Tesla verschiebt die Fertigstellung seines sechsten Fabrikstandortes in Mexiko. Elon Musk will zwar mit der Planung sowie Vorarbeiten weitermachen, doch der eigentliche Bau wird verschoben. „Wir wollen ein Gefühl dafür bekommen, wie die Weltwirtschaft aussieht, bevor wir die Fabrik in Mexiko hochfahren“, sagte Musk während einer Telefonkonferenz mit Analysten.

Ausnahmsweise ist der Tesla-Chef mal auf einer Linie mit den übrigen US-Autobossen. GM verschiebt die Produktion der elektrischen Versionen seiner Pick-up-Trucks GMC Sierra und Chevrolet Silverado. Auch das Ziel von 400.000 E-Autos im ersten Halbjahr 2023 wurde gekippt. Ford pausiert den Bau einer 3,5 Milliarden teuren Batteriefabrik in Michigan. Der US-Hersteller streicht eine von drei Schichten an dem Band, an dem der elektrische F-150 gefertigt wird.

Auch Volkswagen hat seine Aktivitäten heruntergefahren. Noch vor dem offiziellen Produktionsstart im August strichen die Wolfsburger die Spätschicht im Emdener Werk und verlängerten die Sommerwerksferien. An der Nordseeküste laufen der ID.4 und der Hoffnungsträger ID.7 vom Band. Zudem verhängte VW dieser Tage einen Einstellungstopp für die Werke in Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Salzgitter, Emden und Kassel.

Gute Laune am Zählpunkt 8 
Im August startete im VW-Werk Emden fröhlich die Serienproduktion des neuen ID.7. Zum Feiern ist bei VW inzwischen niemandem mehr zumute: Wegen Absatzproblemen musste das Sparprogramm Core verschärft werden. Foto: VW
Gute Laune am Zählpunkt 8
Im August startete im VW-Werk Emden fröhlich die Serienproduktion des neuen ID.7. Zum Feiern ist bei VW inzwischen niemandem mehr zumute: Wegen Absatzproblemen musste das Sparprogramm Core verschärft werden. Foto: VW

Dabei sieht es im laufenden Jahr gut für Volkswagen aus. Der Auftragsstau der Chip- und Logistikkrise ist abgebaut. Mit 531.500 weltweit ausgelieferten E-Autos in den ersten neun Monaten erzielte VW eine Steigerung um 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Auch die anderen Hersteller konnten liefern. Laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) lag das Plus bei E-Auto-Zulassungen bis September bei 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Rund 24 Prozent aller Neuwagen in Deutschland hatten einen „alternativen Antrieb“, wozu das KBA reine E-Autos, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellen-Pkw zählt. Und im Oktober betrug das Zulassungsplus bei Batterieautos nur noch 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat – während die Nachfrage nach Benzinern um 7,5 Prozent stieg.

Halbierter Auftragsbestand

Entsprechend düster fällt der Blick nach vorn bei Deutschlands größtem Autohersteller düster aus. Die Pläne für den Standort einer Batteriefabrik in Osteuropa werden erst einmal aufgeschoben. „Da die allgemeine Marktentwicklung hinter den Erwartungen zurückbleibt, liegt unser Auftragseingang unter unseren ehrgeizigen Zielen“, sagte Audi-Managerin Hildegard Wortmann, die im Volkswagen-Konzern den Vertrieb verantwortet.

Die Aussage bleibt etwas unkonkret. Finanzvorstand Arno Antlitz wurde bei der Präsentation der Zahlen für das dritte Quartal deutlicher. Danach hat sich der Auftragsbestand für E-Autos in Europa von 300.000 auf 150.000 halbiert.

Zumindest für Deutschland dürfte ein wesentlicher Grund in der Reduktion staatlicher Förderung liegen. Der Umweltbonus wird seit Anfang September nur noch an private Halter von E-Autos überwiesen. Doch knapp 70 Prozent aller Pkw-Zulassungen in Deutschland sind gewerblich.

Trübe Aussichten
 Unsicherheit über die Entwicklung der zahlreichen Konflikte in der Welt, aber auch die Inflation, die Kosten der Wärmewende sowie die Wirtschaftskrise in Deutschland sorgen dafür, dass die Menschen hierzulande ihr Geld zusammenhalten und den Kauf eines Neuwagens verschieben. Foto: ZdK/T.Volz
Trübe Aussichten
Unsicherheit über die Entwicklung der zahlreichen Konflikte in der Welt, aber auch die Inflation, die Kosten der Wärmewende sowie die Wirtschaftskrise in Deutschland sorgen dafür, dass die Menschen hierzulande ihr Geld zusammenhalten und den Kauf eines Neuwagens verschieben. Foto: ZdK/T.Volz

Zudem dürften private Autokäufer deutlich preissensibler sein als Unternehmen. E-Autos sind nach wie vor teuer als vergleichbare Verbrennerfahrzeuge. So kam es im Oktober zu einem massiven Einbruch der E-Auto-Zulassungen. Im September wirkte noch der Mitnahmeeffekt, so dass 117.000 Anträge auf Förderung beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingingen. Im Oktober sank die Zahl auf 15.000. Im Mittel lag die Zahl der Anträge in diesem Jahr bei monatlich 39.000.

Wachsende Konsumzurückhaltung

Im kommenden Jahr werden nur noch E-Auto bis 45.000 Euro Nettolistenpreis mit maximal 3.000 Euro gefördert. Fraglich ist, ob die Fördermittel für das gesamte Kalenderjahr ausreichen, denn das Geld stammt aus dem Klima- und Transformationsfonds. Sind die Mittel abgerufen, endet die Förderung. Dann bleibt nur noch die Befreiung von der Kfz-Steuer als auch die jährliche Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) als Anreiz.

Doch auch die Prämien der THG-Quote sind stark unter Druck geraten und gesunken. Außerdem muss inzwischen bis Anfang November ein Antrag für das laufende Jahr gestellt sein. Ansonsten entfällt die Auszahlung für das Jahr.

Timo Sillober von EnBW im Ladetalk Timo Sillober ist Chief Sales & Operations Officer bei der EnBW. In der Funktion leitet er auch den Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Wie gut. Denn da gäbe es einiges zu besprechen. Laden

Hinzu kommt eine wachsende Konsumzurückhaltung. Unsicherheit über die Entwicklung der Konflikte in der Ukraine sowie im Gaza-Streifen und deren Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung verursachen Besorgnis. Sollte sich der kriegerische Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis auf weitere Länder im Nahen Osten ausweiten, hätte das Auswirkungen auf ölfördernde Länder und damit den Ölpreis. Das wiederum würde neben den Benzinpreisen die Kosten etlicher Produkte nach oben treiben.

Restwerte sinken mit Preissenkungen

Bereits seit einigen Monaten zeigen steigende Zinsen ihre Wirkung. „Die Mehrheit der Leute zahlt eine monatliche Rate für ihr Auto. Mit dem Zinsanstieg steigt diese Summe“, sagte Elon Musk im Analystengespräch zu den Zahlen des dritten Quartals. „Wer sich von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck hangelt und Sorgen über die wirtschaftliche Zukunft hat, verschiebt die Kaufentscheidung über ein neues Auto.“

Neu kalkuliert
Der Autovermieter Hertz hatte bei Polestar 65.000 Elektroautos bestellt, 100.000 weitere bei Tesla. Inzwischen hat der Autovermieter die Antriebswende im Fuhrpark verlangsamt. Foto: Polestar
Neu kalkuliert
Der Autovermieter Hertz hatte bei Polestar 65.000 Elektroautos bestellt, 100.000 weitere bei Tesla. Inzwischen hat der Autovermieter die Antriebswende im Fuhrpark verlangsamt. Foto: Polestar

Die wenigsten Menschen verfügen über die volle Summe für ein E-Auto. Kredit, Leasing oder Abo sind die Alternativen. Doch genau diese Finanzierungsformen leiden unter dem Zinsanstieg. Zinsen sind die eine Seite der Medaille, Teslas Preissenkungen die andere.

Leasingunternehmen, Autovermieter und Flottenbetreiber kalkulieren mit Restwerten, wenn am Ende einer Laufzeit das Fahrzeug weiterverkauft wird. Doch mit sinkenden Preisen sinken auch die Restwerte – für alle Modelle. Das hat die Kalkulation von Autovermieter Hertz über den Haufen geworfen, genau wie die deutlich höheren Reparaturkosten bei E-Autos.

Aus beiden Gründen wurde das Ziel, bis Ende 2022 bis zu 100.000 Tesla-Fahrzeuge in die Flotte aufzunehmen, nicht realisiert. Aktuell sind gerade mal 35.000 E-Autos mit einem T auf der Haube bei Hertz in der Vermietung. Das dürfte für andere Autovermietungen ein abschreckendes Beispiel sein.

Vorübergehende Enttäuschung?

Bemüht man den Hype-Cycle der Unternehmensberatung Gartner, könnte man sagen, dass die Elektromobilität derzeit auf dem Weg ins Tal der Enttäuschungen ist. Selbst die Vorteile eines E-Autos überwiegen nicht die höheren Anschaffungskosten.

Mit einem E-Auto ist man leiser und abgasfrei unterwegs. Das Fahrzeug lässt sich als Speicher ins Stromnetz einbinden und wer Solarzellen auf dem Dach hat, produziert seinen eigenen Treibstoff. Die Early Adopter dürften ihre ersten Erfahrungen mit einem E-Auto absolviert haben. Jetzt stünde der Sprung in den Massenmarkt an, doch die Käufer zögern.

Das könnte auch psychologische Gründe haben. Die werden von Schlagzeilen in den Medien gefüttert. Brennt irgendwo ein Auto, ist sofort die Rede von einem E-Auto, auch wenn es sich hinterher anders herausstellt. Tesla steht in Grünheide in der Kritik, zu viel Wasser zu verbrauchen und damit die Versorgung von Brandenburg zu gefährden.

"Queuing" nicht ausgeschlossen
Der Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos geht in Deutschland weiter voran. Doch weil die Zahl der Fahrzeuge schneller gestiegen ist als die Zahl der Ladepunkte, kann es speziell an Wochenenden schon mal zu Staus vor der Ladesäule kommen. Foto: Paul Gärtner für EnBW
„Queuing“ nicht ausgeschlossen
Der Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos geht in Deutschland weiter voran. Doch weil die Zahl der Fahrzeuge schneller gestiegen ist als die Zahl der Ladepunkte, kann es speziell an Wochenenden schon mal zu Staus vor der Ladesäule kommen. Foto: Paul Gärtner für EnBW

Nach wie vor sind die Rohstoffe der Batterien in der Kritik, auch wenn sich die Hersteller für menschenwürdige und nachhaltige Abbaumethoden engagieren. Zudem werden diese Rohstoffe nicht verbraucht, sondern sind Teil einer Kreislaufwirtschaft. Doch die Vorbehalte halten sich hartnäckig.

Schwerer Geburtsfehler

Hinzu kommt die latente Angst, an einer Ladesäule warten zu müssen oder auf zu wenige oder defekte Ladesäulen zu treffen. Dabei geht der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur entlang der Reiserouten, in Parkhäusern und auf Parkplätzen von Einkaufszentren durchaus voran. Mit dem Deutschlandnetz engagiert sich sogar der Staat beim Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur.

Die Anzahl verfügbarer Ladepunkte dürfte viel weniger eine Hürde beim Durchbruch zum Massenmarkt sein als die Preispolitik der Betreiber. Hier liegt ein schwerwiegender und bislang nicht korrigierter Fehler der Elektromobilität. Ein Liter Benzin kostet an der Tankstelle denselben Preis, egal ob mit Girocard, Bargeld oder Kreditkarte. An der Ladesäule kostet eine Kilowattstunde derzeit zwischen 0,46 und 1,03 Euro, je nachdem, welche Ladekarte man verwendet. Das ist Autofahrern nur schwer begreiflich zu machen.

Technologieoffenheit gefordert

Zusätzlich stellen Politiker und Automanager das E-Auto mit Batterie immer wieder infrage und fordern Technologieoffenheit. Dann geht es um E-Fuels und Brennstoffzellen. Für Teilbereiche der Mobilität mögen das Alternativen sein, aber nicht für den Massenmarkt. Eine wirtschaftliche Produktion beziehungsweise der Aufbau einer Infrastruktur für E-Fuels und grünen Wasserstoff ist in Deutschland derzeit nicht in Sicht.

Man könnte fast meinen, die zögerliche Haltung gegenüber E-Autos bei Toyota, einem der weltweit größten Autohersteller, zahle sich jetzt aus. Doch das täuscht. Auch die japanische Autoindustrie bekommt den Druck günstiger Elektroautos aus chinesischer Produktion zu spüren.

Toyota versucht es schon lange mit Wasserstoff in Brennstoffzellen. Doch auch die zweite Generation des Mirai ist ein wirtschaftlicher Flop. Bei Pkw rechnet sich das Antriebskonzept einfach nicht, auch nicht für die Nutzer. Schon gar nicht, wenn für das Kilogramm Wasserstoff wie aktuell in Deutschland 13,65 Euro aufgerufen werden. Toyota hofft noch auf Nutzfahrzeuge.

Blau ist die Hoffnung 
Freunden der Brennstoffzelle bläst derzeit der Wind ins Gesicht. Hohe Wasserstoffpreise und ein schleppender Ausbau des Tankstellennetzes sorgen dafür, dass die Nachfrage nach dem Mirai hinter den Erwartungen zurückbleibt. Foto: Toyota
Blau ist die Hoffnung
Freunden der Brennstoffzelle bläst derzeit der Wind ins Gesicht. Hohe Wasserstoffpreise und ein schleppender Ausbau des Tankstellennetzes sorgen dafür, dass die Nachfrage nach dem Mirai hinter den Erwartungen zurückbleibt. Foto: Toyota

Langfristig aber wird sich das E-Auto mit seiner Kombination aus Elektromotor und Batterie durchsetzen. Und das nicht nur, weil in den Unternehmen die Investitionsentscheidungen in Ladeinfrastruktur, Batterieproduktion und E-Auto-Fertigung in großem Umfang gefallen sind.

Viele Gründe sprechen für das E-Auto. Die meisten versteht man, wenn man mal eine längere Strecke damit gefahren ist. Die übrigen hört und riecht man, wenn man an einem kalten Morgen auf dem Fahrrad an der Ampel hinter Verbrennerfahrzeugen anfährt.

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2 Kommentare

  1. Holger Wahl

    Der Abgesang auf die e-Mobilität dürfte verfrüht sein. Dass die Inflation für weniger verfügbares Einkommen sorgt, steigende Zinsen ebenso (wg. steigender Mieten und Hypothekarkosten) dürfte genauso wenig verwundern wie die Tatsache, dass ein Teil der e-Auto-Käufe der Subventionsjahre vorgezogene Käufe waren, Käufe also, die jetzt fehlen. In meinem Umfeld kaufen derzeit viele Menschen günstige, teils gebrauchte e-Fahrzeuge (Zoe, Spring etc.), um die Spritkosten zu senken, die ja ebenfalls das Budget belasten.

    Zur Hypothek für unsere europäische Industrie dürfte die Konzentration auf das obere Preissegment werden. Natürlich ist es in der Region Opel Corsa, Renault Zoe / R5 etc. noch schwieriger, den preislichen Abstand zum Verbrenner zu verkleinern, genau in diesem Segment spielen aber die laufenden Kosten auch eine wichtigere Rolle als bei Fahrzeugen, die 50k und mehr kosten.

    Wir werden eine Reduktion des Marktes insgesamt auf Grund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erleben, eine Volumensteigerung im unteren Segment, und damit eine „Normalisierung“ der Märkte.

    Neu ist einzig die Konkurrenz aus China, und die müsste uns mehr Sorgen machen als alles andere: hier kommen die Volumenprodukte, mit denen wir in den letzten 100 Jahren unsere Brötchen verdient haben (Käfer, Golf, Kadett, R4, R5 …). Dass wir uns in diesem Segment die Butter aktuell vom Brot nehmen lassen, das dürfte langfristig grössere Auswirkungen haben als die konjunkturellen ups and downs, die alle Nationen betreffen.

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  2. Matthias Kerner

    Die Prämien der THG-Quote sind stark unter Druck geraten, das stimmt. Auch daran erkennbar, dass das hier im Artikel verlinkte Unternehmen leider Insolvenz anmelden und den Betrieb dauerhaft einstellen musste. Anbieter wie http://www.emovy.de nehmen für 2023 noch Anträge bis 14. November entgegen.

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