Wer vergangene Woche einen Kaufvertrag für ein Elektroauto aus der Ausstellung eines Autohändlers zeichnete, hatte noch gute Aussicht, in den Genuss des Umweltbonus zu kommen und bis zu 4500 Euro einzusparen. Wer das Autohaus hingegen am Freitag verließ, um sich die Anschaffung des Stromers übers Wochenende noch einmal zu überlegen, schaut nun in die Röhre: Das von Robert Habeck (Grüne) geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Klima gab am Samstag ohne Vorwarnung bekannt, dass „mit Ablauf des 17. Dezember 2023…keine neuen Anträge mehr für den Umweltbonus beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gestellt werden“ können. „Vorliegende Anträge, die bis einschließlich 17. Dezember 2023 beim BAFA eingehen, werden in der Reihenfolge ihres Eingangs weiterbearbeitet und – sofern die Fördervoraussetzungen vorliegen – bewilligt.“ Das sei im Zuge der Verhandlungen zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) am 13. Dezember 2023 so beschlossen worden.

Preisdifferenzen von über 10.000 Euro

Die Jahresend-Rally, die manche Autohersteller – und -händler erhofft hatten, weil der Umweltbonus nach der ursprünglichen Planung der Bundesregierung zum Jahresende von 4500 auf 3000 Euro abgesenkt werden sollte (um dann Ende kommenden Jahres komplett auszulaufen), bleibt nun aus. Und die große Frage ist nun, was mit der Antriebswende vom Verbrenner zum Elektromotor insgesamt passiert. Ohne Förderung und Preisnachlässe von fast 7000 Euro (zum Umweltbonus des Bundes kam noch der Herstelleranteil von bis zu 2250 Euro hinzu) dürfte für viele private Neuwagenkäufer der Anreiz zum Wechsel von einem Benziner oder Diesel auf einen klimaverträglichen Stromer deutlich sinken: Aktuell beträgt der Preisunterschied bei Modellen wie dem Opel Corsa oder dem Peugeot 208, die alternativ mit einem Verbrenner oder einer E-Maschine angeboten werden, über 10.000 Euro. Und der Durchschnittspreis für einen elektrischen Kleinwagen in Deutschland beträgt mittlerweile immerhin 41.650 Euro, hat das Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach ausgerechnet – bei solchen Summen steigen die meisten privaten Autokäufer aus, wenn keine Fördergelder fließen und der durchschnittliche Strompreis an öffentlichen Ladesäulen 64 Cent/kWh beträgt, punktuell sogar mehr als ein Euro für die Kilowattatunde zu zahlen ist. Der Betrieb eines Elektroautos rechnet sich da nur für Hausbesitzer, die den Fahrstrom mit einer Solaranlage selbst erzeugen.

Wird es nun doch ein Verbrenner? 
Die Streichung des Umweltbonus könnte dazu führen, dass Elektroautos zum Ladenhüter werden, fürchtet der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. Foto: ZdK/T.Volz
Wird es nun doch ein Verbrenner?
Die Streichung des Umweltbonus könnte dazu führen, dass Elektroautos zum Ladenhüter werden, fürchtet der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. Foto: ZdK/T.Volz

Entsprechend düster fallen nach dem Wegfall des Umweltbonus nun die ersten Prognosen von Marktanalysten aus. Nach einer schnellen Hochrechnung von Ferdinand Dudenhöffer vom Bochumer Center Automotive Research Institut (CAR) wird der Absatz von Elektroautos in Deutschland im kommenden Jahr voraussichtlich um rund 200.000 Fahrzeuge zurückgehen. Zur Einordnung: Von Januar bis November dieses Jahres registrierte das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg 469.565 Neuzulassungen von reinen Batterieautos. Darüber stieg der Anteil der Stromer am Gesamtmarkt auf rund 18 Prozent. Im Worst-Case-Szenario des früheren „Auto-Papstes“ aus dem Ruhrgebiet könnte der Marktanteil 2024 (je nach der Entwicklung der Gesamt-Neuzulassungen) auf unter zehn Prozent abstürzen. Die Antriebswende wäre damit zumindest vorerst beendet.

Was kostet den Autofahrer das Aus des Umweltbonus?

Die Reaktionen aus der Autoindustrie auf den plötzlichen Förderstopp ließen nicht lange auf sich warten – und fallen erwartet heftig aus. „Mit dieser Entscheidung schädigt die Bundesregierung viele tausend Kunden sowie die Autohändler und zerstört gleichzeitig das Vertrauen in eine nachvollziehbare und rationale Politik zur Förderung der Elektromobilität“, polterte der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), in dem der Autohandel organisiert ist. „Wenn wir von durchaus realistischen 60.000 betroffenen Fahrzeugen und jeweils 4.500 Euro Prämie ausgehen, reden wir hier von 270 Millionen Euro, mit denen Autokäufer belastet werden, rechnete ZDK-Präsident Arne Joswig vor. Das Ziel, bis zum Jahr 2030 rund 15 Millionen batterieelektrische Fahrzeuge auf Deutschlands Straße zu bekommen, rücke damit in noch weitere Ferne als zuvor schon.

Selbst von der SPD-Fraktion im Bundestag gab es Kritik an Habecks abruptem Förderstopp, der als „äußerst unglücklich“ bezeichnet wurde. Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden forderten Habeck auf, einen „verlässlicheren Übergang“ mit „lebensnahen Übergangsfristen“ zu organisieren: „Die meisten Menschen haben die Prämie sicher eingeplant.“

Ein wenig Zuckerbrot gibt es für die Käufer von Elektroautos zwar immer noch. Etwa durch die Befreiung von der Kfz-Steuer sowie den Steuersatz von nur 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises bei der privaten Nutzung eines elektrisch angetriebenen Dienstwagens. Aber dass diese Vorteile tatsächlich wie ursprünglich noch bis Ende 2030 gelten, ist keineswegs ausgemacht: Die sogenannten „Dienstwagen-Privilegien“ sind den Sozialdemokraten in der sogenannten Ampel schon länger ein Dorn im Auge. Und über eine Reform der Kfz-Steuer wird in Berlin schon länger diskutiert. Sie dürfte nach dem Aus für den Umweltbonus nun wieder aufleben.

Folgt auf Zuckerbrot nun die Peitsche?

„Wann diskutieren wir Einschränkungen für Verbrennerautos?“, fragte auf X bereits der den Grünen nahestehende Volker Quaschning, Professor für das Fachgebiet Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin. Soll wohl heißen: Wenn die Autofahrer nicht freiwillig von ihren konventionell angetriebenen Autos lassen wollen, müssen sie dazu mit der Peitsche „motiviert“ werden.

Eine Erhöhung der CO2-Steuer auf fossile Kraftstoffe zum 1. Januar ist bereits beschlossen, Benzin und Diesel werden sich deshalb um sieben bzw. acht Cent verteuern. Und das Umweltbundesamt hatte als Alternative zum Umweltbonus schon 2021 Einmalzahlungen beim Kauf eines Pkw mit einem hohen CO2-Ausstoß ins Spiel gebracht. Die Einnahmen aus der „Neuzulassungssteuer“ für klimaschädliche Autos, wie sie schon in Norwegen, Großbritannien und Dänemark erhoben wird, könnten genutzt werden, um Käufern von E-Autos Vergünstigungen und Steuervorteile einzuräumen.

“Bei uns sollte das Verursacherprinzip im Straßenverkehr gelten, um zwischen umweltschädlichen und sauberen Fahrzeugen zu unterscheiden“, argumentiert auch Friederike Piper, E-Mobilitätsexpertin bei der Lobbyorganisation Transport & Enviroment (T&E). „Wer beim Neukauf und der Haltung weiterhin auf klimaschädliche Verbrenner setzt, sollte das auch entsprechend vergüten” – sprich: zur Kasse gebeten werden.  

Werden Elektroautos nun billiger?

Aber vielleicht kommt auch ganz anders. Die Autoindustrie könnte nun beispielsweise gezwungen sein, die Preise für ihre Elektroautos nach dem Vorbild von Tesla zu senken, den Umweltbonus gewissermaßen auf die eigene Kappe nehmen. Milliarden hat sie in die Entwicklung der neuen E-Autos investiert, die im kommenden Jahr in großer Zahl auf den Markt kommen. Ein Einbruch der Nachfrage hätte da fatale Folgen. Volkswagen musste im Herbst bereits die Produktion des VW ID.3 in Dresden und Zwickau drosseln, weil der Markt für die Stromer sich nicht so entwickelte, wie es sich die Vertriebsstrategen erhofft hatten. Andererseits haben fast alle Autohersteller in den vergangenen drei Jahren satte Gewinne eingefahren – im Stellantis-Konzern etwa betrug die Gewinnspanne zuletzt über 14 Prozent.

Auffällig ist auch, dass die Verkaufspreise für Elektroautos in Europa mit der Förderung in den jeweiligen Länder zu korrespondieren scheinen: In Deutschland kostet der günstigste Peugeot e-208 derzeit 35.425 Euro – in Frankreich bietet der Hersteller das Auto in einer Sonderaktion schon für 24.400 Euro an.

Da scheint es noch eine Menge Spielraum für Korrekturen in den Preislisten zu geben.

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2 Kommentare

  1. Duesendaniel

    Das trägt wieder einmal ganz klar die Handschrift der FDP: Elektroautos werden abgewürgt, während Dieselkraftstoff weiter subventioniert wird.
    Warum in aller Welt lässt Habeck das mit sich machen? Die Grünen müssen endlich lernen härter zu pokern, denn wenn die Koalition platzt, sind auch die Liberalen raus aus der Regierungsverantwortung ohne Chancen auf Wiedereintritt in eine neue Koalition.

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    • Franz W. Rother

      Wo gespart wird, durfte jeder Minister selbst entscheiden. Und das an den Steuersatz für Dieselkraftstoffe nicht rangegangen wird, damit zusammenhängen, dass der zum größten Teil im Transportgewerbe eingesetzt wird. Ohne Subvention wären noch massivere Erhöhungen der Transportpreise zu erwarten als jetzt schon durch Erhöhung Mut und CO2-Abgabe auf DK.

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