In Japan ist es bereits gelebte Praxis. Über den CHAdeMO-Anschluss kann der mithilfe einer Solaranlage erzeugte Strom dort nicht nur problemlos in den Akkus der Elektroautos gefüllt werden. Bei Bedarf kann der im Akku gespeicherte Solarstrom über eine geeeignete Wallbox auch wieder zurück ins Hausnetz fließen. Oder auch zur Notstromversorgung eines Krankenhauses genutzt werden: Einige Städte Nippons unterstützen den Kauf eines Elektroautos, wenn sich der Besitzer bereit erklärt, im Notfall – zum Beispiel nach einem Erdbebeben – den Stromer zur Versorgung öffentlicher Einrichtungen mit Elektrizität zur Verfügung zu stellen.
E.ON-Befragung zeigt hohe Bereitschaft
Auch in Europa steigt das Interesse am sogenannten bidirektionalen Laden – also der Möglichkeit, den im Fahrzeugakku gespeicherten Strom bei Bedarf wieder auszuspeisen. Und nicht nur Politik und Energieversorger beschäftigen sich mit der Thematik. Auch Hausbesitzer erwärmen sich zunehmend für die Möglichkeit, die eigene Solaranlage auf dem Dach und das Elektroauto in der Garage zu einem Teil eines umfassenden Energie-Ökosystems zu machen. Dies geht aus einer aktuellen Umfrage von E.ON hervor.
Der Energieversorger hatte über 1500 deutsche Hausbesitzer mit Elektroauto zu ihrer Bereitschaft zum bidirektionalen Laden befragt. Das Ergebnis: Von denjenigen, die bereits eine Solaranlage auf dem Dach haben, würden 83 Prozent gerne eine solche Möglichkeit nutzen. Aber auch 74 Prozent der Hausbesitzer ohne PV-Anlage könnten sich dafür erwärmen.
Mehrheit favorisiert V2H-Lösungen
Die Befragten reizt vor allem die Möglichkeit, durch das bidirektionale Laden die Energienutzung im eigenen Haushalt zu erhöhen – also den im Autoakku gespeicherten Strom auch im Hausnetz und zum Betrieb von Heizung, Waschmaschinen oder Küchengeräten zu verwenden. Im Fachjargon sind das sogenannten Vehicle-to-Home (V2H)-Lösungen. 84 Prozent der Befragten mit Solaranlage fänden das reizvoll, aber auch 77 Prozent der Hausbesitzer, die den Strom ausschließlich aus dem öffentlichen Netz beziehen. Denn so könnte die Batterie des Elektroautos auch dann genutzt werden, wenn dieses in der Garage oder im Carport steht. Und der mit der PV-Anlage erzeugte Strom könnte überwiegend im eigenen Haus eingesetzt werden – der Strombezug aus dem Netz würde zumindest in den Sommermonaten überwiegend oder sogar komplett entfallen.
Deutlich geringer ist nach dem Ergebnis der E.ON-Befragung allerdings die Bereitschaft der Hausbesitzer, den Strom aus dem Elektroauto ins öffentliche Stromnetz einzuspeisen – zu welchen Konditionen auch immer. Nur 65 Prozent sind derzeit von der sogenannten Vehicle-to-Grid (V2G)-Lösung überzeugt. Deutlich größer war die Zustimmung zu dem Konzept mit 81 Prozent nur bei jungen Elektroauto-Fahrern im Alter zwischen 18 und 29 Jahren.
Geeignete Wallboxen und E-Autos fehlen noch
25 Prozent lehnten eine Beteiligung am „Smart Grid“ mit dem eigenen Elektroauto sogar komplett an. Eine Sorge dabei ist sicherlich, dadurch in der eigenen Mobilität eingeschränkt zu werden. Eine andere, dass durch das häufige Be- und Entladen des Akkus der Stromspeicher derart gestresst wird, dass dieser schneller altert und das Elektroauto massiv an Wert verliert.
Hinzu kommt, dass derzeit nur wenige Elektroautos überhaupt bidi-fähig sind. Fahrzeuge von Nissan, Mitsubishi oder Honda können dies dank ihres CHAdeMo-Anschlusses bereits heute. Von den Stromern mit CCS-Anschlüssen sind bislang nur der Skoda Enyaq und die Modelle ID.3 bis ID.Buzz von Volkswagen rückspeisefähig, der BYD Dolphin, der neue Polestar 3 sowie der Volvo EX90. Auch der neue Renault 5 Electric und der Renault Scenic E-Tech Electric werden dazu in der Lage sein, wenn sie im kommenden Jahr auf den Markt kommen.
Aber auch das Angebot an bidi-fähigen Ladestationen ist noch spärlich – und entsprechend kostspielig. Der Hersteller E3/DC aus Osnabrück etwa will noch in diesem Jahr 500 Geräte des Typs „Edison“ an ausgewählte Kunden für einen Feldtest ausliefern. Die nach dem Erfinder und unserem Namenspatron benannte Station wird eine Verbindung zu einem Hauskraftwerk und über ein Zusatzgerät steuern. Das klingt nicht gerade nach einer preiswerten und rentablen Lösung.