Alles wird nur noch getoucht

Jetzt aber einsteigen, denn wir haben nur diese knapp zweieinhalb Test-Stunden. Kurzer Rundumblick. Ja, auch im Cockpit ist fast alles neu. Schön, dass es hier noch ein richtiges Fahrerdisplay hinter dem Lenkrad gibt. Aber Hebel am Lenkrad finden sich nicht mehr – die zwei Roller-Tasten links und rechts haben als einzige physische Bedienelemente überlebt. Alles andere wird getoucht. Statt der Blinkerhebel links gibt es zwei übereinanderliegende Pfeilchensymbole, rechts fipsige Touchlogos für Hupe, Tempomat, Sprachsteuerung und Scheibenwischer. So, erst mal rausrangieren vom engen Tesla-Parkplatz.

Äh, wie ging das noch einmal? Genau, zum Vorwärtsfahren den Finger links auf dem Monsterdisplay nach oben bewegen. Für Rückwärts einfach nach unten streichen. Da muss jetzt niemand entsetzt mit dem Kopf schütteln. Ehrenwort, das hatten wir nach gut zehn Minuten intus. Geht nach ein paar Zielübungen fixer als mit einem konventionellen Schalthebel. Überhaupt haben wir uns hier unterwegs an den ganzen volldigitalem Kram dieses Autos gewöhnt, auch wenn wir manchmal in den vielen Menüs ein wenig tiefer buddeln mussten und diese winzigen Mini-Logos für Brillenträger hübsche Rateaufgaben sind.

"Yoke" oder Joke? 
Statt eines Lenkrads gibt es im Tesla Model S Plaid nur ein nach oben hin offenes Steuerhorn. Ordentlich und problemlos kann man damit aber eigentlich nur geradeaus fahren. Foto: Tesla
„Yoke“ oder Joke?
Statt eines Lenkrads gibt es im Tesla Model S Plaid nur ein nach oben hin offenes Steuerhorn. Ordentlich und problemlos kann man damit aber eigentlich nur geradeaus fahren. Foto: Tesla

Und richtig, wir schleichen uns gerade an das Thema Lenkrad heran. Statt eines mehr oder weniger runden Kurbelgeräts gibt es im Plaid nur dieses oben offene Steuerhorn. Ist fast extremer als in einem Formel 1-Boliden (da saßen wir schon drin). Mit dem kleinen, aber entscheidenden Unterschied, dass wir hier eine viel indirektere Übersetzung haben, also mehr kurbeln müssen. Und keine richtige automatische Anpassung an die akute Fahrsituation haben. Diese Yoke-Lenkrad, laut Tesla „ein neuer kühner Design-Ansatz“, soll bessere Sicht auf Cockpit und Straße bringen. Ist natürlich voll geflunkert, aber irgendwie müssen sie dieses komische Ding ja schließlich begründen.

„Yoke“-Lenkrad treibt in den Wahnsinn

Und damit, Sie vermuten es wahrscheinlich schon, greifen wir öfter voll ins Leere. Speziell in aufeinander folgenden schnellen Doppelkurven, die dieses Auto (wunderbar tiefer Schwerpunkt) prinzipiell sehr ordentlich hinbekommt. Nein, nix passiert. Aber mit diesem Dingsda, das sich partout von Bewährtem abheben will, kann man eigentlich nur schnell geradeaus fahren. Volle Drehungen beim Einparken oder ein flotter Kreisverkehr? Irre. Was haben wir über unser Kuddelmuddel am Lenkrad gelacht und geflucht. Wir waren Gottseidank allein im Auto.

Dieses Lenkrad könnte unbedarfte Tesla-Anfänger in den Wahnsinn treiben, und zwar in den blinden. Kleines summa summarum: Ein bisschen Adrenalin kann ja nie schaden – aber das Hörnchen gehört abmontiert. Gibt übrigens versierte Tuner, die sich der Sache schon angenommen haben, indem sie oben einfach einen Halbkranz draufsetzen. Trotzdem, liebe interessierte Tesla-Jünger, da müsst ihr jetzt alle durch. Denn die Firma will, wie wir hören, hier geruhsam erst einmal auf das „Feedback der User“ warten.

Tröte zum Touchen 
Ob Hupe, Tempomat, Scheibenwischer oder Sprachsteuerung: Alles wird durch die Berührung der kleinen Symbole auf dem Lenkrad aktiviert. Übrigens auch der Fahrtrichtungsanzeiger - so lässt sich Geld sparen.
Tröte zum Touchen
Ob Hupe, Tempomat, Scheibenwischer oder Sprachsteuerung: Alles wird durch die Berührung der kleinen Symbole auf dem Lenkrad aktiviert. Übrigens auch der Fahrtrichtungsanzeiger – so lässt sich Geld sparen.

Wohin wir übrigens gerade fahren? Berliner ahnen es. Zur einzigen Tempolimit-freien Autobahnteilstrecke in der näheren Schönefelder Umgebung. Liegt ein Stück hinter dem Stadtrand auf der A10 in Richtung Michendorf. Leider viel morgendlicher Verkehr, leider auch etwas Nebel. Okay, da müssen wir durch. Deshalb spielen wir auf der Anfahrt zum Anwärmen bereits mal die verschiedenen Fahrmodi durch, bis dann von weitem dieses beliebte schwarzgestrichelte Verkehrszeichen auftaucht. Lobenswert stabiler Geradeauslauf. Aber jetzt: Vollstrom! Wusch, ansatzlose Instant-Beschleunigung. In Nullkommanichts sind wir auf Tempo 260. Unsere eben noch vorhandenen Nebenleute (in BMW X5 und Audi A8) sind ruckartig nach hinten verschwunden, währenddessen uns die vielen Sattelschlepper auf der rechten Spur in diesem morgendlichen Dunst höllisch entgegenfliegen.

Beschleunigung fast bis zum Schleudertrauma

Und schon erinnern wir uns reflexartig, dass wir Familie haben. Danke, Elon, war ja ganz spannend, aber jetzt wird voll gebremst. Was nun aber auch ziemlich aufregend wird, weil das Pedalgefühl für unser Empfinden anfangs einfach zu schwammig ist. Das kennen wir von entsprechenden Porsche- oder BMW M-Modellen tatsächlich anders. Und weil wir gerade so schön am Herummaulen sind: Auch die nicht zu überhörenden Wind- und Abrollgeräusche, die uns schon ab Tempo 130 in dieser wohnlichen Lounge-Umgebung stören, passen nicht zum elitären Anspruch von Tesla. Tut uns leid, aber das können sie bei den deutschen Premiummarken wirklich besser.

Ganz zum Schluss dieser exakt 100 Kilometer langen Testrunde haben wir auf einer längeren Geraden mal die volle Plaid-Beschleunigung probiert. Hallo Krawallo! Rums, ein peitschenartiger Schlag ins Kreuz, ein heftiger Ruck in der Halswirbelsäule: Der Ritt auf der Kanonenkugel ist ein Witz dagegen. Da kommen selbst die üppig dimensionierten Vorderräder (265/35 R21, hinten 295/30 R21, klar Winterreifen) kurz flatternd an ihre Grenzen. Beim dritten Versuch melden sich vorwurfsvoll unsere Bandscheiben, am Straßenrand zeigt uns ein älterer Herr einen Vogel. Gut, dass man uns hier nicht kennt. Wenn wir jetzt noch flugs eine sommerliche Rennstrecke bei der Hand gehabt hätten, dann hätten wir auch noch den Drag-Strip-Modus testen können. Mit diesem speziellen Batteriemanagement für mehr Vollspeed-Durchgänge und dieser Absenkung der vorderen Federung zur sprungbereiten „Gepard“-Stellung. Und einem Rundentimer. Weitere hübsche Details können Sie bei Bildungsbedarf im Netz im „Model S Owner’s Manuel“ nachlesen.

Tesla Model S Plaid auf der Rennstrecke 
Für die Höchstgeschwindigkeit von 322 km/h braucht es zwei kostenpflichtigen Hardware-Updates, die das Elektroauto unter anderem mit Keramikbremsen und speziellen Performance-Reifen versehen. In Deutschland ist das Kit noch nicht verfügbar.
Tesla Model S Plaid auf der Rennstrecke
Für die Höchstgeschwindigkeit von 322 km/h braucht es zwei kostenpflichtigen Hardware-Updates, die das Elektroauto unter anderem mit Keramikbremsen und speziellen Performance-Reifen versehen. In Deutschland ist das Kit noch nicht verfügbar.

Ist auf alle Fälle ein mutiges Auto, dieser Plaid. Und wir gelangen langsam zu dem Schluss, dass wir in dieser ganzen Kraftfluss- und Fortbewegungsangelegenheit in manchen Situationen das schwächste Glied in der Kette sind. Was uns gefällt (da kommt der fast vergessene kleine, pubertäre Junge durch) ist natürlich die Tatsache, dass wir hier nicht ständig das Gefühl haben, jemanden fressen zu müssen. Obwohl wir es natürlich könnten.

500 Kilometer Reichweite sollten drin sein

Sonst noch was? Ja, wir haben heute angesichts dieser abgedrehten Krach-Bumm-Raumkapsel mal weniger auf den Stromverbrauchs-Schnitt pro hundert Kilometer geachtet, der nach WLTP-Norm offiziell bei 18,7 kWh liegt. Nur soviel: Anfangs surften wir relaxt sogar unterhalb der 20 kWh-Marke. Langweilig wie ein Becher Kaffee in einer deutschen Fußgängerzone. Logo, bei Autobahn-Vollstrom lagen wir dann eben deutlich darüber. Und selbstverständlich ist die von Tesla angegebene Maximalreichweite von 600 Kilometern nur ein ungefährer Richtwert. Aber wie alle aktuellen Modelle der Marke ließe sich garantiert auch dieses Auto mit etwas Zartgefühl vorbildlich verbrauchsgünstig fahren. Rund 500 Kilometer sollten bei batteriefreundlicheren Temperaturen durchaus zu packen sein. Nachladen ist bei Tesla ja kein Problem. Flutscht wie immer flott mit bis zu 250 kW an den DC-Superchargern. Wobei die Preise, abhängig von Tageszeit und dem jeweiligen Standort, dummerweise heftig gestiegen sind.

Auch über die Verarbeitung des Amis gibt es in diesem Fall wenig zu meckern, obwohl wir uns alle Materialien (die schöne Karbonoptik und so), Linien, Passungen und optischen Übergänge des S Plaid gewissermaßen mit der Lupe im Kopf angeschaut haben. Selbst auf dem dörflichen Michendorfer Uralt-Kopfsteinpflaster, das wir uns hier hinterhältig für einen kurzen Rüttel-Schüttel-Check ausgesucht hatten, knistert und knarzt in dieser Limousine erstaunlicherweise nix. Herzlichen Glückwunsch. Beste Grüße an Elon Musk da drüben.

Lieferung schon im Januar möglich

Bleibt noch die Pflichtfrage nach den Lieferfristen. Noch im Dezember soll es ein paar dieser Plaid-Modelle für eilige Kunden geben, hören wir. Viel mehr könne er uns aber momentan nicht sagen, entschuldigt sich Samy Abdel Aal. Die Autos kämen ja aus Amerika und nicht aus dem brandenburgischen Grünheide, was um die Ecke liegt. Das mit den Lieferterminen ändere sich sozusagen tagesaktuell und wäre problemlos auf der Bestell-Website zu erfahren. Danke, dass kennen wir schon von Tesla. Und neugierig wie wir sind, haben wir auch sofort nachgeschaut. „Voraussichtlich zwischen Januar und März 2023“, heißt es da gerade. Für den Fall, dass wir Ihr Interesse an dem Elektroauto geweckt haben sollten.

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3 Kommentare

  1. Theo Thalmann

    was soll so ein Energieverschwender in der heutigen Zeit ??
    Statt über 300kmh zu schreiben würdet Ihr Euch besser um reale Autos kümmern und den Lesern mal einige vorstellen welche mit weniger als 10kWh / 100km auskommen. Da liegt die Herausforderung.
    Mit überdimensionierten Motoren Energie verschleudern kann jeder. Bitte gibt dann auch den Verbrauch dieser Energieschleuder an und die möglichen Höchstbussen welche anstehen, wenn man mit 300 unterwegs ist.

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    • Nico

      Das Fahrzeug ist unfassbar effizient, für das, was es leistet. Einfach mal ins Benzin-Equivalent umrechnen. Das zeigt was trotz wahnsinns Leistung möglich ist. Zivil bewegt, dürften im Sommer 16-17 kWh möglich sein. Wer weniger will, fährt halt Pedelek und schreibt giftige Kommentare 🙂

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  2. Hans

    Geschätzt ca. 80% des Artikels bestehen aus nebensächlichen bis sinnfreien Füllwörtern und (Neben-)sätzen. Diese Formulierungen deuten auf eine interessante Persönlichkeitsstruktur des Autors hin. Oder liegt es – ganz banal – am Vergütungsmodell (mehr Buchstaben = mehr Geld)?

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