Ein paradoxer Beschluss ohne Mehrheit

In Absprache mit der Hausverwaltung wurde schließlich doch keine IG E-Mobilität gegründet. Stattdessen sollten sämtliche Vorgaben mit einem einfachen Beschluss abgedeckt werden. Die ungewöhnliche Prämisse in diesem Fall: Die WEG darf den Beschluss im Grunde nicht ablehnen, da die interessierten Eigentümer einen Rechtsanspruch auf die Wallbox haben.

Doch es gab dabei mehrere Fallstricke: Im Falle einer doppelt qualifizierten Mehrheit (zwei Drittel der Stimmen und mehr als die Hälfte der Eigentumsanteile) hätten alle Eigentümer die Infrastruktur mitfinanzieren müssen. Zudem war keine Möglichkeit vorgesehen, sich aus Solidarität an der Infrastruktur zu beteiligen, aber mangels Elektroauto noch keine laufenden Kosten tragen zu müssen. Diese sind mit 60 Euro im Jahr zwar nicht sehr hoch, aber natürlich verzichtbar.

Brandgefahr spielte nur untergeordnete Rolle

Das heißt: Für den Beschluss durften nur diejenigen Eigentümer stimmen, die sich an der Finanzierung beteiligen und möglichst bald eine Wallbox nutzen wollten. Daher gab es für den Beschluss wie erwartet keine Mehrheit. Was aber dessen Umsetzung keinen Abbruch tat. Ob das rechtlich sauber war, sei dahingestellt. Prinzipielle Bedenken gegen die Elektrifizierung gab es ohnehin nicht. Wobei: Das Thema Brandgefahr hat uns durchaus beschäftigt. Allerdings gab es keine Veranlassung, ein zusätzliches Brandschutzkonzept zu erstellen.

Nach dem Beschluss konnte es endlich losgehen. Zunächst hieß es, die gesamte Installation könne in zwei bis drei Monaten fertiggestellt werden. Das ließ die KfW-Förderung in greifbare Nähe rücken. Zwar war die Auswahl an lieferbaren Wallboxen zum damaligen Zeitpunkt gering, doch die angebotene Alfen Eve Single S-Line erfüllte alle Förderbedingungen und gehörte mit rund 800 Euro eher zu den günstigen Geräten.

KfW lehnt erste Rechnungen ab

Doch 2022 wäre nicht 2022 gewesen, wenn die Nachwehen von Corona, der Handwerkermangel und die Lieferprobleme sich nicht bemerkbar gemacht hätten. Erst drei Monate nach dem Beschluss kam es zu einer Ortsbegehung mit Verwaltung und Elektroinstallateur. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle Eigentümer ihren vollen Anteil an den gesamten Kosten schon überweisen müssen. Denn eine Hausverwaltung kann mit solchen Projekten nicht finanziell in Vorleistung treten.

Wer glaubte, mit den nun vorliegenden Rechnungen von fast 4.000 Euro die KfW-Förderung zu erhalten, wurde aber schnell eines Besseren belehrt. Nach dem Hochladen der Unterlagen erhielt man in der Regel nach ein bis zwei Tagen eine Antwort. Eine typische Ablehnung lautete: „Angebote, Auftragsbestätigungen oder Abschlags- und Teilrechnungen können als Nachweis für die Durchführung der Maßnahmen nicht akzeptiert werden. Sobald die Schlussrechnung für Ihr Vorhaben erstellt wurde, laden Sie diese auf dem KfW-Zuschussportal hoch.“

Viele Antragsteller gingen leer aus

Was der KfW nicht klar war: Als Eigentümer erhält man keine Schlussrechnung. Maximal ist noch eine Nachforderung zu erwarten, doch die Verwaltung hatte ohnehin einen 10-prozentigen Puffer aufgeschlagen. Das war der KfW nicht leicht zu vermitteln. Das ganze Förderprogramm schien völlig auf Eigenheimbesitzer zugeschnitten gewesen zu sein.

Immerhin verlängerte sich die Einreichfrist bei jeder Ablehnung um einen Monat. Beim zweiten Versuch bemängelte die KfW, dass der Wallbox-Typ nicht angegeben worden sei. Bei einer telefonischen Nachfrage stellte sich heraus, dass nach dem zweiten Hochladen etliche Dokumente nicht mehr vorhanden waren. Das sei schon häufiger passiert, liege aber ganz bestimmt nicht am KfW-Portal, sagte der Mitarbeiter. Beim dritten Versuch fehlte dann plötzlich der Nachweis des Installateurbetriebs. Der vierte und letzte Versuch war am Ende erfolgreich.

Bei vielen Antragstellern blieb es jedoch bei einer Ablehnung. Nach Auswertung des Förderprogramms durch die Nationale Organisation Wasserstoff- & Brennstoffzellentechnologie (NOW) stellte sich heraus, dass von 974.449 beantragten Ladepunkten am Ende 689.980 gefördert wurden. Damit wurden 284.469 Wallboxen nicht vom Staat bezuschusst. Der Anteil von Wallboxen in Tiefgaragen lag nur bei 2,4 Prozent. Kein Wunder, wenn man sich das aufwendige Prozedere vor Augen führt.

Nach der Tiefgaragenbesichtigung Ende Mai sollte die Installation dann bald losgehen. Eigentlich.

Geht es jetzt endlich los? Das erfahren Sie im dritten Teil.

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