Bald drei Jahre schon baut Skoda in seinem Werk in Mlada Boleslav Hochvolt-Batterien für Elektroautos. Allerdings nur kleine mit einer Speicherkapazität von 13 kWh. Eingesetzt werden sie in den Teilzeitstromern der Marke und des Volkswagen-Konzerns wie etwa dem Skoda Superb und Octavia iV. Die Akkus für den Skoda Enyaq iV, das erste Elektromarke der tschechischen Automarke seit der Übernahme durch Volkswagen, mussten hingegen aus Braunschweig importiert werden.
Das war natürlich keine Dauerlösung, denn die Nachfrage nach dem Enyaq und dem neuen Enyaq Coupé ist riesig. Und in den kommenden Jahren sollen noch mindestens drei weitere Elektroautos unterhalb des Enyaq das Produktportfolio ergänzen – die Rede ist unter anderem von einem kompakten SUV (Arbeitstitel „Elroq“) und einem vollelektrischen Kombi in der Größenordnung des Bestsellers Octavia. Und so konnte Fertigungschef Michael Oeljeklaus jetzt in Malda Boleslav vor den Toren Prags eine neue Fertigungslinie in Betrieb nehmen, auf der künftig 250.000 Batteriesysteme im Großformat montiert werden können – für den Enyaq, aber auch für die übrigen Elektroautos aus dem Konzern auf der MEB-Plattform. Also beispielsweise dem VW ID.5, dem Cupra Born oder dem Audi Q4 e-tron. Rund 130 Millionen Euro nahm das Unternehmen dafür in die Hand.
Die hochautomatisierte Produktionslinie gleicht im wesentlichen der im Volkswagen Group Components Werk in Braunschweig, ist aber von den Experten in Tschechien noch einmal optimiert und damit auf eine höhere Produktivität getrimmt worden. Gebaut werden hier am laufenden Band und mit 250 Beschäftigten Akkus mit Speicherkapazitäten von 55, 62 und 82 kWh.
Skoda macht sich Hoffnung auf „Gigafactory“
Die Zellen liefern derzeit noch CATL und LG Chem zu. Aber Oeljeklaus verhehlt nicht, dass er schon bald auch gerne die Zellproduktion in die eigenen Hände nehmen und die Zellproduktion in Tschechien „lokalisieren“ würde: Skoda bewirbt sich zusammen mit dem tschechischen Staat um den Standort für die vierte „Gigafactory„, die der Volkswagen-Konzern in Osteuropa bauen möchte – nach den bereits Batteriezellen-Fabriken, die im schwedischen Skelleftea (Start 2023), in Salzgitter (ab 2025) und im spanischen Valencia (ab 2026) entstehen.
„Ein geeignetes Grundstück haben wir schon“, warb der Produktionier bei der offiziellen Inbetriebnahme der neuen Batteriefertigung. Zudem gäbe es Lithium-Vorkommen am Rande des Erzgebirges, die man nutzen könnte. Und bis zum VW-Werk Zwickau seien es keine 200 Kilometer – das sorge für niedrige Logistikkosten. Eine Standort-Entscheidung erwartet Oeljeklaus schon im Spätsommer: „Ich kämpfe dafür.“ Und Skoda-Chef Thomas Schäfer sicher auch – der wechselt im Juni als neuer COO von VW nach Wolfsburg.
Aber das ist Zukunft. Nun gilt es erstmal die Probleme und Herausforderungen der Gegenwart zu bewältigen. Stichwort: Lieferprobleme. Aktuell müssen Kunden auf den neuen Enyaq bis zu 14 Monate warten. Nicht weil es an Batterien mangelt, sondern weil es aufgrund des Ukraine-Kriegen an Kabelsträngen und Türverkleidungen fehlt. Obendrein schwelt noch die Chipkrise und hängen wegen Corona viele Containerschiffe in China fest.
20.000 „inkomplette“ Autos auf Halde
Die Folge: 6000 Skoda Enyaq konnten nicht gebaut werden, rund 20.000 Autos stehen bei Skoda wegen fehlender Teile unvollständig auf dem Hof. Auch viele Fahrzeuge vom Typ Octavia – nach einem Brand bei einem Zulieferer in Tschechien fehlt es nun an Türverkleidungen. Oeljeklaus tröstet sich damit, dass die Lage im vergangenen Jahr schon einmal schlimmer war, als bis zu 55.000 „inkomplette“ Autos auf Außengeländen zwischengeparkt werden mussten. Inzwischen hat Skoda angefangen, die Autos nachzurüsten und den Lieferstau abzubauen. Auch indem man einige der inkompletten Autos ausschlachtete und die Teile zur Komplettierung neuer Fahrzeuge nutzte. Rund 65.000 Autos konnten auf diese Weise für den Verkauf fertig gemacht werden. Was das alles gekostet hat, mag man sich gar nicht vorstellen.
Produktion priorisiert Bestellungen nach Margen
Und trotzdem werden die Lieferzeiten beim Enyaq nur langsam kürzer. Gedulden müssen sich insbesondere all diejenigen, die das Fahrzeug mit einem kleineren Akku und in Basisausstattung ordern. Denn der Volkswagen-Konzern priorisiert derzeit die Produktion und Auslieferung von Fahrzeugen nach Ergebnisstärke, wie Oeljeklaus bei einem Pressegespräch verrät: Porsche bekomme für den Elfer eher Computerchips als Skoda für den Fabia. Und bei den Elektroautos werden die Topversionen bevorzugt.
Am schnellsten, verrät ein Skoda-Manager, komme man derzeit an einen Enyaq, wenn man ihn als Coupé ordert. Kein Wunder: Das Modell wird derzeit nur in RS-Ausführung, Mit „Chrystal-Face“ und Allradantrieb angeboten – zum Preisen ab 58.110 Euro.