Kleine Elektroautos vom Format einer Renault Zoe oder eines Opel Corsa-e rechnen sich nicht. Dass die Hersteller an den Mini-Stromern wegen der geringen Gewinnspannen bislang keine rechte Freude an den Mini-Stromern haben, ist seit längerem bekannt. Sie haben deshalb in den zurückliegenden Jahren immer wieder an der Preisschraube gedreht – mit dem Ergebnis, dass für einen Corsa-e hierzulande mittlerweile wenigstens 36.395 Euro, für den Zoe E-Tech mindestens 36.840 Euro aufgerufen werden.
Aber auch für die privaten Käufer rechnet sich ein elektrischer Kleinwagen inzwischen nicht mehr. Trotz Steuerbefreiung, Umweltbonus und geringerer Wartungskosten schneidet der Mini-Stromer in den ersten Jahren deutlich schlechter ab als ein vergleichbar großem Benziner. Zu dem – durchaus überraschenden – Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums.
Gesamtkostenvergleich mit allen Faktoren
Die Forscher hatten vor dem Hintergrund steigender Strompreise die Gesamtkosten mehrerer Fahrzeuge mit unterschiedlichen Antriebstechniken über mehrere Jahre hinweg vergleichen. Darunter in der Kleinwagen-Klasse einen Opel Corsa-e mit dem bestausgestatteten Schwestermodell mit Ottomotor sowie einen vollelektrischen Mini Cooper SE mit einem VW Polo 1.0 TSI. Bei den Mittelklasse-Fahrzeugen traten ein Model 3 von Tesla und der Polestar 2 gegen einen VW Passat Variant an – als Benziner und als Diesel. Die Plug-in-Versionen (PHEVs) des Mini Cooper Countryman und des BMW 320e sowie der Toyota Mirai mit Brennstoffzelle rundeten die Testwagenflotte ab – fuhren den Stromern aber beim Kostenvergleich deutlich hinterher.
Bewertet wurden bei der so genannten TCO („Total Cost of Ownership“)-Berechnung die Anschaffungskosten für Fahrzeug und beim E-Auto auch der Ladetechnik (Kauf und Montage einer Wallbox) sowie der Restwert des Fahrzeugs nach Ablauf der Haltedauer. Hinzu kamen die Energieverbräuche bei einer Jahresfahrleistung von 14.000 Kilometern sowie die Kosten für Steuer, Versicherung und Wartung der Fahrzeuge. Bei den Elektroautos wurden staatliche Fördermaßnahmen eingerechnet sowie die Möglichkeit, Erlöse von rund 400 Euro im Jahr durch den Verkauf von Verschmutzungsrechten (THG-Quote) zu erzielen.
Kostenvorteile wachsen mit der Zeit
Nach der ISI-Studie haben Batterieautos zwar prinzipiell Kostenvorteile gegenüber Fahrzeugen mit einem konventionellen Antrieb, aber auch gegenüber Plug-in Hybriden und einem Brennstoffzellenauto. Doch das hänge stark von der Haltedauer ab – und von der Fahrzeuggröße. So erreichen die elektrisch angetriebenen Mittelklassemodelle trotz der höheren Anschaffungskosten schon nach drei Jahren den Punkt der Kostengleichheit. Und danach könnten sich Kostenvorteile von über 5000 Euro, nach zehn Jahren sogar von bis zu 11.200 Euro gegenüber einem Verbrenner ergeben. „Batterieautos fahren sozusagen die Kostennachteile in den ersten Jahren ihrer Haltedauer mit der Zeit wieder rein“, heißt es dazu in der Studie.
Doch der Kostenvorteil variiert nach den Analysen des Fraunhofer-Instituts „in Abhängigkeit der Fahrzeuggröße bzw. dem Fahrzeugsegment.“ Im Klartext: Ein elektrischer Kleinwagen braucht wesentlich länger, um unter dem Strich für den Besitzer einen Vorteil herauszufahren. Parität sei hier erst nach fünf bis acht Jahren erreicht. Und danach „ist praktisch kein Kostenvorteil des BEV gegenüber der Benziner-Variante sichtbar.“ Selbst nicht bei einer (eher unwahrscheinlichen) Haltedauer des Stromers von 15 Jahren.
Energiekosten sind nicht alles
Der Grund dafür liegt nach der Studie in den unverhältnismäßig höheren Zusatzkosten für den Elektroantrieb bei Kleinwagen, aber auch bei den inzwischen sehr niedrigen Verbrauchskosten eines benzin- oder dieselgetriebenen Fahrzeugs: Mit einem Anteil von 19 Prozent an den Vollkosten lägen die Energiekosten bei einem Diesel-Pkw nur knapp über den 17 bzw. 18 Prozent eines Elektroautos. Einen deutlichen Vorteil hätten die Stromer erst, wenn sie ausschließlich mit Solarstrom von der hauseigenen PV-Anlage geladen würden. Das setzt allerdings den Besitz eines Hauses oder einer privaten Garage voraus. „BEV-Nutzer, die zu 100 Prozent auf öffentliche Ladestationen angewiesen sind, müssen mit bis zu 42 Prozent mehr an Energiekosten einplanen.“
Die Langfristbetrachtung ist allerdings mit einigen Unsicherheiten behaftet. Klar ist derzeit nur, dass der Umweltbonus für Elektroautos Ende kommenden Jahres ausläuft und die Steuerbefreiung für die Stromer nach heutigem Stand im Jahr 2030 endet. Aber wie sich die Strom- und Kraftstoffpreise in den kommenden Jahren entwickeln werden, ist nicht absehbar. Die Analysten des Fraunhofer-Instituts haben deshalb zwei Szenarien untersucht. In dem einen werden die Strompreise in Deutschland in den kommenden 15 Jahren auf dem hohen Niveau von heute verharren. In dem anderen werden sich die Kraftstoffpreise durch eine Anhebung der CO2-Bepreisung in den kommenden Jahren deutlich verteuern – auf durchschnittliche 2,18 Euro für den Liter Diesel, auf etwa 2,05 Euro für den Liter Benzin.
Elektroauto braucht weiterhin Förderung
Und natürlich ist noch nicht abzusehen, wie sich die neuen, nochmals verschärften Abgasgrenzwerte der Euro-7-Norm auf die Preise der neuen Verbrenner niederschglagen. Ebenso wenig, wie sich die steigenden Kosten für die Schlüsselrohstoffe von Batterien und Elektromotoren auf die Preise von Elektroautos auswirken: Die von vielen Experten prognostizierte Halbierung der Batteriepreise bei gleichzeitiger Verdoppelung der Energiedichte ist immer noch ein Hoffnungswert.
Studienleiter Michael Krail vom Fraunhofer ISI zieht eher ein ernüchterndes Fazit: „Unsere Berechnungen haben gezeigt, dass der Einfluss der Strompreise und der fossilen Kraftstoffpreise für den Kostenvergleich zwischen Elektrofahrzeugen und Verbrennern begrenzter ist als weitläufig angenommen.“ Um die Attraktivität von Elektroautos weiter zu steigern, sei auch in Zukunft eine Förderung durch Umweltbonus und Innovationsprämie insbesondere im Kleinwagensegment wichtig. Er rät Käufern von Elektroautos, im Zweifelsfall ein kleinere und kostengünstigere Antriebsbatterie zu wählen. Damit ließe sich schneller eine Kostenparität erreichen.
Dass es sich rechnet, ist damit noch lange nicht gesagt.
Mich würde interessieren, wie der Vorteil der fehlenden CO2 Verschmutzung der Athmosphäre in den Kostenvergleich eingerechnet wurde.
Doch, die THG-Quote ist bei den Kosten für das Elektroauto bereits eingerechnet worden.
Ich verstehe den negativen Tenor gegenüber BEV nicht ganz. Lediglich bei Kleinwagen in der Haltedauer zwischen 6 und 12 Jahren sehe ich anhand der ersten Tabelle einen TCO-Nachteil für BEV.
Alle anderen Fahrzeugkategorien haben einen TCO-Vorteil ab dem ersten Tag.
Wie sich die Energiekosten in 6 Jahren darstellen werden, kann heute kein Mensch seriös vorhersagen und daraus die Schlagzeile abzuleiten, „Kleine Elektroautos rechnen sich nicht mehr“ finde ich persönlich etwas hochgegriffen.
Mit den steigenden Aufgaben bei der Rohstoffbeschaffung (weniger politische Abhängigkeiten, Kreislaufwirtschaft, Faire Lieferketten, Umwelt, grössere Reichweiten…) wird es schwer, die Batteriekosten über Skaleneffekte zu senken. Nicht für jeden eignet sich eine kleinere Antriebsbatterie, das E-Auto wird sich also noch lange Zeit über die Betriebskosten behaupten müssen.
„Aber wie sich die Strom- und Kraftstoffpreise in den kommenden Jahren entwickeln werden, ist nicht absehbar“ – Das ist in meinen Augen das größte Problem. Die Stromgewinnung muss dezentralisiert werden und damit mehr Konkurrenz und Preisdruck entstehen. Das nicht mehr zeitgemäße Merit Order System muss überarbeitet werden und die CO2-Abgaben für fossile Verbrennung endlich den realen Klima- und Umweltschäden entsprechend angepasst werden – auch für Importe, die damit im Ausland produziert wurden.
Dann kann sich das E-Auto auch ohne Subventionen wieder rechnen.
Andere Länder – andere Ergebnisse. Wenn sich das für Deutsche nicht rechnet, gerne übernehmen dann andere Länder. Weiter so Deutschland;-)
https://www.elektromobilclub.ch/aktuelles/details-aktuelles.html/17/news/18
Das Bundesamt für Energie hat eine Studie zu den Gesamtkosten von Personenwagen (Verbrenner, Plug-in Hybride und Elektroautos) im Jahr 2022 durchgeführt.
Ja, es gibt eine ganze Reihe von Untersuchungen zum Thema. Bei der dynamischen Entwicklung der Strompreise (aktuell im Schnitt 62 Ct/kWh an öffentlichen Ladesäulen) und Fahrzeugpreise führt das immer wieder zu neuen Erkenntnissen. Fakt ist: Wer ausschließlich öffentlich laden müsste, hat kaum mehr ökonomische Anreize zum Umstieg, nur idealisitische.
Sehr guter Bericht weiter so