Wenn es um neue Autos geht, sind Japaner oft nicht besonders auskunftsfreudig. So ist es auch beim Toyota Urban Cruiser. Sucht man in den Unterlagen nach der Architektur, findet man lediglich den Hinweis, dass der E-Crossover auf einer dedizierten neuen BEV-Plattform steht. Also nichts mit Toyota New Global Architecture (TNGA) oder einer Hightech-Architektur, die das Stromern auf ein neues Niveau heben würde. Der Grund für diese selbst für Asiaten auffällige Zurückhaltung ist schnell erklärt: Toyota hat sich mit Suzuki zusammengetan, um die beiden Zwillinge Urban Cruiser und Suzuki e-Vitara zu entwickeln und kostengünstig in Indien zu produzieren.

Suzuki nennt diese speziell für batterieelektrische Modelle konzipierte Plattform „Heartect-e“. Toyota will sich also nicht mit den Federn des Kooperationspartners schmücken. Eigentlich ganz sympathisch. Also setzt auch Toyota beim Urban Cruiser auf günstigere Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Akkus anstatt auf teure Nickel-Mangan-Cobalt-Batterien (NMC). Zwei Größen stehen zur Auswahl: Im einen Fall hat der Stromspeicher eine Kapazität von 49 Kilowattstunden (kWh), im anderen von 61 kWh. Wobei die kleinere Batterie nur mit Frontantrieb kombinierbar ist. Die größere ist auch mit Allradantrieb erhältlich. Letztere Kombination verfügt über eine WLTP-Reichweite von 395 Kilometern. Ist nur ein Motor verbaut und der große Akku an Bord, sind bis zu 426 Kilometer drin – mit kleinen Akku muss der Urban Cruiser spätestens nach 344 Kilometern eine Ladesäule aufsuchen.

Stadt, Land, Fluss
Mit einer Länge von 4,28 Meter und einem Wendekreis von 10,2 Metern zählt der Toyota Urban Cruiser zu den handlichen Elektroautos. Standard ist ein Frontantrieb. Für 2000 Euro gibt es einen Allradantrieb für Fahrten ins Gelände. Fotos: Toyota
Stadt, Land, Fluss
Mit einer Länge von 4,28 Meter und einem Wendekreis von 10,2 Metern zählt der Toyota Urban Cruiser zu den handlichen Elektroautos. Standard ist ein Frontantrieb. Für 2000 Euro gibt es einen Allradantrieb für Fahrten ins Gelände. Fotos: Toyota

Bei der Ladeleistung schweigen sie sich bei Toyota noch aus. Sie geben lediglich an, dass das Laden von zehn auf 80 Prozent an einer mit Gleichstrom betriebenen Schnellladesäule 45 Minuten dauert. Das ist nicht gerade weltrekordverdächtig. Wir gehen von einer maximalen DC-Ladeleistung 90 kW aus – das wäre der Wert, den Suzuki für den e-Vitara angibt. Eine Wärmepumpe ist immerhin serienmäßig und der Fahrer kann die Batterie manuell vorkonditionieren, damit der Akku beim Start des Ladevorgangs schon auf Wohlfühltemperatur ist. An einer mit Wechselstrom betriebenen Wallbox liegen die üblichen 11 kW an. Hier dauert es sechs Stunden, um den Ladestand von 15 Prozent auf 100 Prozent zu heben.

Auf Wunsch auch mit Allradantrieb

Mit der 49-kWh-Batterie und Vorderradantrieb hat der Urban Cruiser eine Spitzenleistung von 106 kW oder 144 PS und ein maximales Drehmoment von 193 Newtonmetern. Die Japaner setzen auf PSM-Elektromotoren, also eine permanentmagnet-erregte Synchronmaschine. Bei den großen Energiespeichern hat man die Wahl zwischen dem Vorderrad- und dem Allradantrieb. Sorgt nur die Vorderachse für den Vortrieb, leistet die E-Maschine hier bis zu 128 kW oder 174 PS bei ebenfalls 193 Nm Drehmoment. Bei der Allradvariante erfolgt der Antrieb über zwei elektrische Achsen (e-Axle): Vorne mit 106 kW Leistung und hinten mit 48 kW. Macht in Summe eine maximale Antriebsleistung von 135 kW (185 PS) bei 307 Newtonmetern Drehmoment. Damit beschleunigt der rund 1,9 Tonnen schwere E-Crossover in 7,4 Sekunden auf Landstraßentempo. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 150 km/h.

Eile mit Weile
An der Schnellladesäule lädt der Toyota mit maximal 90 kW. 45 Minuten dauert es, um den Ladestand von 10 bis 80 Prozent zu heben.
Eile mit Weile
An der Schnellladesäule lädt der Toyota mit maximal 90 kW. 45 Minuten dauert es, um den Ladestand von 10 bis 80 Prozent zu heben.

Der Antriebstrang mit den beiden PSM-Motoren hinterlässt bei einer ersten Ausfahrt mit einem Protoypen einen positiven Eindruck. Der Urban Cruiser hängt gut am Strom und ist bei unserer Testfahrt mit einem Durchschnittsverbrauch von 15,2 kWh/100 km sparsam unterwegs. Zumal uns die Testfahrt auch über Autobahnen und Landstraßen führte. Als Fahrmodi stehen Eco, Normal, Sport und Schnee zur Auswahl.

Fahrwerk braucht noch Feintuning

Bei den drei Asphalt-Programmen ist die Spreizung spürbar. Vor allem in Sport-Fahrprogramm geht es hurtig voran, aber auch Eco reicht zum entspannten Mitschwimmen – nicht nur im Stadtverkehr. Das Fahrwerk, bestehend aus einer McPherson-Vorderachse und einer Multilinkachse hinten, kann da nicht ganz mithalten: Die Federung agiert unharmonisch. Die Karosserie ist ständig in Bewegung, wippt nach und der Vorderwagen wankt. Allerdings sind wir in einem Prototypen unterwegs. Gut möglich, dass die Ingenieure da noch nachbessern.

Die Beinauflage und die Rückenlehne sind für europäische Kunden zu kurz, sodass es in Kombination mit der zu kurzen Lenkradsäule schwierig ist, eine gute Sitzposition zu finden.
Die Beinauflage und die Rückenlehne sind für europäische Kunden zu kurz, sodass es in Kombination mit der zu kurzen Lenkradsäule schwierig ist, eine gute Sitzposition zu finden.

Auch die Vordersitze sollten sich die Toyota-Einkäufer bis zur Markteinführung im Herbst nochmal anschauen. Die Beinauflage und die Rückenlehne sind für europäische Kunden zu kurz, sodass es in Kombination mit der zu kurzen Lenkradsäule schwierig ist, eine gute Sitzposition zu finden.

Preisen starten bei 29.900 Euro

Der Innenraum des Urban Cruiser ist ansehnlich. Die beiden 10,25 Zoll (digitale Instrumente) und 10,1 Zoll (Touchscreen) großen Displays sind zu einer Einheit zusammengefasst. Darunter befinden sich Bedienhebel mit einem Drehknopf für die Lautstärke. Genarbte Oberflächen hübschen das Plastik auf und die Verarbeitung ist solide. Selbst beim Überqueren von Fahrbahnschwellen knarzt und klappert nichts.

Mit einer Länge von 4,28 Metern übertrifft der Urban Cruiser den Yaris Cross um gut zehn Zentimeter. Die Gefahr einer Kannibalisierung der beiden Marken-Verwandten besteht also nicht. Im Fond des Urban Cruiser ist dank der um 16 Zentimeter in Längsrichtung verschiebbaren Rückbank und des Radstands von 2,70 Metern mehr als genug Platz.

Je nach Bedarf 
Die Rücksitzbank des Urban Cruiser lässt sich praktischerweise verschieben - nach vorn zur Vergrößerung des Gepäckraums, nach hinten zur Vergrößerung des Fahrkomforts für die Fondpassagiere. 238 Liter gehen aber hinten immer rein.
Je nach Bedarf
Die Rücksitzbank des Urban Cruiser lässt sich praktischerweise verschieben – nach vorn zur Vergrößerung des Gepäckraums, nach hinten zur Vergrößerung des Fahrkomforts für die Fondpassagiere. 238 Liter gehen aber hinten immer rein.

Schiebt man die hinteren Sitze ganz nach vorne und stellt die Lehne senkrecht, hat der Kofferraum ein Volumen von 306 Litern. Schiebt man die Rückbank ganz nach hinten, schrumpft das Fassungsvermögen auf 238 Liter. Legt man die Lehnen der Rückbank um, werden laut Toyota 562 Liter daraus. Kleine Lappen verdecken den Schlitz. Die Ladekante ist hoch, schließt aber mit dem Boden ab. Darunter befindet sich eine weitere Ablage mit vielen kleinen Fächern. Praktisch.

Der Toyota Urban Cruiser kostet mindestens 29.990 Euro. Dafür gibt es unter anderem ein Navigationssystem, Voll-LED-Scheinwerfer, eine Rückfahrkamera und 18-Zoll-Alufelgen. Die Smartphone-Integration ist kabellos per Apple CarPlay + Android Auto möglich. Damit unterbieten die Japaner Konkurrenten wie den Opel Mokka Electric (ab 36.740 Euro), den Smart #1 (ab 36.990 Euro) und den Kia EV3 (ab 35.990 Euro) deutlich. Nur der Preis des Suzuki e-Vitara steht noch nicht fest, dürfte aber kaum über der Toyota-Vorlage liegen. Die von uns gefahrene Allrad-Top-Version „Lounge“ schlägt mit mindestens 42.990 Euro zu Buche. Wer sich nicht für eine Lackierung in Himmelblau begeistern kann, muss 890 Euro Aufpreis zahlen – sonst gibt es keine Extras zu ordern.

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