Mit riesigen Windfarmen auf hoher See, weitab von der Küste, will der koreanische Hyundai-Konzern die Energieprobleme der Welt lösen. „Um die drängendsten Herausforderungen zu lösen, vor denen die Menschheit heute steht, darunter die globale Energiekrise und der Klimawandel, müssen wir das unendliche Potenzial des Meeres nutzen“, forderte Kisun Chung, der erst 40-jähige Präsident und CEO von Hyundai Heavy Industries auf der Tech-Messe CES in Las Vegas.

In seinem Unternehmen, das die Aktivitäten von Hyundai in den Bereichen Schiffbau und Energieerzeugung bündelt, hat er dafür das Programm „Ocean Transformation“ entwickeln lassen. Dieses umfasst nicht nur den Bau von schwimmenden Windkraftanlagen mit einer Produktionskapazität von 1,5 Gigawattstunden, sondern auch die Technologien für die gesamte Logistik drumherum: Weil der so weit draußen erzeugte Windstrom nicht per Unterwasser-Kabel zu den Verbrauchern an Land transportiert werden kann, soll er vor Ort mithilfe großer Elektrolyseure in grünen Wasserstoff umgewandelt und mit vollautonom fahrenden und mit Atomkraft betriebenen Spezialschiffen an ihre Bestimmungsorte gebracht werden. HD Hyundai, wie die börsennotierte Konzernholding mittlerweile heißt, ist dazu Kooperationen unter anderem mit dem US-Konzern General Electric (GE) eingegangen.

Riesige Energie-Cluster auf hoher See

Die für die Transformation der Weltmeere zu Energie-Clustern nötigen Technologien seien heute bereits vorhanden oder stünden kurz vor der Industrialisierung, warb der Konzernchef – auch wenn manches in seiner Präsentation nach Science Fiction wirkte. Wie beispielsweise die voll autonom fahrenden und komplett umbenannten Hochsee-Tanker für den Transport von Wasserstoff oder dem daraus gewonnenen Methanol oder Ammoniak. Für einen effizienten Betrieb aerodynamisch optimiert, angetrieben entweder von Festoxid-Brennstoffzellen oder einer neuen Generation von kompakten Atomreaktoren, den so genannten „Small Modular Reactors“ (SMR).

Tanker mit Hybridantrieb 
Mithilfe der Windkraft und von so genannten Hi-Rotoren an Deck will Hyundai Tanker in Zukunft streckenweise fahren lassen. Den Hauptantrieb übernehmen Dieselmotoren, die mit Flüssig-Erdgas betrieben werden - oder kleine Atomreaktoren.
Tanker mit Hybridantrieb
Mithilfe der Windkraft und von so genannten Hi-Rotoren an Deck will Hyundai Tanker in Zukunft streckenweise fahren lassen. Den Hauptantrieb übernehmen Dieselmotoren, die mit Flüssig-Erdgas betrieben werden – oder kleine Atomreaktoren.

Unterstützt werden sollen die Antriebe der riesigen, mehre hundert Meter langen Schiffe auf der Langstrecke entweder durch Windkraft. In Form von aufblasbaren Flügelsegel-System oder den von Hyundai entwickelten und patentierten Hi-Rotoren – rotierende Zylinder, die sich den so genannten Magnus-Effekt zunutze machen. Der Magnus-Effekt beschreibt die Wirkung einer Querkraft, die ein rotierender runder Körper in einer Strömung erfährt.

Giga-Windmühlen von GE

Aber zunächst gilt es, die Windparks zu errichten. Auf schwimmenden Plattformen mitten auf dem Atlantik oder im Pazifik, dort, wo der Wind beständig wie kräftig bläst – und sich niemand Gedanken über Abstandsregeln zu Wohngebieten machen muss. Hyundai hat dafür das Geschäftsfeld „Ocean Energy“ gegründet und sich mit GE zusammengetan. Jede der Anlagen soll im Jahr 1,5 Gigawatt (GW) Strom erzeugen.

GE Renewable Energy setzt dabei auf Heliade-X, die mit 14,7 Megawatt Leistung derzeit stärkste Offshore-Windturbine der Welt. Sie ergänze sich perfekt mit der Festoxid-Brennstoffzelle (Solid Oxid Fuel Cell, SOFC), die HD Hyundai gerade unter anderem in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS) in Dresden zur Serienreifen entwickelt. Ab 2025 soll diese zur Verfügung stehen um beispielsweise den auf See erzeugten Wasserstoff an Land mit einem Wirkungsgrad von 85 Prozent zurück in elektrischen Strom zu verwandeln.

Windkraft-Gigant 
Mit einer Leistung von 14,7 Megawatt zählt die Offshore-Windturbine Heliade-X von General Electric zu den stärksten ihrer Art.
Windkraft-Gigant
Mit einer Leistung von 14,7 Megawatt zählt die Offshore-Windturbine Heliade-X von General Electric zu den stärksten ihrer Art.

„Unsere beiden Unternehmen ergänzen sich perfekt“, zeigte sich Jan Kjaersgaard, der dänische CEO von GE Renewable, von der Kooperation mit HD Hyundai und der „Ocean Transformation“-Strategy überzeugt. Gemeinsam könne man ein Wasserstoff-Ökosystem schaffen, um die Energieprobleme in allen Ländern der Welt zu lösen. Und das in kürzester Zeit. Kjaersgaard hält es für möglich, schon im Jahr 2030 rund 200 GW Energie auf den Ozeanen zu erzeugen.

Suche nach geeigneten Standorten

Jetzt müssen nur noch die passenden Standorte für die Windparks gefunden werden – und einer in Südkorea zur Fertigung der schwimmenden Kraftwerke. Beides soll noch in diesem Jahr entschieden werden. HD Hyundai-Chef Chung nannte das Projekt bereits historisch und sparte nicht in seiner Präsentation nicht an pathetischen Worten: „Wir leisten Pionierarbeit für ein neues Zeitalter der Entdeckungen. Wir verwandeln die Bedeutung der Ozeane für unser Leben vollständig, von weithin unbekannten Horizonten und bloßen Entfernungen zwischen unseren Häfen in ein neues Reich für die Menschheit.“ Mal schauen, was davon bis 2030 übrig bleibt.

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