Mehr als fünf Jahre ist es schon her, dass wir das erste Mal einen Kleinwagen des Aachener Herstellers e.Go gefahren haben. Der für 2018 angekündigte Produktionsstart des Elektroautos wurde seitdem mehrfach verschoben, die Insolvenz konnte knapp umschifft werden. Doch nun lassen sich die knuffigen Fahrzeuge tatsächlich im Carsharing beim Autovermieter Sixt buchen.

Der vollelektrische Kleinwagen des Aachener Professors Günther Schuh war schon immer ein Kompromiss auf vier Rädern. Einerseits sollte er günstige Elektromobilität in der Stadt ermöglichen, andererseits ein richtiges Auto mit vier Sitzplätzen sein. Sicherheit und Fahrspaß inklusive. Eine Herausforderung, der das Start-up bislang nur zum Teil gerecht geworden ist.

Produktionsende erreicht

So wurden im Jahr 2021 nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) gerade einmal 123 e.Go Life zugelassen . Nun teilte das Unternehmen auf Anfrage mit: „Insgesamt befinden sich derzeit rund 1.500 e.Go Life auf der Straße.“

Und neue Exemplare werden nicht hinzukommen. „Der e.Go Life ist komplett ausverkauft. Der letzte e.Go Life lief im September 2022 vom Band“, hieß es weiter. Der Grund: Die Produktion in Aachen wird nun auf den neuen, in vielerlei Hinsicht verbesserten e.Wave X umgestellt.

Eine Nummer kleiner 
Im direkten Vergleich fällt auf: Ein Smart ForTwo ist deutlich kürzer als ein e.Go Life für vier Personen. Foto: Friedhelm Greis
Eine Nummer kleiner
Im direkten Vergleich fällt auf: Ein Smart ForTwo ist deutlich kürzer als ein e.Go Life für vier Personen. Foto: Friedhelm Greis

Mit einem Grundpreis von 23.900 Euro vor Abzug der Kaufprämie war der e.Go Life nicht gerade niedrig. Damit rangiert der e.Go Life 60 in der aktuellen Liste der förderfähigen Elektroautos auf Platz 47 von rund 1.300 Modellen. Wobei viele der besser platzierten Fahrzeuge ebenso schwer zu bekommen sein dürften. Aber selbst der VW e-Up, aktuell auf Platz 73, ist mit einem Bruttopreis von 26.900 Euro nicht entscheidend teurer. Die Einstiegsversion des elektrischen Fiat 500 ist sogar etwas günstiger.

Spartanische Ausstattung

Verglichen mit unserem ersten Testauto vom Juli 2017 erscheint der nun bei Sixt gefahrene e.Go Life weiterhin recht spartanisch eingerichtet. Ein Lenkrad ohne Bedienelemente wirkt heutzutage ziemlich antiquiert. Die Klavierlackoptik an den Seitentüren und am Zentraldisplay erinnert an den ID.3 von Volkswagen. Das Infotainmentsystem verfügt über kein eigenes Navigationssystem. Aber immerhin lässt sich das eigene Smartphone per Apple Car Play oder Android Auto einbinden. Integriert sind zudem ein DAB-Radio, ein normales Radio sowie die Möglichkeit, externe Datenträger anzuschließen. Das eigene Telefon lässt sich auch per Bluetooth verwenden.

Eine Routenplanung mit Ladestopps ist beim e.Go Life ohnehin verzichtbar. Die maximale Ladeleistung beträgt weiterhin nur 3,7 Kilowatt. Damit sind längere Fahrten unrealistisch. Wer keine Wallbox hat, um den Kleinwagen zu Hause oder beim Arbeitgeber aufladen zu können, wird bei einer Reichweite von rund 120 km wenig Freude an dem Auto haben. Zumal die von uns genutzten Wagen einen Verbrauch aufwiesen, der deutlich über dem angegebenen Wert von 18,3 kWh pro 100 km nach WLTP rangierte.

So lag der Durchschnittsverbrauch bei einem der Fahrzeuge nach rund 1.000 gefahrenen Kilometern bei 24 kWh/100 km. Ein zweites Fahrzeug mit rund 500 km Laufleistung zeigte sogar 37 kWh/100 km an, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14 km/h. Ein dritter e.Go verzeichnete mit 32 kWh/100 km nach 500 km ebenfalls einen recht hohen Verbrauch.

Umständliche Klimaregelung

Was den Verbrauch begünstigt, aber eigentlich kein Nachteil ist: Der e.Go Life verfügt über eine gut funktionierende Heizung, die den Kleinwagen schnell erwärmt. Die Sitzheizung ist ebenfalls ein Pluspunkt. Ziemlich nervig ist hingegen die Klimaregelung. Waren in dem Prototyp von 2017 noch drei klassische Drehschalter dafür vorgesehen, ist nun eine digitale Steuerung mit einem einzigen Schalter eingebaut.

Mit dem Schalter muss zunächst eingestellt werden, ob die Gebläsestufe, der Ausströmbereich oder die Temperatur verändert werden soll. Das ist umständlich, denn das System merkt sich den zuletzt ausgewählten Bereich nicht. Ob eine einfachere Lösung so viel teurer gewesen wäre?

Infotainmentsystem nicht integriert

Das 6,75 Zoll große Touchdisplay ist nicht gerade riesig, aber für die Darstellung einer Navigationskarte über die Smartphone-Einbindung noch ausreichend. Man wäre den Bedürfnissen der Nutzer aber sicher entgegengekommen, wenn an dem Panel noch die Möglichkeit einer Handyhalterung integriert worden wäre oder es ein entsprechendes Zubehör wie beim e-Up gäbe. So ist jedesmal der Anschluss des Smartphones per USB-Kabel erforderlich. Wer dann ein Reiseziel bei Google Maps eingeben möchte, sollte darauf achten, dass die Handbremse angezogen ist. Sonst ist nur die Eingabe per Sprachbefehl erlaubt, was in unserem Fall aber nicht möglich war.

Das Infotainmentsystem ist ein eigenständiges Gerät, das nicht in die Fahrzeugelektronik eingebunden ist. Das sieht man schon daran, dass die Uhrzeit im Kombiinstrument und Zentraldisplay sich unterscheiden können. Ebenfalls lassen sich Fahrzeugdaten wie Verbrauch oder Ladezustand nur über das Kombiinstrument hinter dem Lenkrad abrufen.

Giftige Bremsen

Die Fahreigenschaften des e.Go Life sind in der Stadt immerhin ganz ordentlich. Im Sport-Modus beschleunigt das Auto in 4,3 Sekunden von null auf 50 km/h. Die Bremse greift bei niedrigen Geschwindigkeiten aber etwas zu giftig zu. Zudem ist der e.Go in der Praxis nicht so wendig, wie das bei einem Radstand von 2,2 m zu vermuten wäre. Auf dem Parkplatz vor der Redaktion kam der Kleinwagen nicht so komfortabel um die Runde wie der vor kurzem getestete Mercedes-Benz EQE mit Hinterachslenkung. Dabei soll der Wendekreis des e.Go mit 9,9 m eigentlich um 70 cm kleiner sein als derjenige der fast fünf Meter langen Limousine.

Nur das Notwendigste
Das Infotainmentsystem ist nicht in das Fahrzeug integriert und bietet auch nur die Funktionen eines modernen Autoradios. Foto: Martin Wolf/Golem.de
Nur das Notwendigste
Das Infotainmentsystem ist nicht in das Fahrzeug integriert und bietet auch nur die Funktionen eines modernen Autoradios. Foto: Martin Wolf/Golem.de

Eher kontraintuitiv ist die Anzeige der Fahrmodi. So muss der Fahrer den Hebel nach links bewegen, um in die Stufe D zu wechseln. Nach rechts unten geht es in den Rückwärtsgang. Auf der Anzeige ist der Rückwärtsgang hingegen links angeordnet. Ganz rechts hingegen steht das D für Drive (Fahrbetrieb). Um das Fahrzeug überhaupt starten zu können, muss der Hebel beim Drehen des Zündschlüssels auf N stehen und gleichzeitig die Bremse betätigt werden.

Das Platzangebot für Fahrer und Beifahrer ist akzeptabel.

Heckklappe nur elektrisch zu öffnen

Auf dem Rücksitz wird es natürlich eng. Vor allem, wenn die Vordersitze wegen groß gewachsener Passagiere möglichst weit nach hinten geschoben werden müssen. Ab einer Körpergröße von 180 cm stößt der Kopf hinten an die Decke. Eng ist es auch im verbleibenden Kofferraum. Dort lassen sich gerade einmal zwei schmale Wasserkisten unterbringen. Bei umgeklappten Rücksitzen vergrößert sich das Ladevolumen allerdings von 140 auf 640 Liter. Die Hebel zum Umklappen sind auch von hinten gut zu erreichen. Der Rücksitz lässt sich aber nur dann umlegen, wenn die Vordersitze recht weit nach vorne geschoben sind.

Leider lässt sich die Heckklappe nicht über einen eigenen Griff öffnen. Dies ist nur über einen Taster an der Mittelkonsole und über den Fahrzeugschlüssel möglich. Doch letzteres hat bei mehreren Testautos nicht funktioniert. Beim Öffnen über den Taster gibt es aber ein kleines Problem: Schließt man die Fahrertür, um zur Heckklappe zu gehen, erhält diese durch den Luftdruck einen kleinen Schwung nach oben und rastet beim Zurückfallen wieder ein. Dann kann das gleiche Spiel von vorne beginnen.

Abenteuerliche Frontklappe

Geradezu abenteuerlich ist die Öffnung der Fronthaube. Sie wird über zwei Hebel an den Türen entriegelt. Dann lässt sich die „Wartungsklappe“, wie es in der Bedienungsanleitung heißt, komplett aus den Halterungen herausziehen. Deutlich schwerer fällt es hingegen, die Klappe wieder zu arretieren. Dazu muss die Klappe einerseits mit Gefühl, andererseits mit ziemlich viel Druck zurück in die Verriegelung geschoben werden. Kein Wunder, dass die Fahrzeuge im Dezember 2021 unter anderem wegen der Fronthaubenverriegelung in die Werkstatt mussten.

Was uns ebenfalls negativ aufgefallen ist: Während einer Fahrt bei stärkerem Regen war der linke Scheibenwischer nicht in der Lage, die Scheibe auf der Fahrerseite durchgängig zu reinigen. Ausgerechnet im zentralen Blickfeld über dem Lenkrad blieb ein Bereich vom Wasser verschmiert. Das kann ein individuelles Problem des Fahrzeugs gewesen sein, sollte nach 1.000 km Laufleistung aber nicht passieren.

Nur Schnarchladung möglich

Insgesamt erschien uns der e.Go Life in etlichen Punkten verbesserungswürdig. Das größte Manko ist allerdings die niedrige Ladegeschwindigkeit von 3,7 kW. Selbst diese wurde an einer Ladestation nicht erreicht. Nach 40 Minuten waren nur 1,91 kWh nachgeladen worden. Das entspricht 2,87 kWh pro Stunde.

Unterwegs für Sixt Share
Mit einer Breite von 1,75 m ist der Kleinwagen aus Aachen nicht besonders schmal. Foto: Martin Wolf
Unterwegs für Sixt Share
Mit einer Breite von 1,75 m ist der Kleinwagen aus Aachen nicht besonders schmal. Foto: Martin Wolf

Ein sogenannter On-Board-Lader mit 11 kW kostet bei Fahrzeugen wie dem Opel Corsa-e einen Aufpreis von 1.190 Euro. Das war dem früheren Firmenchef Schuh jedoch zu teuer. Zwar wurde der 11-kW-Lader häufig angekündigt, doch am Ende nie eingesetzt.

Der im vergangenen Mai vorgestellte e.wave X von e.Go Mobile verfügt hingegen serienmäßig über einen Drehstromlader. Ebenfalls ist der Nachfolger mit einem deutlich größeren Display ausgestattet. Zudem ist die Klimaregelung in das Infotainmentsystem gewandert. Nach Angaben des Unternehmens sind beide Anzeigen auch nicht mehr komplett voneinander getrennt, so dass sie beispielsweise über eine synchrone Uhrzeit verfügen.

e.wave X deutlich verbessert

Der e.wave X merzt etliche Schwächen des e.Go Life bereits aus. Trotz der zahlreichen Verbesserungen soll er mit 24.990 Euro nur 1.000 Euro mehr als der Vorgänger kosten. Allerdings fällt im kommenden Jahr die Kaufprämie schon niedriger aus und könnte in Zukunft ganz wegfallen. Dann wären die 25.000 Euro für einen Elektrokleinwagen ein stolzer Preis.

Warum Sixt den e.Go Life überhaupt eingeflottet hat, ist nicht ganz nachvollziehbar. Für jeden gefahrenen Kilometer sind etwa 4 Minuten Ladezeit erforderlich. Würde ein Auto 100 km pro Tag genutzt, müsste es fast sieben Stunden aufgeladen werden. Andere elektrische Modelle wie der ID.3 können in dieser Zeit das Dreifache an Reichweite nachladen, von der Nutzung eines Schnellladers ganz abgesehen.

Auf Anfrage wollte Sixt nicht angeben, wie viele e.Go Life derzeit für die Autovermietung im Einsatz sind. Filtert man in der App nach den verfügbaren Exemplaren, dürften es in den Städten Berlin, Hamburg und München nicht mehr als jeweils zehn sein. Das ist kein Vergleich zu den Elektroautos anderer Anbieter oder gar zu den 100.000 Fahrzeugen des chinesischen Herstellers BYD, die Sixt in den kommenden Jahren kaufen will.

Sollte der e.wave X kein Erfolg werden, wird es schwer für e.Go Mobile. Der Markt für günstige Elektroautos ist sicherlich vorhanden, doch nur klein und knuffig zu sein, reicht für den Erfolg sicher nicht aus.

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2 Kommentare

  1. modmod

    25000? bitte? warum? wer sollte? und warum? mein mg5 kostet mich 30000 euro, der twingo meiner frau knappe 20000. ne, da komm ich nicht mit.

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