Wer genau hinsieht, entdeckt auf der schwarzen Frontblende des Volvo EX30 CC ein topografisches Versprechen: Eingeprägt in den Kunststoff verlaufen hier die Höhenlinien des Kebnekaise, dem mit über 2.000 Metern höchsten Berg Schwedens. Es ist ein selbstbewusstes Detail für den kompakten Stromer, das signalisieren soll: Ich bin nicht nur für den Stadtverkehr oder die Wallbox in der Vorstadt gemacht. Als „Cross Country“-Variante (CC) tauscht dieser EX30 den glatten Business-Look der Basisversion gegen rustikale schwarze Beplankungen, Unterfahrschutz-Optik und eine Attitüde, die nach Waldweg und Schotterpiste ruft.
Doch für unseren Alltagstest haben wir die karge Tundra gegen das kurvige Geläuf des Bergischen Landes getauscht. Hier erreichen die Hügel zwar keine alpinen Höhenmeter, doch die kurvenreichen Landstraßenzwischen Wupper und Agger sind das ideale Terrain, um dem Abenteuer-Anspruch des City-SUV im Abenteurer-Outfit auf den Zahn zu fühlen. Und das nicht nur auf dem Asphalt, sondern auch auf Feld- und Forstwegen. Auf dem Land gibt es diese Freiheiten noch. Und dank des Elektroantriebs muss man dabei nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben.

57.290 Euro ruft Volvo aktuell für den EX30 Cross Country mit Allradantrieb auf, 2000 Euro mehr als für die „normale“ Version ohne CC.
Mit 19 Millimetern mehr Bodenfreiheit blickt der mit einer Länge von 4,22 Metern erfreulich kompakte EX30 CC zwar nur minimal erhabener auf den Asphalt herab, doch der eigentliche Gipfelstürmer verbirgt sich unter dem Blech: Satte 315 kW (428 PS) und Allradantrieb verwandeln das nordische „Small SUV“ in einen Kraftzwerg, der die Höhenmeter des Bergischen Landes nicht erklimmt, sondern förmlich hinauffliegt. So es die StVO und die Verkehrsverhältnisse denn zulassen. Tempo 100 ist laut Datenblatt in 3,7 Sekunden erreicht, auf der Autobahn sind immerhin 180 km/h drin.
Mäßiger Sitzkomfort im Fond
Aber das hat mit Abenteuer nichts zu tun, das ist schnöder Alltagsverkehr. Das eigentliche Revier des Cross Country, nomen est omen, liegt außerhalb der Stadt und abseits der Autobahn. So suggeriert es jedenfalls Volvo in seiner Werbung für die Topvariante seiner Baureihe, die ausschließlich mit Allradantrieb zu erhalten ist. Wir leben im Bergischen Land, am Rande des Siebengebirges. Der Schwager ist Jäger und wir lieben es, mit dem Mountainbike am Wochenende und nach Feierabend über Trampelpfade zu fliegen – in so einem Umfeld sollte sich der Volvo EX30 CC pudelwohl fühlen – und die Besitzer-Familie mit ihm.

Wie bei Tesla ist im Innenraum des Volvo EX30 CC alles auf das iPad-große Zentraldisplay fokussiert. Eine Soundbar unterhalb der Windschutzscheibe verhindert die Montage eines Head-up-Displays. Dafür gibt es eine Schublade unter dem Monitor.
Allzu groß sollte die Familie allerdings nicht sein. Und die Kinder sollten sich idealerweise noch keine Schulreife haben. Denn auf der Rücksitzbank geht es recht eng zu. Erwachsenen mag man hier längere Fahrten nicht zumuten. Zumal der Boden hoch und die Sitzbank niedrig baut: Menschen von 1,80 Metern Körpergröße sitzen hier wie beim Elternabend in der Grundschule auf den Stühlen ihrer Kinder. Das kann man dort noch witzig finden. Spätestens nach 150 Kilometern auf der Autobahn schlafen einem aber im Fond des Volvo die Füße ein.
Gewöhnungsbedürftiges Bedienkonzept
Die Aufenthaltsqualität vorne ist da um Klassen besser. Die Sitzposition passt, der Sitzkomfort ist hoch. Das Problem dort ist ein anderes: Die Volvo-Designer haben sich zu stark von Tesla inspirieren lassen und das Cockpit rund um den zentralen Touchscreen sehr minimalistisch eingerichtet. Das sieht zwar zusammen mit den feinen Bezugsstoffen und hellen Oberflächen cool aus. Aber die Ästhetik fordert insbesondere dem Fahrer einiges ab an Umgewöhnung.

Der Volvo kann seine Akku auch nutzen, um über einen Adapter einen externen Verbraucher mit Strom zu versorgen. Etwa ein E-Bike. Für den Transport des Bikes per Träger nutzt man idealerweise die Anhängerkupplung – in den Kofferraum passt das Fahrrad nicht.
Schon bei der Einstellung der Außenspiegel, die über den Touchscreen und Tasten am Lenkrad erfolgt. Und unterwegs muss der Fahrer in der geschlossenen Ortschaft ständig ein Auge auf das Zentraldisplay werfen, um das Tempolimit nicht zu überschreiten. Den im Unterschied zu den Schwestermodellen Smart #1 und Zeekr X hat sich Volvo ein Zusatzdisplay hinter dem Lenkrad ebenso erspart wie ein Head-up-Display. Letzteres verhindert im EX30 eine Soundbar, die sich unter der Windschutzscheibe über fast die gesamte Fahrzeugbreite hinzieht. Das ist wirklich abenteuerlich.
Beim Testwagen zickte obendrein das Google-basierte Navigationssystem: Es reagierte weder auf Sprachbefehle noch mochte es den Streckenverkauf anzeigen. Auch die Kopplung mit dem Smartphone über Apple Car Play wollte nicht funktionieren: Ein gutes Jahr nach dem Produktionsanlauf der Modellreihe plagen den EX30 immer noch Kinderkrankheiten. Der Umzug der Produktion von China nach Belgien hat daran offenbar nichts geändert. Wirklich schade.
300 Kilometer Reichweite im Abenteuer-Modus
Aber für die wahren Abenteuer braucht es bekanntlich keine digitalen Hilfsmittel. Und die Schleichwege kennt das Navi in den meisten Fällen ohnehin nicht. So konnten wir uns voll und ganz aufs Fahren konzentrieren. Und da vermag der kleine Schwede wirklich zu glänzen. Mit einer großen Wendigkeit und seinem kraftvollen Antrieb, aber auch einem Fahrwerk, das auch auf Feldwegen noch einen gewissen Komfort bietet. Der Schwager war jedenfalls schwer angetan auf der Fahrt in sein Jagdrevier – und dass wir seinem Suzuki Jimny trotz tiefer Spurrillen zu folgen vermochten. Bemängelt wurde von ihm lediglich der knapp geschnittene Kofferraum: Bei einem Volumen von 318 Litern müsste der Hund bei voller Bestuhlung daheim bleiben.

Der Volvo Ex30 Cross Country ist mit seinem kräftigen Allradantrieb für Ausflüge ins Gelände prinzipiell gut gerüstet. Für rustikale Einsätze im Jagdbetrieb sind andere Fahrzeuge wie ein Suzuki Jimny allerdings besser geeignet. Fotos: Rother
Bei Fahrten ins Gelände steigt naturgemäß auch der Energieverbrauch – in dem Punkt unterscheiden sich Elektroautos nicht von Verbrennern. Den Normverbrauch von 18,7 kWh/100 km haben wir mit 33,4 kWh/100km fast verdoppelt. Aber über die gesamte Testdauer lag der Schnitt von 23,6 kWh doch noch im Bereich des Erträglichen. Was aber auch heißt: Mit dem Inhalt des brutto 69, netto 65 kWh fassenden Akkus sind in den Wintermonaten trotz serienmäßiger Wärmepumpe realistischerweise maximal 300 Kilometer Reichweite drin. Sofern man sich mit dem Abenteurer nicht ausschließlich im Stadtverkehr bewegt.
Hohes Preisniveau
Immerhin nimmt EX30 CC Wechselstrom an der Wallbox inzwischen erfreulicherweise mit 22 kW auf, so dass spätestens vier Stunden nach der Rückkehr von der Landpartie der Akku wieder zu 100 Prozent gefüllt ist. An Schnellladesäulen wird eine maximale Ladeleistung von 153 kW versprochen. Was für Elektroauto mit einer 400-Volt-Architektur durchaus in Ordnung ist. Nach knapp 30 Minuten war die Batterie wieder zu 80 Prozent gefüllt. Wer es eilig hat und die genaue Entfernung kennt, bricht den Ladevorgang aber besser schon bei einem Füllstand von 60 Prozent ab – um später am Zielort günstig nachzuladen.

Der Volvo Ex30 CC nimmt am Schnelllader Gleichstrom mit bis zu 153 kW auf. Zumindest für kurze Zeit, zeigt die typische Ladekurve.
In Summe war der Volvo EX30 CC ein angenehmer Begleiter mit einem (leichten) Geschmack von Freiheit und Abenteuer, um eine berühmte Zigarettenwerbung zu zitieren. Gewünscht hätten wir uns – außer mehr Knieraum hinten und einem Head-up-Display – vielleicht noch das eine oder andere Fahrprogramm für eine noch feinere Verteilung der Antriebskräfte auf die Räder bei Fahrten ins Gelände und rutschigem Untergrund – auf regennasser Wiese drehten die Räder schnell durch. Angeboten werden derzeit nur die „Drive Modes“ Standard, Range (für einen effizienteren Energieeinsatz allein über den Heckmotor) und Performance All Wheel Drive – für eine besonders dynamische Fortbewegung mit Allradantrieb und beiden Motoren.
Und wünschen würden wir uns auch ein etwas günstigeres Preisniveau: Der Basispreis des CC von 57.290 Euro – 2000 Euro mehr als für einen gleich starken Volvo EX30 Ultra mit Allradantrieb, aber ohne Kebnekaise-Grafiken – ist für ein Elektroauto vom Kaliber eines Toyota Urban Cruiser oder eines Opel Mokka schon mutig. Auch mit Blick auf die Schwestermodelle von Smart und Zeekr aus China, deren Topversionen etliche tausend Euro günstiger sind. Ja, ja, es war schon immer teuer, einen besonderen Geschmack zu haben. Da aber mit dem Umzug der Produktion nach Belgien die Import- und Strafzölle der EU von immerhin 30 Prozent wegfallen, sollte doch eine Preissenkung möglich sein. Das könnte auch den Absatzzahlen helfen. Lassen wir uns überraschen, was das neue Jahr bringt.