Wie kommt der Strom in die Tiefgarage? Diese Frage haben wir schon im April 2017 zu beantworten versucht. Rund sechs Jahre später hängt am Stellplatz des Autors tatsächlich eine Ladestation – wenn auch noch ohne Strom. Seine Erfahrungen dürften exemplarisch zeigen, warum es mit der Elektromobilität nur recht langsam vorangeht. Und alles viel teurer und komplizierter als erwartet werden kann.

Immerhin: Durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2020 haben Wohnungseigentümer und Mieter einen Anspruch auf private Lademöglichkeiten in Tiefgaragen oder auf Parkplätzen erhalten. Damit war die bis dato größte Hürde auf dem Weg zur Installation einer Ladeinfrastruktur beseitigt. Doch die Umsetzung eines solchen Anspruchs ist in der Praxis alles andere als trivial.

Lastmanagement fast unverzichtbar

Denn was die Bundesnetzagentur bundesweit gegen viel Widerstand im Großen regeln will, gilt für Mehrfamilienhäuser auch im Kleinen. Wenn nach und nach immer mehr Autobesitzer ihren Stellplatz elektrifizieren wollen, reicht irgendwann der zur Verfügung stehende Strom nicht mehr aus. Es ist daher sinnvoll, von Anfang an ein System zu installieren, das skalierbar ist und am Ende sämtliche Stellplätze mit Strom versorgen kann. Das erspart kostspielige Nachrüstungen und den späteren Austausch von Kabeln, Wallboxen und Steuerungssystemen.

Doch wie sollte eine Eigentümergemeinschaft (WEG) oder ein einzelner Eigentümer am besten vorgehen? Eine Pauschalempfehlung dafür gibt nicht, da jede WEG beziehungsweise Immobilie ihre Besonderheiten aufweist. Auch in elektrotechnischer Sicht.

Lotteriespiel Wallbox-Förderung

Für die Motivation, ein solches Projekt anzugehen, hatte die frühere Bundesregierung selbst gesorgt. Pünktlich zur Gesetzesänderung startete sie ein Förderprogramm für private Wallboxen. Für jede Wallbox gab es 900 Euro, wenn die recht umfangreichen Förderbedingungen erfüllt würden.

Nun tickte die Uhr für die Interessenten: Wenn der Förderantrag gestellt und bewilligt war, musste innerhalb von neun Monaten die Wallbox hängen. Ein Lotteriespiel. Denn wer den Antrag zu früh stellte, lief Gefahr, nicht rechtzeitig fertig zu werden. Wer zu lange wartete, konnte erst recht leer ausgehen. Denn es war abzusehen, dass wegen der großen Nachfrage die Fördersumme schnell ausgeschöpft sein würde.

Langer Atem erforderlich

Doch was bei einem Eigenheimbesitzer schnell erledigt ist, erfordert bei einer WEG einen langen Atem. Vor allem der Beschluss sollte gut vorbereitet sein. Können Dienstleister und Handwerker danach nicht gleich beauftragt werden, sind monatelange Verzögerungen zu befürchten.

Sinnvoll ist auf jeden Fall, zunächst das konkrete Interesse von Eigentümern und Mietern an einer eigenen Wallbox abzufragen. Daraus ergibt sich ein erster Überblick, wie viele Parteien sich an der Planung der Anlage und der Finanzierung der Grundinstallation beteiligen könnten. Diese Einschätzung ist nicht unwichtig, um den WEG-Beschluss formulieren und herbeiführen zu können.

Einfache Ladelösung
Die Wallbox Alfen Eve Single S-line für knapp 800 Euro erfüllte alle Förderbedingungen der KfW. Foto: Friedhelm Greis
Einfache Ladelösung
Die Wallbox Alfen Eve Single S-line für knapp 800 Euro erfüllte alle Förderbedingungen der KfW. Foto: Friedhelm Greis

Im konkreten Fall zeigte sich, dass etwa 10 von 48 Eigentümern an der Installation einer Wallbox interessiert waren. Eine ausreichend große Zahl an Beteiligten ist wichtig, um bei einem Lastmanagement die erforderliche Grundinstallation finanzieren zu können. Denn die Kosten dafür können mehrere Zehntausend Euro betragen.

Wenige Monate nach der Gesetzesänderung vom 1. Dezember 2020 besprachen sich die Interessierten das erste Mal.

Grundlegende Fragen zuerst klären

Die grundsätzliche Art der Installation sollte möglichst zu Beginn des Prozesses geklärt werden, um Verzögerungen und Doppelarbeit zu vermeiden. Entscheidende Kriterien waren in unserem Fall unter anderem die Möglichkeit, aus einem großen Pool von Wallboxen auswählen und die Ladevorgänge komfortabel überwachen und abrechnen zu können.

Die größte Schwierigkeit für die interne Arbeitsgruppe bestand darin, eine rechtlich saubere Lösung für Finanzierung und Betrieb der Infrastruktur zu finden. Denn es ist problematisch, wenn ein solches Projekt zunächst nur von einem Teil der Eigentümer finanziert wird, jedoch potenziell von allen genutzt werden kann. Dabei erschien uns am sinnvollsten, wie bei vergleichbaren Projekten eine Interessengemeinschaft (IG) E-Mobilität zu gründen. Diese sollte die Ladeinfrastruktur bereitstellen.

Wie gründet man eine IG-E-Mobilität?

Doch das war leichter gesagt als getan. Leider gelang es uns nicht, einen Mustervertrag für eine solche IG aufzutreiben. Zwar stellen einige Lademanagementanbieter solche Verträge ihren Kunden zur Verfügung. Doch die stellen sie nicht für die Allgemeinheit zur Verfügung. Auch der ADAC oder andere Verbände konnten uns damals nicht weiterhelfen. Daher haben wir versucht, selbst einen Nutzungsvertrag E-Mobilität zu erstellen.

Denn inzwischen war abzusehen, dass nach den Einschränkungen der Coronapandemie wieder Eigentümerversammlungen möglich würden. Und da die Förderuhr tickte, wollten wir nicht länger als nötig warten. Daher stand nun der heikle Moment bevor, die Hausverwaltung in das ganze Vorhaben einzubinden.

Technisches und juristisches Neuland für Hausverwaltungen

Nach der Änderung des WEG-Gesetzes können Wohnungsbauunternehmen oder Hausverwaltungen das Thema Wallbox nicht mehr ignorieren. Anspruch bleibt Anspruch. Allerdings gibt es nur wenig Expertise auf dem Gebiet und noch einige rechtliche Unklarheiten. So hat das Landgericht München ein früheres Urteil kassiert, wonach Mieter ihren gesetzlichen Anspruch auf eine private Ladestelle nicht mit einem beliebigen Anbieter umsetzen dürfen.

Bevor einzelne Eigentümer oder Mieter vorpreschen und inkompatible Einzellösungen installieren, ist es sicher im Interesse der Hausverwaltung, ein langfristiges Konzept umzusetzen. Das macht es am Ende einfacher, neue Wallboxen hinzuzufügen und zu integrieren. Allerdings ist klar, dass die Betreuung einer solchen Infrastruktur auch einen höheren Verwaltungsaufwand bedeutet.

Die Tatsache, dass die Finanzierung der Infrastruktur von den Elektromobilisten übernommen wird, vereinfacht das Prozedere deutlich.

Wer dafür stimmt, bezahlt

So müssen nicht wie sonst üblich mehrere Angebote eingeholt und zur Abstimmung gestellt werden. Von den im Tutorial vorgestellten Anbietern fiel unsere Wahl auf The Mobility House. Das Münchner Unternehmen arbeitet bundesweit mit Installateuren zusammen und hat auch regionale Projektbetreuer. Der sogenannte Chargepilot ermöglicht unter anderem eine unbegrenzte Anzahl an integrierbaren Ladepunkten und eine Schieflastregelung zur vollständigen Ausnutzung des Netzanschlusses.

Um überhaupt ein konkretes Angebot zu erhalten, war eine technische Begehung erforderlich. Diese kostete inklusive eines Umsetzungskonzeptes 1.900 Euro, was mit Preisen anderer Anbieter vergleichbar ist. Deutlich günstiger war hingegen das 2017 eingeholte Angebot von Vattenfall für 75 Euro. Doch das vorgeschlagene Konzept war zum einen nicht überzeugend und wäre zum anderen wohl an der damals noch erforderlichen Einstimmigkeit gescheitert.

Gesamtkosten von mehr als 30.000 Euro

Im Herbst 2021 ging es dann endlich voran. The Mobility House erstellte in Kooperation mit einem Elektrotechnikunternehmen aus der Region ein Konzept. Dieser Auftrag erfolgte ohne WEG-Beschluss und wurde von einem Miteigentümer vorfinanziert. Das beschleunigte den Ablauf erheblich. Auf der Basis des Konzeptes erfolgte ein Angebot, über das die WEG dann abstimmen sollte. Die Kosten von knapp 33.000 Euro für die Grundinstallation samt Lademanagement waren deutlich höher als erwartet. Vattenfall hatte nur 11.600 Euro veranschlagt.

Lastmanagement muss sein
Der Schaltschrank für die Unterverteilung  kann potenziell alle Stellplätze mit Ladestrom versorgen. Foto: Friedhelm Greis
Lastmanagement muss sein
Der Schaltschrank für die Unterverteilung kann potenziell alle Stellplätze mit Ladestrom versorgen. Foto: Friedhelm Greis

Allein der Wandschrank für die Unterverteilung schlug mit mehr als 8.000 Euro zu Buche. Das Kabel mit einem Querschnitt von 70 qmm kostete mehr als 3.000 Euro. Hinzu kamen für den Anschluss der Wallbox noch individuelle Kosten zwischen 900 und 2.000 Euro, je nach Entfernung des Stellplatzes von der Unterverteilung. Einschließlich der Kosten für die Wallbox summierten sich die Ausgaben für jeden der zehn Elektroautopioniere damit auf rund 5.700 Euro.

Zusätzliche Probleme mit Doppelparkern

Wobei: Wer das Pech hat, über einen Duplex-Parker zu verfügen, muss noch tiefer in die Tasche greifen. Denn für Doppelparker ist eine spezielle Installation erforderlich. Ein weiterer Nachteil: Das Auto darf nur 2.000 kg wiegen. Dieses Gewicht wird von vielen Elektroautos überschritten. Vor allem war es gar nicht so einfach, eine technische Lösung für den beweglichen Anschluss zu finden. Der Elektriker war ohnehin nur bereit, den Strom bis zu einer Übergabebox an der Wand zu legen. Die Sache mit den beweglichen Kabeln war ihm zu heikel.

In der Zwischenzeit war in Deutschland eine neue Regierung gewählt worden und die im Wahlkampf mehrfach verlängerte KfW-Förderung endgültig ausgelaufen. Wer nicht vor dem 26. Oktober 2021 den Antrag gestellt hatte, hatte zu hoch gepokert. Für die anderen Elektroautopioniere aus der WEG würde es zeitlich eng werden. Das KfW-Förderprogramm 441 für Unternehmen ist inzwischen ebenfalls eingestellt worden.

Nach einigen weiteren Verzögerungen sollte im März 2022 der Bau der Ladeinfrastruktur beschlossen werden.

Wie es weitergeht? Das erfahren Sie hier im zweiten Teil.

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