Den festen Glauben an ihre Multipath-Way-Strategie können sie beim Branchenriesen Toyota gar nicht oft genug herbeten. Wasserstoff-Antriebe (Stichwort Mirai), die diversen Hybridmodelle, aber auch Autos mit reinem Verbrennungsmotor: Ja, bei Toyota ballern sie weltweit immer noch an allen Powerfronten gleichzeitig.

Eifrigster Befürworter dieser Multi-Path-Antriebsstrategie ist nach wie vor Gil Pratt, oberster Chefforscher von Toyota, der übrigens auch Doktor der Philosophie ist und von einer Monokultur der Elektroautos bis heute ziemlich wenig hält. „Am Ende muss wie überall der Kunde entscheiden, was er will und was er sich finanziell leisten kann.“ Und das wäre in den einzelnen Weltmärkten eben sehr unterschiedlich.

Bereits zu 74 Prozent elektrifiziert
Yoshihiro Nakata, Präsident und CEO von Toyota Europa, bei der Präsentation der Elektroautos, die dieses Jahr auf den Markt kommen.
Bereits zu 74 Prozent elektrifiziert
Yoshihiro Nakata, Präsident und CEO von Toyota Europa, bei der Präsentation der Elektroautos, die dieses Jahr auf den Markt kommen.

Zuletzt war es auch Ex-Deutschland-Chef André Schmidt, der sich aktuell als europäischer Revenue-Chefmanager um den Umsatz der Marke kümmert, derjenige, der sich in die Pro- und Contra-Debatte entsprechend einmischte. Der Feind sei nicht ein bestimmter Antrieb, sondern Kohlendioxid, argumentierte er mit Vehemenz.

Sechs Vollstromer bis 2026

Aber hinter den Kulissen des japanischen Autoherstellers werden immer mehr Weichen auf die reine Elektromobilität gestellt. Auf die man durch die langjährigen Erfahrungen mit den hauseigenen Hybridmodellen bestens vorbereitet ist, auch wenn der SUV-Vollstromer bZ4X, der bisher von Toyota bei uns zu haben ist, technologisch noch nicht der große Reißer war und sich bislang auch eher schleppend verkauft.

Doch die Richtung hin zu neuen Highlights der hundertprozentigen Elektromobilität wurde jetzt beim alljährlichen Kenshiki-Branchentreffen in Brüssel mit jeder Minute deutlicher. Auch wenn im Vorfeld der Veranstaltung erst einmal nur von „innovativen und umweltfreundlichen Antrieben“ die Rede war. Aber bis 2026 soll es ja allein bei Toyota sechs Vollstromer bei den PKWs geben. Und bis 2030 wollen die Japaner rund 3,5 Millionen Elektroautos verkaufen. In Europa will Toyota bis 2035 sogar ausschließlich Null-Emissions-Fahrzeuge anbieten, 2040 soll es im Konzern die weltweite CO2-Neutralität geben. In Brüssel jedenfalls wurden fast ausschließlich neue Elektroautos gezeigt.

Toyota Urban Cruiser
Der kompakte Vollstromer ist zum Erfolg verdammt. Mit einem Einstiegspreis von 30.000 Euro und einer Reichweite von 400 Kilometern soll der Kompakt-SUV ab Sommer auch im Verkauf ein Volltreffer werden. Bilder: Hans-Dieter Seufert für Toyota

Bereits im entscheidenden Eröffnungsvortrag von Toyotas Europa-Präsident Yoshihiro Nakata ging es verschärft um News der Elektromobilität. Stolz betonte er, dass im Pkw-Bereich bereits 74 Prozent aller Toyota-Modelle mehr oder weniger elektrifiziert sind, und dass es allein beim Absatz der Vollstromer 2024 ein schönen Plus von 18 Prozent gab. Okay, und deshalb durften die neuen elektrischen Modelle in Brüssel schon mal allesamt vorfahren.

Urban Cruiser soll den Durchbruch bringen

Wobei für uns nicht alles neu war: Den beim Kenshiki-Forum gezeigten Elektro-SUV namens Urban Cruiser mit bis zu 400 Kilometer Reichweite zum Einstiegspreis von weniger als 30.000 haben wir je bereits ausführlich vorgestellt. Ab Ende August soll er nun definitiv bei uns in Deutschland im Angebot sein, haben wir dazu aktuell in Brüssel gehört.

Richtig, speziell mit dem batterieelektrischen Urban Cruiser, der gemeinsam mit Suzuki entwickelt wurde, soll der Stromer-Funke ruck, zuck auch zu den potenziellen deutschen Kunden überspringen. „Mit diesem Auto landen wir einen Volltreffer“, prophezeit der neue Toyota Deutschland-Chef Mario Köhler. Das sei wirklich ein Gamechanger. Einfach ein gutes Paket – „schön kompakt, attraktiv und finanziell erreichbar“.

Toyota bZ4x
Der Toyota bZ4X war bislang nicht unbedingt ein Verkaufsschlager. Eine Produktaufwertung spendiert ihm mehr Reichweite und einige andere technische Verbesserungen, aber auch eine edlere Außenhaut sowie einen verfeinerten Innenraum mit neuer Mittelkonsole.
Toyota bZ4x
Der Toyota bZ4X war bislang nicht unbedingt ein Verkaufsschlager. Eine Produktaufwertung spendiert ihm mehr Reichweite und einige andere technische Verbesserungen, aber auch eine edlere Außenhaut sowie einen verfeinerten Innenraum mit neuer Mittelkonsole.

Überhaupt komme das erweiterte elektrische Angebot der Marke genau zur richtigen Zeit. Sowieso soll es reine Verbrenner-Pkw, abgesehen von den obersportlichen GR-Modellen, bei Toyota in Deutschland bald gar nicht mehr geben. In zwei Jahren wird die komplette Flotte zumindest hybridisiert sein, ist zu vernehmen.

Weiter geht’s. Bekannt kam uns natürlich auch der erwähnte vollelektrische Mittelklasse-SUV bZ4X vor, den die Japaner in Brüssel aber nun in einer deutlich überarbeiteten Version zeigten, die bei den hiesigen Händlern bereits im Herbst starten soll. Was hier neu ist? Die viel elegantere Frontpartie und der komplett verfeinerte Innenraum mit neuer Mittelkonsole, der jetzt zudem serienmäßig ein 14 Zoll großes Multimediadisplay offeriert.

Kleiner Zweisitzer für junge Leute

Dazu die neuen Batterievarianten. Künftig werden zwei Versionen mit 57,7 oder 73,1 kWh (bisher 71,4 kWh) angeboten, was die maximale elektrische Reichweite des bis zu 160 km/h schnellen Autos auf bis zu 573 Kilometer erweitern soll. Neu ist auch die Batterie-Vorkonditionierung für die ideale Ladetemperatur, automatisch beim Navigieren oder manuell aktivierbar. Der größere Akku lässt sich sowohl mit Front- als auch mit Allradantrieb kombinieren, und für den letzteren verdoppelt sich jetzt die Anhängelast auf ordentliche 1500 Kilogramm.

Toyota FT-Me
Der knapp 2,50 Meter lange City-Stromer fährt maximal 45 km/h schnell und soll ab 2027 für unter 15.000 Euro zu haben sein.

In Brüssel zeigte Toyota auch einen ganz kleinen Stromer. Der witzige, zweisitzige FT-Me im ziemlich wilden Jethelm-Design, der in der Länge nicht einmal 2,50 Meter misst, soll speziell junge Leute anfixen, zumal sich dieser extrem wendige Mini in diversen Märkten mit entsprechender Fahrerlaubnis schon ab 14 Jahren bewegen lassen soll. Fährt also maximal 45 km/h und laut Toyota mit einer Batterieladung bis zu 100 Kilometer weit. Highlight seiner Plastik-Karosserie (klar, recycelte Materialien) ist das Solarpanel auf dem Dach, dass bei Sonne pro Tag bis zu 30 Kilometer zusätzlicher Reichweite bringen soll. Und die Steuerung erfolgt hier ausschließlich per Hand, also ideal für Rollstuhlfahrer. Ob dieser Zwerg, der deutlich weniger als 15.000 Euro kosten soll, auch zu uns kommt? Ist geplant, haben wir erfahren, offenbar ab 2027. Schließlich haben der Stellantis-Konzern und Renault bei uns ähnliche Kleinteile im Angebot.

Toyota C-HR+ macht Laune

Bereits in Sichtweite ist hingegen der neue C-HR+. Hinter diesem trockenen Kürzel verbürgt sich ein 4,52 Meter langer, betont schnittiger Mix aus Coupé und SUV, der laut Toyota die besten Eigenschaften des bisherigen C-HR, der sich in Europa bisher als Bestseller mehr als eine Million mal verkaufte, übernehmen soll. Andererseits: Dieser C-HR+ ist zwar vom C-HR mit Hybridantrieb inspiriert, aber dennoch ein völlig eigenständiges Modell. Sie ahnen es, ein echter Vollstromer.

Schneidig gestylt 
Unser Autor vor dem neuen vollelektrischen Toyota C-HR+. Der Verkauf des coupéhaften SUV soll bei uns noch vor Jahresende starten.
Schneidig gestylt
Unser Autor vor dem neuen vollelektrischen Toyota C-HR+. Der Verkauf des coupéhaften SUV soll bei uns noch vor Jahresende starten.

Rundum schneidig gestylt mit coupehafter Dachlinie, die aber nicht die Kopffreiheit im Fond beschneidet wie wir bei einer ersten Sitzprobe feststellen konnten. Dank langem Radstand (2,75 m) mit überdurchschnittlich viel Platz im Innenraum und einem Standard-Laderaum von annehmbaren 416 Litern. Beste Rundumsicht, kuschlige Ambientebeleuchtung, durchsichtiges Panoramadach, USB-Anschlüsse auch im Fond, kabellose Smartphone-Ladestationen, adaptives Fernlicht, bequeme Lade-Routenplanung, beheizbare Windschutzscheibe, stromsparende Wärmepumpe. Alles da.

Hilux bald auch als Vollstromer

Es gibt die Batterieversionen mit 57,7 und 77 kWh (brutto) die maximale Reichweite beziffert Toyota mit 600 Kilometern nach WLTP-Norm. Im Zusammenspiel mit dem größeren Akku gibt es neben dem Frontantrieb auch ein Modell mit Allradantrieb mit einer Gesamtleistung von voraussichtlich 252 kW (343 PS). Und die soll den Sprint auf Tempo Hundert locker in 5,2 Sekunden erledigen. Höchstgeschwindigkeit? Immerhin 180 km/h. Die Fronttriebler indes kommen mit 123 kW (167 PS, kleine Batterie) und 165 kW (224 PS) Antriebsleistung. DC-Laden funktioniert mit maximal 150 kW. Und fest steht: Der neue C-HR+ soll hierzulande noch vor dem Jahresende starten, bestellbar wohl schon ab Juni.

Toyota Hilux 
Derzeit ist der robuste Pickup nur in einer mildhybriden Variante zu bekommen. Im Sommer 2026 folgt die erste vollelektrische Version.
Toyota Hilux
Derzeit ist der robuste Pickup nur in einer mildhybriden Variante zu bekommen. Im Sommer 2026 folgt die erste vollelektrische Version.

Was auf dem belgischen Event nicht gesagt wurde, aber für uns kein Geheimnis ist: Schon im Frühjahr nächstens Jahres erscheint der renovierte SUV-Bestseller RAV4 in einer Plug-in-Version mit bis zu 140 Kilometer elektrischer Reichweite. Im Sommer nächsten Jahres folgt dann sogar die erste vollelektrische Version des rustikalen Toyota-Pick-ups Hilux, und im späten Herbst 2026 erscheint schließlich der klassisch-kultige Offroader Land Cruiser erstmals in einer vollelektrischen Variante, die für die super geländegängige Wuchtbrumme natürlich auch mit deutlich mehr Batteriepower aufwarten soll.

Neuer RZ stromert bis zu 540 Kilometer weit

Klar, Toyotas Edellabel Lexus durfte in Brüssel nicht fehlen. Immerhin hat sich Lexus zum Ziel gesetzt, bis 2030 in Europa und bis 2035 weltweit eine Premiummarke für vollelektrische Mobilität zu werden. Mit einem neuen vollmodularen Fahrzeugaufbau und ganz neuer Software-Plattform („Arene OS“), die eine permanente Aktualisierung sämtlicher Funktionen erlaubt. Da sollen sich Mercedes, BMW und Audi schon mal festhalten.

Auf der Bühne gab es hier den weiterentwickelten Luxus-SUV RZ zu sehen, der bei uns noch im Herbst anrollen soll. Auch er kommt jetzt mit dieser 77 kWh starken Lithium-Ionen-Batterie, die in seinem Fall für eine Reichweite von etwa 540 Kilometern taugen soll, was einer Steigerung von rund 100 Kilometern gegenüber dem aktuellen Modell entspricht. Die Ladezeit soll sich dank Batterie-Vorkonfigurierung auf 30 Minuten verkürzen (10 bis 80 Prozent), und ein 22-kW-AC-Charger ist generell an Bord. Gut, da gibt es natürlich diverse Konkurrenten, die da schneller laden können.

Lexus RZ 
Lexus hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 in Europa und bis 2035 weltweit eine Premiummarke für vollelektrische Mobilität zu werden.
Lexus RZ
Lexus hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 in Europa und bis 2035 weltweit eine Premiummarke für vollelektrische Mobilität zu werden.

Prinzipiell offeriert der neue Lexus RZ drei Leistungsoptionen: RZ 350e mit 165 kW (224 PS), RZ 500e mit 280 kW (380 PS) und obendrauf nun der ganz neue RZ 550e F Sport mit strammen 300 kW (408 PS), die den Sprint auf 100 km/h in rasanten 4,4 Sekunden ermöglichen sollen. Und auch beim RZ verdoppelt sich nun die erlaubte Anhängelast, er darf jetzt nämlich bis zu 1500 Kilogramm an den Haken nehmen.

Drei neue Lexus-Stromer im Anmarsch

Neu beim RZ ist auch seine Steer-by-wire-Lenkung, die ohne eine mechanische Verbindung zu den Rädern auskommt und ein umwerfendes Fahrerlebnis bieten soll. Wobei es nämlich vom linken bis zum rechten Anschlag des fast rechteckigen Lenkrads nur einen Winkel von 200 Grad geben soll, was mit einer scharfen Direktheit für ein super agiles Lenkverhalten sorgt. Ebenso startet laut Lexus hier die weiterentwickelte DIRECT4-Antriebssteuerung, die für feine Traktion und Fahrstabilität prädestiniert sein dürfte. Dazu gesellt sich das interaktive manuelle Schaltgetriebe: bedient der Fahrer mit Schaltwippen am Lenkrad, simuliert wird eine virtuelle Achtgang-Schaltung inklusive der Nachbildung der passenden Motorgeräusche. Naja, das klingt spannend, aber auch ziemlich tricky.

Toyota Land Cruiser SE 
Kein Wort verloren die Toyota-Manager beim Kenshiki-Forum über diese Studie eines siebensitzigen und vollelektrischen Land Cruiser.
Toyota Land Cruiser SE
Kein Wort verloren die Toyota-Manager beim Kenshiki-Forum mehr über die Studie eines siebensitzigen und vollelektrischen Land Cruiser: Im Herbst 2026 soll der bei den Händlern stehen.

Noch was? Am Ende der Brüsseler Lexus-Show konnten wir, nachdem wir aus Gründen der Geheimhaltung brav unsere Smartphones abgegeben hatten, noch einen kurzen Blick auf ein neues, reizvolles Elektro-Projekt von Lexus werfen, über das wir aber noch nicht schreiben dürfen. Fest steht: In Brüssel war nicht nur vom beschriebenen neuen RZ die Rede, sondern unauffällig von noch zwei weiteren Modellen, die Lexus in den nächsten zwölf Monaten auf den europäischen Markt bringen will. Und wir wissen natürlich längst, was da so im Anmarsch ist. Erstens eine ziemlich elegant und gleichermaßen krass gestylte vollelektrische Luxuslimousine, garantiert mit Steer-wire-Lenkung und mehr Batteriepower, zweitens ein stromerndes und ziemlich großes, siebensitziges SUV-Flaggschiff.

Stromer mit Feststoff-Batterie startet 2027

Am Rande des Kenshiki-Forum war von damit beschäftigten Spezialisten übrigens auch zu erfahren, dass Toyota bei den Feststoffbatterien zügig diverse Fortschritte macht. 2027 sollen diese Superakkus, die sich in wenigen Minuten aufladen lassen und locker Reichweiten von bis zu 1000 Kilometern erlauben, für ein exklusives Modell in Kleinserie gefertigt werden. Und bis 2030 dann bereits in deutlich größeren Stückzahlen auftauchen.

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