Ursprünglich war er ja nur für den chinesischen Markt bestimmt, der elektrische Premium-SUV Lexus UX300e. Doch dann setzte, angeregt durch allerlei Fördermaßnahmen der Regierung, auch in Deutschland eine rege Nachfrage nach Elektroautos ein. Und so entschied das Toyota-Management, auch ein kleines Kontingent nach Bremerhaven zu verschiffen – um den Markt zu testen, wie es heißt. Die Absatzplanung ist bescheiden: 200 Exemplare. Nein, nicht im Monat, sondern im Gesamtjahr, versichert Produktmanagerin Linda Schlösser. Na ja, da kann man nicht viel verkehrt machen. Zumal das erste vollelektrische Auto der Marke, wie Lexus-Marketingleiter Markus Burgmer erklärt, im ersten Jahr nach dem Start am 11. Januar auch nur im Leasing angeboten wird: Für 399 Euro im Monat bei einer Jahresfahrleistung von 10.000 Kilometern.

Warum so zurückhaltend in der Absatzplanung, warum so günstig das Angebot? Bei einem Auto, das sogar noch einen Tick größer ist als der Bestseller Hyundai Kona, von dem die Koreaner in diesem Jahr immerhin bereits mehr als 6000 Exemplare an den Mann und die Frau gebracht haben. Das macht neugierig.

Mit Ecken und Kanten
Den Lexus UX sieht man schon öfter auf deutschen Straßen. Ab Januar auch mit Elektroantrieb. Am Design ändert sich dadurch allerdings nichts. Foto: Lexus

Und so stehen die ersten Exemplare des ersten vollelektrischen Lexus an einem sonnigen November-Tag vor der Zentrale von Toyota Deutschland in Marsdorf vor den Toren Kölns, frisch desinfiziert und voll mit Strom geladen für eine Probefahrt. Unser Testwagen mit der Nummer 4 ist basaltgrau lackiert, der Innenraum ist mit braunem Leder ausgeschlagen – edel schaut er aus. Und angriffslustig mit seinen scharf geschnittenen LED-Frontscheinwerfern – ganz so, wie man sich die „Speerspitze der Lexus Electrified Vision“ (Burgmer) vorstellt.

Fugen-Ferdl hätte seine Freude gehabt

Die Designer haben jedenfalls gute Arbeit geleistet. Auch die Arbeiter im Toyota-Werk Kyushu verstehen offensichtlich ihr Handwerk, wie sich beim Rundgang um das Fahrzeug und bei der ersten Sitzprobe zeigt: Auch der selige Fugen-Ferdl, der auf exakte Spaltmaße versessene frühere VW-Chef Ferdinand Piëch, hätte an diesem Fahrzeug sicher seine Freude gehabt.

Und die Technik? Will erfahren werden. Also den Startknopf gedruckt, den Vorwärtsgang eingelegt und raus in das Vorgebirge. Über kurvenreiche, nicht gerade schlaglocharme Landstraßen, aber auch immer wieder über die Autobahn. Der erste Eindruck: Ganz schön flott, der Kleine. Die 150 kW (204 PS) starke Elektromaschine an der Vorderachse hat ordentlich Wumms (kein Wunder bei 300 Newtonmeter Drehmoment) und keine Mühe, den immerhin 1,7 Tonnen schweren Wagen auf Trab zu bringen. Tempo 100 ist nach sieben Sekunden erreicht, erst bei Tachoanzeige 170 geht ihm die Puste aus. Auch das Fahrwerk ist exzellent abgestimmt, das Geräuschniveau sehr niedrig – Chapeau!

Anschluss gesucht
An dem Schnelllader vor dem Lidl-Markt fehlt ein CHAdeMo-Anschluss. Und mit einer Ladeleistung von maximal 6,6 kWh am AC-Lader kann der Einkauf länger dauern.

Aber der Lexus UX300e, fast hätten wir es vergessen, ist ein Elektroauto. Und da interessieren zunächst einmal andere Dinge mehr als Fahrtkomfort und Dynamik. Da sind andere Disziplinen wichtiger. Reichweite zum Beispiel. 400 Kilometer soll der SUV in einem Rutsch zurücklegen können, wenn man den Wagen nach den Bedingungen der (alten) NEFZ-Verbrauchsnorm bewegt. Also unter Laborbedingungen, ergo praktisch nie. Produktmanagerin Schlösser hatte von „gut 300 Kilometern“ gesprochen – „je nach Bereifung und Wetterbedingungen“. Nun denn, unser Testwagen hat luftstromoptimierte 17-Zoll-Räder und laufwiderstandsoptimierte Reifen von Michelin angeschnallt – das kommt der Sache schon näher.

Lexus hängt am CHAdeMO-Anschluss

275 Kilometer gibt der Bordcomputer beim Start als Reichweite an: Für einen Geländesportler, der einen Lithium-Ionen-Akku mit einer Speicherkapazität von 54,3 Kilowattstunden mit sich führt, scheint das ein realistischer Wert. Deutet es doch rechnerisch auf einen Verbrauch von knapp unter 20 kWh auf 100 Kilometer Wegstrecke. Tatsächlich aber liegen wir während der Testfahrt laut Bordcomputer permanent darüber, eher bei 25 denn bei 20 kWh. Das wäre allerdings ein Stück weg von der Werksangabe, die das Fahrzeug eher bei Werten um die 17 Kilowattstunden sieht. Spinnt der Bordcomputer, wie die Produktmanagerin später meint? Die Frage lässt sich an diesem Tag nicht mehr klären.

Batterieauto von Lexus Der Pionier in der Hybridtechnologie will bis 2025 zehn reine neue Elektroautos auf den Markt bringen, mit Batterie und Brennstoffzelle. Den Anfang macht noch dieses Jahr der Lexus UX300e. Elektroauto

An der Schnellladesäule des Lidl-Markts, wo wir spaßeshalber einen Zwischenstopp einlegen, zeigt sich aber eine andere Schwäche des Fahrzeugs: Wechselstrom kann er – wie in China üblich – nur mit maximal 6,6 kW aufnehmen; Gleichstrom, wie es sich für einen Japaner gehört, nur über einen CHAdeMO-Anschluss. Und dann auch nur mit 50 kW – da sind andere inzwischen weiter, besser aufgestellt. Selbst Nissan will seinen Leaf schon bald mit einer CCS-Schnittstelle anbieten: Schnelllade-Säule mit dem asiatischen Ladestandard werden hierzulande nur noch selten installiert. Und die Möglichkeit, das Auto bidirektional zu laden – also Strom auch aus dem Akku zum Beispiel zurück ins Hausnetz zu speisen – nutzen mangels geeigneter Wallboxen auch im Privatbereich nur wenige Elektromobilisten.

Synthetisches Fahrgeräusch auf Knopfdruck

Dafür glänzt der Lexus an anderen Stellen. Etwa mit einer Garantie auf den Akku von einer Million Kilometer oder zehn Jahren. Und einer Ausstattung, die zumindest in der 54.400 Euro teuren Version Executive keine Wünsche offen lässt. Es gibt für alle möglichen Fahrsituationen jede Menge Assistenzsysteme, ein Touchpad in der Mittelkonsole, Sprachsteuerung und obendrein eine schicke Analog-Uhr auf dem Armaturenträger. Zuletzt hatte der Autor dergleichen in einem Bentley gesichtet.

Lack und Leder vom Feinsten
Das Cockpit mag konservativ gestaltet sein – Materialien und Verarbeitung sind allerdings Premium. Foto: Harald Dawo für Lexus

Und wer die Stille in einem Elektroauto nicht erträgt, kann auf Knopfdruck ein künstliches, nach Staubsauger klingendes Fahrgeräusch über die Soundanlage von Mark Levinson auf seine Ohren schicken. Und es schnell wieder abschalten.

Kurzum: Der Elektro-Lexus hat viele gute Anlagen. Aber an den Ladeleistungen sollten die Ingenieure in Kyushu noch ein wenig drehen. Und über einen CCS-Ladeport für die Kunden in Europa nachdenken. Bevor man beschließt, die Stückzahlen beim Lexus UX 300e kräftig zu erhöhen. Und bevor Toyota sein erstes eigenes Elektroautos nach Deutschland bringt.

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2 Kommentare

  1. Stromer

    Was für eine Totgeburt.
    Frontantrieb?
    Chademo mit max. 50kw Ladeleistung ?
    1-phasig AC?
    Multi-Plattform?
    Monster-Kühlergrill?
    Das ist Stand der Technik von 2016, hätten Sie mal vor 5 Jahren auf dem Markt haben sollen, hätte den vielleicht irgend jemand gekauft, ähh geleast, weil verkaufen trauen sie sich nicht, könnt ja einer mit Akku-Garantie daher kommen.
    Der Wettbewerb bietet Stand der Technik ab 99.- EUR im Monat.

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  2. Egon Meier

    Der Wagen könnte genau so eine Randerscheinung wie der e-honda werden.
    Geringe Reichweite, unterirdische Ladeleistung, prekäres Shark-Design, Kühlergrill ohne Kühler und wahrscheinlich etwas sehr teuer.

    Zum Glück gibt es Marktlücken und irgendeine wird der Wagen schon treffen.

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