstehende Europa-Offensive gleich mit drei Marken.
Mit Ausdauer und Stabilität
ChangAn-Präsident Zhu Huarong hat sich viel vorgenommen – für 2025 und die bevorstehende Europa-Offensive gleich mit drei Marken.

Und ChangAn – „Chang“ heißt im Chinesischen so viel wie Ausdauer, „An“ steht für Stabilität und Frieden – hat sich für Europa einiges vorgenommen. Während sich andere Konzerne erst einmal mit einer Marke vorgetastet haben, geht der Konzern gleich mit drei Marken in die Offensive. Die Speerspitze bildet gewissermaßen die sportlich positionierte Technologiemarke Deepal, die mit der in Europa entwickelten, 4,75 Meter langen Elektro-Limousine Deepal S07 in Deutschland, Dänemark, Norwegen sowie den Niederlanden unter anderem gegen den ID.7 von VW und den Hyundai Ioniq 6 antreten soll.

Deepal S07 macht den Anfang

Mit gepfeilter Haifisch-Front, einer Antriebsleistung von 160 kW oder 218 PS und einem 80 kWh großen Akku für Reichweiten von bis zu 475 Kilometer. Angeboten werden soll das Schwestermodell des Mazda 6e in Vollausstattung zu einem Preis um die 45.000 Euro. Das wären etwa 8000 Euro weniger als Volkswagen für einen ID.7 Pro aufruft. Der allerdings mit einer Akkuladung bis zu 618 Kilometer weit kommt und Gleichstrom an einer Schnellladestation mit bis zu 175 kW aufnimmt – die maximale Ladeleistung des Deepal S07 beträgt gerade einmal 93 kW. Da performt sogar ein Opel Corsa Electric an einer Ladestation besser.

New Kid in Town 
Der Deepal S07 ist das erste Elektroautos aus dem ChangAn-Konzern für Europa. Ab Mai wird der 160 kW starke SUV - Schwestermodell des bei ChangAn produzierten Mazda 6e hierzulande zu Preisen ab 45.000 Euro zu bestellen sein. Foto: Changan
New Kid in Town
Der Deepal S07 ist das erste Elektroautos aus dem ChangAn-Konzern für Europa. Ab Mai wird der 160 kW starke SUV – Schwestermodell des bei ChangAn produzierten Mazda 6e hierzulande zu Preisen ab 45.000 Euro zu bestellen sein. Foto: Changan

Erschwerend kommt hinzu, dass das Vertriebsnetz noch überaus dürftig ist: Für Deutschland sollen, wie beim aufwändig inszenierten „European Brand Launch“ in Mainz bekannt wurde, zur Markteinführung des Deepal S07 im Mai gerade einmal zehn „vertrauenswürdige“ und bekannte Händlergruppen unter Vertrag stehen. Aber unterschrieben ist angeblich noch nichts. Bis Ende des Jahres ist europaweit eine Anzahl von 100 Händlergruppen in zehn Ländern vorgesehen – deren Zahl bis Ende 2030 auf 1000 steigen soll. Das macht den Start der neuen Marke, der sich durch die EU-Strafzölle bereits um ein Jahr verzögert hat, nicht gerade leicht. So gefällig der Deepal S07 auch daher kommt, der im Designcenter von Changan in Turin unter Leitung des ehemaligen Opel- und VW-Designers Bertrand Bach entstand.

Changan startet mit einem schrägen Mix

Doch Konzernchef Zhu Huarong und sein großes internationales Team – zu dem auch der ehemalige VW-Designchef Klaus Bischoff alias Zyciora als zählt – gaben sich in Mainz überaus selbstbewusst und optimistisch. „Unsere Saat wird aufgehen. In den nächsten drei Jahren werden wir hier acht Modelle auf den Markt bringen, die jeweils auf die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Kunden zugeschnitten sind“, kündigte Huarong an. „Unsere Saat wird aufgehen.“

Zu der „Saat“ und den acht voll- und teilelektrischen Fahrzeugen, die der Konzern in Europa auf den Markt bringen will, zählt auch der vollelektrische Changan E07 – eine 5,04 Meter lange Mixtur aus Pickup, Coupé und MPV, wie Zyciora das originelle Modell umschrieb. Die mit Glas überdachte und ähnlich wie beim Cybertruck abgeschrägte Ladepläche lässt sich als Liegefläche während eines Campingaufenthalts nutzen oder für die Montage auch einer kleinen Küchenzeile – in China kommt so etwas angeblich gut an. Auch wenn, wie am Rande der Präsentation zu erfahren war, die Verkaufszahlen im Heimatland trotz eines Einstandspreises von umgerechnet rund 40.000 Euro nicht gerade berauschend sein sollen.

Von allem ein wenig
Der Changan E07 ist eine Mixtur aus Pick-up, Coupé und Multivan. Die große Glasscheibe am Heck lässt sich hochschwenken, der untere Teil des Hecks herunterklappen - und der Kofferraum anschließend leicht etwa in eine Liegefläche für Zwei verwendeln.
Von allem ein wenig
Der Changan E07 ist eine Mixtur aus Pick-up, Coupé und Multivan. Die große Glasscheibe am Heck lässt sich hochschwenken, der untere Teil des Hecks herunterklappen – und der Kofferraum anschließend leicht etwa in eine Liegefläche für Zwei verwendeln.

Changan ist die familienfreundliche Volumenmarke des Konzerns, der E07 so etwas wie deren Flaggschiff mit 800-Volt-Architektur für schnelles Laden und Reichweiten zwischen 500 und 600 Kilometer mit einem 70 oder 90 kWh großen Akku. Wen da immer noch Reichweitenängste plagen: Das Modell wird in China auch mit einem Reichweitenverlängerer angeboten. Ob die Version auch zu uns kommt, ist aber ebenso noch offen wie der Preis.

Avatr 12 soll Mercedes Konkurrenz machen

An Ehrgeiz mangelt es dem Konzern jedenfalls nicht. Davon zeugt auch das erste Modell der dritten Marke, mit der ChangAn die Konkurrenz in Europa aufschrecken und zahlungskräftige Kunden gewinnen will. Die Rede ist vom Avatr Grand Coupé 12, einer 5,02 Meter langen und 431 kW (578 PS) starken Fließheck-Limousine im Stil des Mercedes EQE. Eine 94,5 kWh große Batterie neuester Bauart vom ChangAn-Aktionär CATL sowie ein benzingetriebener Range Exptender sorgen hier für eine Reichweite von bis zu 1155 Kilometer, die 800-Volt-Architektur für ultrakurze Ladezeiten und eine Luftfederung für einen Fahrtkomfort wie auf einem fliegenden Teppich, schwärmen die Entwickler.

Alles vom Feinsten 
Die zweifarbig lackierte "Royal Edition" ist die Topversion des über fünf Meter langen Avatr12. Angeboten wird der Stromer nicht allein gekrönten Häuptern. In China zu Preisen, die man durchaus bürgerlich nennen kann.  Fotos: Rother
Alles vom Feinsten
Die zweifarbig lackierte „Royal Edition“ ist die Topversion des über fünf Meter langen Avatr12. Angeboten wird der Stromer nicht allein gekrönten Häuptern. In China zu Preisen, die man durchaus bürgerlich nennen kann. Fotos: Rother

In China wird das Modell bereits zu Preisen ab 269.900 Yuan oder 34.500 Euro und zu 429.900 Yuan oder knapp 55.000 Euro in einer zweifarbigen „Royal Edition“ angeboten. Wann und zu welchem Preis die Baureihe nach Europa kommt, steht noch nicht exakt fest. Gewisse Hinweise aus Gesprächen mit ChangAn-Managern deuten allerdings auf eine Markteinführung Anfang kommenden Jahres – und auf Preise deutlich unterhalb denen für einen Mercedes EQE, der bekanntlich ab rund 67.000 Euro zu haben ist.

Ob die Rechnung aufgeht, wird sich zeigen. Wie viele Fahrzeuge ChangAn in Europa oder Deutschland absetzen will, ließ sich den Managern nicht entlocken. Was nicht wundert: Daran haben sich schon andere die Finger verbrannt. Immerhin so viel ließ sich ihnen entlocken: Bereits 2027 möchte man unter den Top Drei der chinesischen Importeure in Deutschland stehen und es bis 2030 in die Top Ten in Europa geschafft haben. Das wird ein hartes Stück Arbeit.

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