Am Rande des sechsten Laufs zur ABB-Formel E-Weltmeisterschaft 2021/22 in Monaco haben die Macher der Elektro-Rennserie verraten, wie die Boliden in der kommenden Saison aussehen werden – und wie sie sich technisch weiterentwickeln werden. Auch mit großen Worten wurde dabei nicht gespart: „Das Gen3-Auto fordert die Konventionen des Motorsports heraus und setzt den Maßstab für Leistung, Effizienz und Nachhaltigkeit ohne Kompromisse“, tönte Jamie Reigle, der Chef der Rennserie bei der offiziellen Präsentation am Donnerstagabend.

Im Qualifying bis zu 350 kW Leistung

Tatsächlich machen die Fahrzeuge in nahezu jeder Hinsicht noch einmal einen Sprung nach vorn, optisch wie technisch. Gingen die Autos der ersten Generation 2014 noch mit einer Antriebsleistung von 150 kW (200 PS) an den Start, so werden die Boliden der dritten Generation zumindest im Qualifying bis zu 350 kW (476 PS) auf die Räder bringen. Das sind noch einmal 100 kW mehr als in der aktuellen Saison. Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 322 km/h werden damit möglich sein, heißt es.

Gen3-Rennwagen
„Design direkt aus der Zukunft“
Die keilförmigen Rennboliden der dritten Formula E-Generation verzichten auf Radverkleidungen, sollen nochmals effizienter sein. Foto: Formula E

Doch Leistung ist bekanntlich nicht alles – in der Formel E kommt es vor allem auf Effizienz an. Und auch soll sich in der kommenden Saison noch weiter verbessern. Unter anderem durch einen zweiten Elektromotor an der Vorderachse. Dieser dient im Unterschied zum Heckmotor allerdings allein zur Energie-Rückgewinnung. Bis zu 600 kW sollen beide Motoren in Kombination rekuperieren können. Bis zu 40 Prozent der für den Vortrieb benötigten Energie werden nach Angaben der Rennmanager in Zukunft durch Rekuperation gewonnen. Damit, so warben sie, sei die Formel E die effizienteste Rennserie der Welt. Das lassen wir mal so stehen.

Einheits-Batterie mit 51 kWh Kapazität

Auf eine hydraulische Bremsanlage an den Hinterrädern kann deshalb verzichten werden, was wiederum etwa 60 Kilogramm an Gewicht spart. Durch die höhere Rekuperationsleistung konnte Williams Engineering, der Lieferant der Einheitsbatterie mit 51 kWh Speicherkapazität, bei der Wahl der Batteriezellen zudem den Fokus auf die Energiedichte legen. Das ermöglichte eine Gewichtsersparnis von weiteren 100 Kilogramm.

In Summe soll der Rennwagen inklusive Fahrer nur noch 780 Kilogramm wiegen. Damit dürfte er künftig nochmals flotter durch die Kurven gehen: Die Rede ist von Zeitersparnissen von zwei bis drei Sekunden pro Runde. Dafür wurde auch die Aerodynamik der Fahrzeuge nochmals verbessert. Das Einheitschassis, das von der Renault-Ausgründung Spark Racing Technologies in Kooperation mit Dallara aus Italien entwickelt wurde, kommt ebenfalls deutlich schlanker und dynamischer daher. Auffallend ist vor allem der Verzicht auf die Radabdeckungen. „Dieses Design sieht so aus, als würde es direkt aus der Zukunft kommen – ganz anders als alle anderen Rennautos auf der Welt“, stichelte Reigle bei der Präsentation gegen die Formel 1. 

Ladesystem von ABB mit 600 kW Leistung

Für zusätzliche Spannung sollen ab der kommenden Saison zudem Boxenstopps sorgen. Bei der Gelegenheit können nicht nur neue Reifen des neuen Lieferanten Hankook aufgezogen werden. Auch ein schnelles Nachladen des Akkus soll dann möglich sein. ABB hat dafür als Hauptsponsor der Rennserie ein Ladesystem mit einer maximalen Ladeleistung von 600 kW (!) entwickelt – so viel Strom fließt derzeit weltweit an keiner öffentlichen Ladestation. Wie die Boxenstopps ins Renngeschehen integriert werden, haben die Organisatoren der Formel E noch nicht verraten.

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Bei der Präsentation des neuen Autos sprachen sie lieber über die Umweltbilanz der Rennserie, die nochmals deutlich verbessert werden soll. So werden die Reifen von Hankook zu 26 Prozent aus nachhaltigen Stoffen und Recycling-Materialien bestehen. Auch die Karbon-Teile der Karosserie, die während des Rennens zu Bruch gehen, soll nach einem Verfahren aus der Raumfahrt-Industrie vollständig recycelt werden. Ähnliche hohe Recycling-Quoten werden für die in den Fahrzeugen eingesetzten Einheits-Batterien angestrebt, die einer Kooperation zwischen McLaren Applied Technologies, Sony und Lucid Motors entstammen.

Man darf gespannt sein, was die Teams aus den Fahrzeugen machen werden. Bei Nissan und den Stellantis-Töchtern DS Automobile und Maserati, bei Jaguar, Porsche und Nio sollen die Antriebe bereits auf den Prüfständen laufen. Einige zeigten ihre Autos am Donnerstagabend denn auch schon in der neuen Optik. Grün war dabei allerdings nicht die vorherrschende Farbe.

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