Nio, Faraday Future, Byton oder Fisker – viele automobile Start-Ups wollten in den vergangenen Jahren zu einem neuen Tesla werden. Geschafft hat es keiner – bisher und so langsam lichtet sich der Markt. Lucid hatte mit seiner luxuriösen Limousine namens Air wegen Covid, Halbleiterschwierigkeiten und Finanzproblemen alles andere als einen leichten Start.
Größer denn je sind nunmehr die Erwartungen an den Gravity, der interkontinental Jagd machen soll auf edle Crossover wie den Volvo EX90 und den Kia EV9 sowie den Hyundai Ioniq 9, einen Mercedes EQS SUV, aber auch den Cadillac Vistiq. Das Design des Gravity ist dabei ebenso gefällig wie das des Lucid Air, aerodynamisch fein gestylt und nicht so krawallig wie viele seiner Konkurrenten. Dabei überrascht die Größe, denn während der Wettbewerb, egal ob elektrisch oder mit Verbrenner unterwegs, in Richtung 5,30 Meter und mehr wächst, gibt sich der in Casa Grande/Arizona gefertigte SUV mit gerade einmal 5,03 Metern zufrieden, ohne seine Insassen dabei zu quetschen – im Gegenteil.

Der über 2,7 Tonnen schwere und 611 kW starke Lucid Gravity ist eher Sportler denn Sänfte. Aus dem Stand geht es in 3,6 Sekunden auf Tempo, die Höchstgeschwindigkeit des Allradlers beträgt 270 km/h. Auch die Ladeleistungen sind imposant. Fotos: Lucid
Das Technikpaket des Lucid Gravity ist imposanter denn je, denn während sich die europäische Konkurrenz gerade mit Ladeleistungen von 270 bis 320 kW feiert, BMW und Mercedes später denn je auf ein 800-Volt-Bordnetz umsteigen, kann Chefentwickler Eric Bach darüber nur schmunzeln: „Wir bieten wie beim Air ein 926-Volt-Bordnetz und Ladegeschwindigkeiten von 400 kW.“ Selbst an einem vergleichsweise langsamen Tesla-Supercharger kann der neue Lucid noch mit 225 kW erstarken.
1232 Newtonmeter Drehmoment
Lucid hat sich die Konkurrenz in den vergangenen drei Jahren genau angeschaut. Setzte der BMW X7 Bestwerte beim Komfort Bestwerte, glänzte der Innenraum des Mercedes EQS und wollte man beim sportlichen Fahrverhalten an Porsche Cayenne GTS und Aston Martin DBX 707 heranreichen, bietet der Gravity eine geradezu einzigartige Symbiose aus all diesen Modellen. Dank seiner exzellenten Aerodynamik und eines stattlichen Batteriepaketes mit 123 kWh sind Reichweiten von mehr als 700 Kilometern bis zum nächsten Ladestopp ebenso drin wie Höchstgeschwindigkeiten bis 270 km/h.

Sieben Passagieren und ihrem Reisegepäck bietet der Elektro-SUV großzügig Platz. Allein der Frunk nimmt schon bis zu 227 Liter auf.
Bei der Motorleistung hält sich der für viele weitgehend unbekannte Autobauer mit Sitz im kalifornischen Silicon Valley schon beim Air nicht zurück. Der SUV-Bruder, der im vierten Quartal des Jahres nach Europa rollen dürfte, wird von zwei Elektromotoren angetrieben, die gemeinsam 611 kW oder 831 PS und ein fast schon beängstigendes Drehmoment von 1.232 Newtonmeter entwickeln. Keine Frage, der über 2,7 Tonnen schwere Gravity ist eher Sportler denn Sänfte. Aus dem Stand geht es in 3,6 Sekunden auf Tempo und das Fahrwerk ist trotz variabler Luftfeder mit seinen 22-/23-Zoll-Felgen so straff, dass sich der Aufbau auch bei engen Kurven kaum neigt.
Allradlenkung und 3000 Liter Ladevolumen
Das optionale Handlingpaket bringt unter anderem eine Allradlenkung, die den Wendekreis auf 11,6 Meter reduziert. Den besten Eindruck macht der Lucid Gravity Grand Touring im per Touchdisplay ansteuerbaren Komfortmodus. Doch auch hier dürfte die Mischung aus SUV und Edelvan gerne weicher Abrollen und sanfter über Bodenwellen hinwegschwingen. Die Lenkung mit dem kantig geformten Steuerrad wirkt unabhängig von Kurvenradien künstlich, und die Bremse will feiner als erwartet dosiert sein.

Im Innenraum findet sich hinter dem Lenkrad ein 34 Zoll großer OLED-Bildschirm, zusätzliche Fahrinfos liefert ein Head-Up-Display.
Der Aufenthaltswert im Innern des Lucid Gravity Grand Tour ist stattlich. Das siebensitzige Elektromodell glänzt mit großen Displays, einer Bedienung, an die man sich schnell gewöhnt und Sitzen, die in allen drei Reihen genügend Reisekomfort für die ganz große Fahrt bieten. Was fehlt ist eine vollelektrische Einzelsitzanlage, die bei der Konkurrenz ebenso zu bekommen ist. Auch eine Jalousie für das große Panoramadach wäre hilfreich. Hinter den elektrischen Hauben vorne wie hinten überrascht ein Ladevolumen, das sich im Fall der Fälle auf über 3.000 Liter erweitern lassen.
Lucid lässt sich den Luxus teuer bezahlen
Die Preise für den europäischen Markt stehen derzeit noch nicht fest. In den USA geht es aktuell bei 94.000 US-Dollar los – 16.000 US-Dollar weniger als der vergleichbare Lucid Air Grand Touring. In Deutschland soll sich der Gravity an seinem ungleichen Limousinenbruder Air Grand Touring orientieren, der in Deutschland bei 130.000 Euro startet. Später dürften Versionen wie der Pure oder Touring mit weniger Leistung und Preisen unter der 100.000-Euro-Marke folgen; jedoch auch ein opulentes Topmodell nach Vorbild des über 1.200 PS starke Lucid Air Sapphire gesetzt sein.