Eigentlich ist dieser vorweihnachtliche Fahrbericht ja nur so eine Art vorausschauendes Leckerli zum Anfüttern für Leute, die immer gern ein bisschen mehr aufdrehen als der brave Nebenmann. In diesem Fall haben sie aber tatsächlich unglaublich viel Zeit zum Überlegen, ob diese von uns gefahrene SUV-Version des Skoda Enyaq RS iV nun das Richtige für die private Garage ist. Und ob diese knallige mambagrüne Lackierung, die Skoda hier exklusiv für schlanke 410 Euro offeriert, nun einfach voll krass – oder fürchterlich peinlich ist.
Denn wenn man jetzt frohgestimmt bei einem deutschen Skoda-Händler vorbeischaut und naiv nach einer Lieferfrist für diesen schneidig gestylten Vollstromer fragt (wir haben es selbstverständlich getestet), dann guckt uns dieser Neuwagenverkäufer an, als ob wir gerade vom Mond kämen und erzählt dann was vom ersten Quartal – 2024. Frühestens. Wenn alles irgendwie gut läuft. Genau, bis dahin kann viel passieren. Und wenn das so weitergeht mit dem scheinbar unendlichen Mangel an Kabelbäumen und Halbleiter-Chips, dann landen wir irgendwann bei den Trabi-Wartefristen früherer DDR-Zeiten. In Berlin, so hören wir, werden mit Enyaq-Anmeldungen jedenfalls schon lukrative Geschäfte gemacht.
Naja, das Ganze lässt sich natürlich auch locker als nettes Zukunftsthema betrachten, um dann mal zu schauen, wann der Händler tatsächlich mit der frohen Botschaft («Hallo, Ihr Enyaq ist da!«) um die Ecke kommt. Womöglich kurz nach dem nächsten Weihnachtsfest. Vielleicht aber auch schon zum nächsten Nikolaus.
Bemerkenswert mutiger Preis
Bis dahin mal einfach noch ein bisschen sparen, denn dieses Auto hat einen für Skoda-Verhältnisse bemerkenswert mutigen Preis. Ungefähr 59.000 Euro (Coupe-Version 61.550 Euro) sind für den Enyaq RS iV erst einmal angesagt. Den genauen Preis will Skoda, da geht die Warterei schon los, demnächst nachliefern. Und klar, Die diversen reizvollen Extras (genau, Mambagrün und so) sind hier nicht mitgerechnet.
Schon jetzt müssten wir aber auch sagen, dass dieser stramme Preis etwas sportlicher als das ganze Elektroauto ist. Auch wenn Skoda uns mit diesem SUV-RS, die Coupeversion gibt es ja schon ein bisschen länger, einen »nachhaltigen Topsportler« verspricht. Aber das ist natürlich das typische Marketing-Gedöhns, das wir wie immer nicht ernst nehmen, obwohl die Eckdaten des Tschechen auf dem Papier einen flotten Eindruck machen.
Wie beim VW-Bruder ID.4 GTX summiert sich die Power der beiden E-Motoren zur ansprechenden Systemleistung von 220 kW (299 PS), nebst einem Drehmoment von 460 Newtonmetern. Vorn wirbelt ein permanent erregter Synchronmotor, hinten eine Asynchronmaschine, was im Zusammenspiel auch den elektrischen, elektronisch gesteuerten Allradantrieb ergibt.
220 kW nur für 30 Sekunden
Doch wie beim VW-Pendant sind die prognostizierten 220 kW auch bei Skoda mit gewisser Vorsicht zu genießen, wie uns ein Blick ins Kleingedruckte zeigt. Diese ballernde elektrische Maximalleistung ist nämlich nur für 30 Sekunden abrufbar, auch nur bei einer kuschligen Außentemperatur von mindestens 23 Grad und einem Batterieladezustand von mindestens 88 Prozent. Das war unbedingt zu sagen, damit wir hier hinterher keine böse Beschwerde-Post bekommen.
Aber ruhig Blut, wir bleiben noch ein bisschen optimistisch. Es muss ja, wie so oft bei hübsch sportlichen Autos, nicht nur um schiere Leistung gehen. Manchmal sind es ja auch leichtfüßige, aufregend kreative Dribblingeigenschaften (richtig, das was unsere Fußballer in Katar gerade nicht so super konnten), die uns Kraftfahrer und Kraftfahrerinnen faszinieren. Die Tricks eines Fahrwerks, das in engen Biegungen oder hängenden Serpentinen im Idealfall viel mehr kann als wir selbst. Der feine Sound beim Herausbeschleunigen.
Okay, das mit dem Sound lassen wir schnell beiseite, denn mit diesem Skoda reiten wir schließlich vollelektrisch, und diesen leicht spacigen Hintergrundton lassen wir da nicht gelten. Beginnen wir lieber ganz vorsichtig mit den optischen Besonderheiten dieses 4,65 Meter langen SUV-Modells mit dem anspruchsvollen RS-Kürzel. Wie beim Coupé sorgt rundherum viel hochglänzendes Schwarz für einen coolen Auftritt, und logo findet sich in der Heckschürze dieser rote Reflektor, das Erkennungszeichen aller RS-Modelle von Skoda. Die schlauen Matrix-LED-Hauptscheinwerfer (nachts dauerhaft mit Fernlicht) sind inklusive, der große Geck ist jedoch das glitzernde »Crystal Face«, das mit 131 LEDs die vertikalen Rippen und die horizontalen Leisten des Skoda-Grills beleuchtet. Fehlt jetzt zu Weihnachten nur noch ein bisschen Lametta.
Veganes Mikrofaser-„Leder“
Und drinnen, wo in beiden Sitzreihen die im Enyaq gewohnt üppigen Platzverhältnisse auffallen, gibt es neben dem schwarzen auch viel Karbon-Look und diese wunderbar rückenfreundlich geformten (beheizbaren) Sportsitze mit den integrierten Kopfstützen. Serienmäßig (RS Lounge) sind sie, was uns am besten gefällt, mit einem Mikrofaserstoff bezogen, gegen 670 Euro Aufpreis gibt es die nicht so vegane Mikrofaser-Leder-Variante (RS Suite). Äuffällig: fast rundum ziemlich feine Materialien, penible Verarbeitung. Und ganz hinten wartet der mit 585 Litern sehr üppig bemessene Kofferraum (15 Liter mehr als in der Coupé-Version), der sich bei umgelegten Rücksitzen auf bis zu 1720 Liter (Coupé 1610 Liter) erweitern lässt. Baumarkt, wir kommen heute mit den Sportler.
Pflicht ist hier natürlich das Sportfahrwerk, das in diesem Fall die Karosserie an der Vorderachse um 15 Millimeter und hinten um zehn Millimeter tieferliegt. Gegen Extrageld gibt es die hier sinnvolle adaptive Fahrwerksregelung (DCC), und per Profilauswahl stehen die Grundeinstellungen Eco, Comfort, Normal und Sport parat. Und nur für diesen RS-SUV noch das zusätzliche Fahrprogramm Traction für ländliche Querfeldein-Touren auf unbefestigten, jetzt vielleicht sogar verschneiten Wegen: sichert für solche Situationen einen konstanten Allradantrieb bis 20 km/h.
Bei 180 km/h ist Schluss
Wir nähern uns dem kitzligen Thema Höchstgeschwindigkeit, denn dieser RS bringt (wie die Coupe-Version) zwar 20 km/h mehr als die normalen Enyaq-Modelle, also 180 km/h. Aber das ist eben nicht das sportliche Saus und Braus, was in diesem Fall vermutlich erwartet wird. Jedenfalls nix für Autobahnhektiker, die uns jetzt garantiert mit Skodas sämtlichen Datentabellen vor der Nase herumfuchteln, um zu beweisen, dass schon so ein kleiner Verbrenner-SUV wie der Kamiq je nach Motorisierung zwischen 188 und 219 km/h flitzen darf. Tja, was sollen wir sagen? Dieser Umstand hat uns auf der Testtour eigentlich selten gestört.
Überhaupt hatten wir unterwegs keine dramatischen Beanstandungen. Dieser RS geht auf der bergigen Teststrecke ordentlich um sämtliche Ecken, es waren gefühlt mehr als hundert Serpentinen und Spitzkehren. Problemloser Kurvenfresser. Er federt und dämpft manierlich, folgt wohlerzogen jeder kleinen Lenkradbewegung (serienmäßige Progressivlenkung) und sprintet aus dem Stand mit wirklich schöner E-Power davon. Und die Hatz auf Tempo 100 ist mit 6,5 Sekunden (gleicher Wert wie beim Coupé) auch ganz erfrischend. Und die Zwischensprints? Locker aus der Hüfte.
Im Idealfall 500 Kilometer Reichweite
Andererseits: Selbst im Sportmodus müsste uns die Lenkung ein strafferes Feedback geben, was auch auf die Bremsen zutrifft. Und in sehr schnell gefahrenen Kurven dämpfen diese vermaledeiten 2258 Kilo Leergewicht (tja, die knapp 500 Kilo schwere Batterie) des Vollstromers das erwartete oberzackige RS-Vergnügen. Selbst im Sportmodus wankt die schwere Karosse einen Tick zu viel. Ganz nebenbei: Die 21zölligen Bridgestone-Winterräder des Testwagens sind uns durch etwas übertriebene, stuckrige Härte aufgefallen. Da könnte das kleinere 20er Format wohl die bessere Wahl sein.
Hängt eben alles von der persönlichen Messlatte ab. Wer hier als verwöhnter Sportiver, dem sein CO2-Fußabdruck auch mal schnurzpiepe ist, einen halbwegs wilden Racer erwartet hat (da fallen Kennern sofort Skodas bekannt toughe RS-Verbrennermodelle ein) könnte enttäuscht sein. Wem aber als grün denkender Mensch nur was flott elektrisches für den Alltag und ein bisschen frommer Spaß fürs Wochenende vorschwebt, dem wird mit diesem Skoda durchaus geholfen. So einfach ist das.
Der gesamte Rest ist ohnehin völlig okay. Mit einer Batteriekapazität von 82 kWh (netto 77 kWh nutzbar) soll dieser RS-Tscheche laut WLTP-Zyklus über 500 Kilometer weit kommen und offiziell im Schnitt etwa 17,2 kW pro 100 Kilometer verbrauchen. Ist noch nicht endgültig fixiert, bei der windschnittigeren Coupé-Version sind es 16,8 kWh/100 km.
Und die Realität? Bei halbwegs batteriefreundlichen 18 Grad Celsius waren wir auf einer 90 Kilometer langen Route im Gesamtschnitt mit 22,7 kWh/100 km unterwegs. Auf der geschwindigkeitsbegrenzten Autobahn mit bis zu 26 kW, auf den ruhigeren ländlichen Pisten auch deutlich unter 20 kWh/100 km. Wobei wir mit dem Schaltpaddel die meiste Zeit die volle dreistufige Rekuperation zur Energierückgewinnung eingestellt hatten. Wer sich mit dem Skoda Enyaq ausschließlich in städtischen Großräumen bewegt, vernehmen wir von Skodas Technikern, der könnte die 500 Kilometer tatsächlich knacken.
Ladegeschwindigkeit? Alles andere als rasant
Jedenfalls sollten bei gemäßigter Fahrweise (da haben wir wieder unser Sportphlilosophie-Problem) reale Reichweiten von bis zu 400 Kilometern kein Problem sein. Und der Ladespeed des Skoda Enyaq RS? Entspricht mit 135 kW nicht den erwähnten rasanten Erwartungen und den Tempoeinlagen einiger Konkurrenten, stärkt aber den soliden Gesamteindruck. Für die DC-Schnellladesäule verspricht Skoda hier die erträgliche Ladezeit von 36 Minuten fürs Aufladen von 10 auf 80 Prozent. Am Anfang lädt dieser RS da sogar mit bis zu 180 kW. Klar, bis aufs Level von 100 Prozent, das kennen wir, dürfte es eine weitere halbe Stunde dauern. Grundsätzlich zeitsparend und nervenschonend ist natürlich die neue Plug & Charge-Funktion, mit der das Auto an entsprechend aufgerüsteten (Ionity-)Ladesäulen automatisch identifiziert wird.
Jetzt könnten wir noch erwähnen, dass der gut gedämmte Tscheche (wirklich sehr leise hier) neben den diversen tollen Online-Diensten und den »Over the-Air«-Internet-Updates (was uns alles diesmal weniger interessiert hat) so ziemlich alle gängigen Assistenzsysteme bietet. Vom Alleskönner Travel Assist über den hilfreichen Ausstiegswarner bis zum Parklenkassistenten, der sich bei uns zu Hause wiederkehrende schwierige Fahrmanöver merken und bei Bedarf exakt reproduzieren kann. Unterwegs haben wir uns auch relativ schnell an die Bedienung des 13 Zoll großen Touchscreens gewöhnt, auch wenn er vom Speed her kein Überflieger ist.
„Laura“ wie aus dem Callcenter
Und die digitale Sprachassistentin »Laura« hat uns manchmal an stressige Erfahrungen mit den berüchtigten Call-Centern erinnert, wo man uns in bestimmten Situationen, die meist mit Beschwerden zu tun hatten, trotz unserer gepflegten hochdeutschen Aussprache nicht so recht verstehen wollte. Zu Lauras Lieblings-Antwort zählt jedenfalls ein entschiedenes »Bitte warten!«. Und wenn man sie spaßhalber nach einem Witz fragt, erzählt sie uns exakt dasselbe wie ihre Sprachcousinen in den VW-Modellen ID.3 und ID.4: »Das haben mir meine Entwickler nicht beigebracht«. Und bringt dann dennoch den identischen VW-Lacher: »Was essen Autos am liebsten? Parkplätzchen!« Da hätten wir natürlich gern über einen original tschechischen Witz gekichert. Grundsätzlich aber haben wir uns mit der Dame Laura und ihren netten Stimme gut angefreundet.
Logisch, das muss natürlich auch gesagt werden, auch im RS-SUV glänzt Skoda mit diesen Simply-Clever-Details, die bis heute kaum jemand in der Branche bietet. Das Regenschirmfach (mit Wasserablauf) in der Fahrertür, die Cargo-Elemente für Kofferraum-Krims, die Doppeltasche (eine kleine fürs Smartphone) an der Rückseite der Vordersitze, die Flaschenhalter (bis 1,5 Liter) in den Vordertüren, die robuste Ladekabeltasche oder die genialen seitlichen Schlafkopfhalter (inklusive Decke!), die es gegen Aufpreis für die äußeren Rücksitze gibt. Oder dieser kleine, mit Schwämmchen in einer passenden Plastikdose integrierte Elektrokabelreiniger, der schmutzige Finger verhindert. Da muss erst mal einer drauf kommen.
Über 175.000 Enyaq-Bestellungen
Stolz sind die Tschechen auch auf ihre schicke, üppige 400 Liter große und schön schwarz glänzende Dachbox, die im Zubehörprogramm des Skoda Enyaq auftauchen wird. Selbst entwickelt, selbst produziert. Und fürs Heck offerieren sie diesen soliden Zweier-Fahrradträger für die Anhängerkupplung (710 Euro), der bis zu 75 Kilogramm tragen darf, also auch für schwerere Pedelecs taugt. Apropos: Bis zu 1400 Kilogramm darf der Enyaq an den Haken nehmen und liegt damit bei den konkurrierenden Stromern ganz gut im Rennen. Fehlt eben nur noch ein exaktes Lieferdatum für diesen RS, aber hier zucken sie auch im Unternehmen selbst noch unbestimmt mit den Schultern, auch wenn sie sich freuen, dass es für den Enyaq euroweit mehr als 175.000 Bestellungen gibt. Wir sind gespannt wie das ausgeht.