Das Antriebsspektrum des Lucid Air ist größer als bei jeder anderen Elektrolimousine auf dem Markt. Während die Topversion des Air Sapphire mit 1.251 PS Leistung, 1.940 Newtonmeter Drehmoment und 330 km/h Spitzengeschwindigkeit spektakuläre Bestwerte setzt, so gibt es auch schwächere Modelle für Kunden, denen das Protzen mit Leistungsdaten seines Dienstwagens am Stammtisch nicht so wichtig ist. Für die hat Lucid den Pure im Programm – die aktuell einzige Air-Version mit einem Einstiegspreis von unter 100.000 Euro. Los geht es hier bei 85.000 Euro. Und selbst wenn man sämtliche Extras wählt, bleibt man fünfstellig. Und das ist durchaus günstig: Mit einer Länge von fast fünf Metern (4,98) liegt er auf Augenhöhe mit dem Tesla Model S, dem Porsche Taycan oder dem Mercedes EQS – Konkurrenten, die deutlich bis beträchtlich teurer sind.

Und der Air muss sich auch sonst nicht verstecken. Die schlanke, breite Karosserie, die auf der LEAP-Plattform steht, sorgt für einen beeindruckend geringen  Luftwiderstandsbeiwert von knapp unter 0,20. Damit ist er derzeit hinter dem Xiaomi SU7 weltweit die Nummer zwei unter den windschnittigsten Elektroautos.

Genauso imposant wie das Außendesign präsentiert sich auch der Innenraum des Lucid Air Pure. Dass es sich hier um das „Basismodell“ handelt, ist an keiner Stelle zu sehen oder zu spüren. Die Beinfreiheit ist sehr großzügig und es passen 17 (!) Finger zwischen die Knie eines 1,80 m großen Fondpassagiers und die Rückenlehne des Vordersitzes. Die Kopffreiheit ist aufgrund der abfallenden Dachlinie über den Rücksitzen und dem Batteriepaket im Unterboden jedoch etwas eingeschränkt. Für die Insassen der zweiten Reihe gibt es dafür direkte Belüftungsdüsen, deren Temperatur und Luftstrom sie über ein Display zwischen den beiden Vordersitzen einstellen können. So stellt man sich die Oberklasse vor.

Frunk fasst 283 Liter

Der Kofferraum offeriert großzügige 650 Liter, doch die eigentliche Überraschung ist der riesige Frunk, der vorne weitere 283 Liter Volumen bietet und dessen Deckel elektrisch betätigt werden kann. Damit nicht genug: Die Lehnen der Rücksitze können mit Hilfe von Griffen im Kofferraum umgeklappt werden, was das Ladevolumen auf mehr als 1.800 Liter erhöht.

Zweiter Kofferraum
Der Frunk unter der Fronthaube des Lucid Air ist gigantisch. 283 Liter fasst das Abteil - das Ladegeschirr und vieles andere mehr.
Zweiter Kofferraum
Der Frunk unter der Fronthaube des Lucid Air ist gigantisch. 283 Liter fasst das Abteil – das Ladegeschirr und vieles andere mehr.

Der gesamte Innenraum strahlt ein Gefühl von Qualität und edler Robustheit aus, von den bequemen, klimatisierten Sitzen (denen es an Seitenhalt fehlt), bis zu zahlreichen elektrischen Verstellmöglichkeiten und angenehmen Softtouch-Oberflächen. In der Pure-Version bietet die Polsterung in der Mitte des Armaturenbretts und im Türbereich eine recycelte Textiloptik, die weniger angenehm für Auge und Haptik ist. Dachhimmel und Säulen sind in einer Kombination aus Velours und Alcantara dagegen klasse verarbeitet. Exzellent präsentiert sich auch die Schalldämmung der Kabine, vor allem dank der Verwendung von Doppelverglasung in allen Türen und auch in der Windschutzscheibe.

Komfortabler Elektro-Cruiser

Sehenswert und allemal informativ sind die digitalen 34-Zoll-Instrumente, über die auch die wichtigsten Funktionen bedient werden. Leider muss man einige Menüpunkte aufwendig suchen und es fehlt ein Head-Up-Display. In jedem Fahrmodus ist es möglich, die Stärke der regenerativen Verzögerung einzustellen, und zwar zwischen Null (Off), niedrig (Low) und Standard (die stärkste), im letzteren Fall mit Einpedal-Fahrfunktion. Die fehlenden Schaltpaddel am Lenkrad dürfte kaum jemand vermissen.

Schöne Aussicht 
Der gesamte Innenraum des Lucid Air Pure strahlt ein Gefühl von Qualität und edler Robustheit aus. Vermisst haben wir nur ein Head-up-Display. Und die Sitze könnten einen besseren Seitenhalt bieten. Fotos: Lucid
Schöne Aussicht
Der gesamte Innenraum des Lucid Air Pure strahlt ein Gefühl von Qualität und edler Robustheit aus. Vermisst haben wir nur ein Head-up-Display. Und die Sitze könnten einen besseren Seitenhalt bieten. Fotos: Lucid

In der Basisversion ist der „nur“ 325 kW (442 PS) starke Lucid Air Pure auch Dank üppiger 500 Nm Drehmoment ein höchst souveräner Cruiser, dem keinesfalls an Leistung fehlt. Im Gegenteil. Das Fahrwerk ist betont komfortabel und gut auf den Antrieb abgestimmt, auch wenn die elektronisch verstellbaren Dämpfer je nach gewähltem Fahrmodus nur mäßig variieren und eine Luftfederung außen vor bleibt. Die Lenkung ist für ein Fahrzeug dieser Klasse ungewöhnlich direkt, während die Bremse gerade zu Beginn der Verzögerung einen zu schwammigen Eindruck macht. Überraschend, wenn man bedenkt, dass die amerikanischen Ingenieure garantieren, dass der Bremsvorgang vollständig hydraulisch ist und es keinen regenerativen Bremsvorgang gibt.

Laden mit maximal 210 kW

Lucid bewirbt den Air als das effizienteste Elektroauto der Welt, was die offiziellen Zahlen durchaus bestätigen. Und auch im realen Fahrbetrieb ist der zwei Tonnen schwere Viertürer mit 15 kWh/100 km sparsam zu bewegen. Mit der 88-kWh-Batterie und 19 Zoll großen Rädern beträgt die WLTP-Reichweite des Pure bis zu 747 Kilometer. Im Lucid Air GT (Batteriekapazität 117 kWh) wären sogar bis zu 960 Kilometer drin, aber dann wären wir schon bei einem Preis von knapp 130.000 Euro. Die maximale Ladeleistung beträgt leider nur 210 kW – in der Beziehung ist der Lucid Air Pure nicht mehr als Mittelmaß.

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