Tesla kann da nicht mithalten

Vorher müssen wir nämlich noch verraten, dass es der Lexus-Lenker hier im Gegensatz zu den Schwestermodellen von Toyota und Subaru mit einem Steer-by-Wire-System zu tun haben wird. Ohne Lenksäule, ohne mechanische Verbindung zu den Rädern. Die Kurbelei des Fahrers wird per elektrischer Steuerung an die Räder gesendet. Und erst mit dieser Technologie, welche die Lenkübersetzung automatisch an die aktuelle Geschwindigkeit anpasst, kann das Yoke-Lenkrad zur eigentlichen Höchstform auflaufen. Mit diesem „One Motion Grip“ (Zitat Lexus) kann Teslas Stummel, dem diese Übersetzungs-Zauberei völlig fehlt, deshalb nicht annähernd mithalten.

Bei Lexus jedenfalls versprechen sie für ihre exklusive Superlenkung nicht nur tolle Reaktionen und nie dagewesene Präzision, sondern wie im Flugzeug auch maximale Sicherheit durch quasi redundante Funktionen. Wenn hier also mal etwas klemmen sollte, so die betont beruhigende Botschaft der japanischen Konstrukteure, gäbe es eine parallele Ausfallsicherung für die Prozessoren nebst einer sofort eingreifenden Notstromversorgung.

Steer-by-Wire erst ab 2025

Wobei wir an dieser Stelle erst mal grundsätzlich Entwarnung geben können. Oder müssen. Denn diese aufregend ausgeklügelte Kombination von Yoke-Lenkrad und Steer-by-Wire-Lenksystem, die bei uns bereits offiziell zugelassen ist, will Lexus gegen Aufpreis (wir rechnen mal mit 2500 Euro) nun erst 2025 anbieten. Zum aktuellen Verkaufsstart des neuen RZ 450e gibt es deshalb nur die bekannte konventionelle Zahnstangenlenkung mit elektromechanischer Servounterstützung

Warum in aller Welt diese lange Verspätung, wollen wir vom anwesenden Pascal Ruch, Vice President Lexus Europe, denn unbedingt wissen. Der lächelt verbindlich und erklärt die zweijährige Verzögerung mit dem Streben von Lexus nach unbedingter Perfektion: „Unsere Fahrwerksspezialisten sind jetzt einfach der Meinung, dass man dieses tolle System noch besser machen könnte“. Und vielleicht würden die zuständigen Ingenieure dafür auch weniger als zwei Jahre benötigen.

Leisetreter
Der Innenraum des Lexus RZ 450 ist bestens gedämmt. Kaum Wind- und Abrollgeräusche dringen ans Ohr der Insassen.
Leisetreter
Der Innenraum des Lexus RZ 450e ist bestens gedämmt. Kaum Wind- und Abrollgeräusche dringen ans Ohr der Insassen.

Genug Theorie. Einsteigen, kurzer Druck auf den Startknopf oben rechts vom Lenkrad. Den schicken Drehschalter in der Mittelkonsole in die Fahrposition. Wir rollen, ja schweben fast. Denn was schon nach wenigen Metern auffällt: Alles ist so wunderbar smooth und leise hier. Bestimmte Geräuschfrequenzen werden laut Lexus über eine neue Activ Sound Control gezielt ausgesteuert. Auch sonst haben sie störende Geräusche überall im Auto eliminiert, sogar mit einer neuen Dämmfolie in der Dachstruktur. Es hat sich gelohnt, bis Tempo 100 können wir uns mit dem Beifahrer fast flüsterleise unterhalten. Kaum Wind- und Abrollgeräusche. Wunderbare Vorstellung: Auf einer Route am Meer könnten wir bei offenem Fenster jetzt das Rauschen der Wellen hören.

Fahrkomfort der soften Art

Wer will, der kann sich hier auch von der Acceleration Sound Control bedudeln lassen. Mit der wird ein ziemlich spaciger, anschwellender Sound, der den Fahrmodus und die Fahrpedalstellung widerspiegeln soll, über die Lautsprecher des Audiosystems ins Cockpit übertragen. Vielleicht passend für Leute, die gerade von einem fett bassig brabbelnden Verbrenner-Sportler umgestiegen sind und nun Angst vor dieser unheimlichen elektrischen Ruhe haben. Nette Spielerei – wir haben den Spaß schnell ausgeschaltet.

Insgesamt das typische Lexus-Feeling. Distanzierte Souveränität. Nicht so sehr zum Rasen, mehr zum Genießen. Und für ein luxuriöses SUV, das mindestens 2055 Kilogramm wiegt, geht dieser RZ 450e sogar bemerkenswert elegant um jede Biegung. Sein Fahrwerk arbeitet präzise, keine unguten Lastwechselreaktionen, kein Wanken in den Kurven. Das Auto klebt förmlich auf der Piste. Wobei sich natürlich, wie bei fast allen Stromern, der tiefe Schwerpunkt durch die unten liegende Batterie positiv bemerkbar macht. Die Federung? Liegt grundsätzlich mehr auf der softeren Seite. Komfortmäßig, so viel steht fest, spielt dieser Japaner in einer hohen Liga. Gefahren sind wir länger mit den 20-Zoll-Rädern, kürzer mit den etwas komfortableren, stromsparenden 18-Zöllern.

Voll besetzt  
Der Lexus RZ 450 hat noch einen richtigen Motorraum unter der Fronthaube. Für einen "Frunk" bleibt da kein Platz mehr.
Voll besetzt
Der Lexus RZ 450 hat noch einen richtigen Motorraum unter der Fronthaube. Für einen „Frunk“ bleibt da kein Platz mehr.

Kaum zu spüren, dass wir in einem elektrischen Allradler unterwegs sind. Der vordere Elektromotor bringt 150 kW (204 PS), der hintere 80 kW (109 PS). Beides Permanentmagnet-Synchronmaschinen. Und mit ihren summierten 230 kW (313 PS) liegt dieser RZ etwa auf dem Niveau des hauseigenen Plug-in-Hybrids RX 450h, der es in der Summe auf 227 kW (309 PS) bringt. Insofern passt die Nomenklatur. Und die 6,5 Sekunden, in denen der RX auf Tempo 100 sprintet, unterbietet der Stromer: 5,3 Sekunden. Einverstanden, kein Tesla-Level, aber für normale Lebenslagen natürlich völlig ausreichend.

Stärkere Version nicht ausgeschlossen

Ganz abgesehen davon, dass sich Yushi Higashiyama, der japanische Assistent Chief Engineer RZ Performance trotz eines garantiert geltenden Schweigelübdes vorstellen kann, dass es hier auch mal einen Heckmotor mit 150 kW geben könnte, was dann die Gesamtleistung auf lustige 300 kW (408 PS) pushen würde. Einen Zeitplan aber will er dafür um Himmels Willen noch nicht nennen. Nur so viel: „Wenn es unsere internationalen Absatzmärkte verlangen, dann können wir das problemlos realisieren.“

Und wie fährt sich der neue Elektro-Lexus? Das erfahren Sie im nächsten Teil.

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