Die Entwicklung der Strompreise kennt in Deutschland derzeit nur eine Richtung: nach oben. Kostete die Kilowattstunde (kWh) Strom Privatkunden 2021 durchschnittlich 32,16 Cent, waren nach den Erhebungen des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) Ende April 2023 bereits fast 47 Cent pro kWh zu entrichten. Und obwohl die EEG-Umlage von zuletzt 3,7 Cent auf der Stromrechnung inzwischen weggefallen ist, dürfte so bald keine Entspannung an der Preisfront eintreten. Da hilft entweder nur Sparen – oder den Strom als Hausbesitzer selbst zu produzieren.

Montage von Solarmodulen auf einem Hausdach
Montage von Solarmodulen auf einem Hausdach
Viele Handwerksbetriebe sind derzeit auf Monate hinaus ausgebucht. Zudem gibt es lange Lieferzeiten bei Solarpanelen, die zum größten Teil aus China zu uns kommen. Foto: Solarwatt

Kein Wunder, dass Photovoltaik-Anlagen hierzulande derzeit so gefragt sind wie lange nicht mehr. Nach einer Umfrage des Hamburger Marktforschungsinstituts Appino wollen 25 Prozent der deutschen Hauseigentümer in diesem Jahr in eine Photovoltaikanlage investieren, um von den großen Energieversorgern unabhängiger zu werden – und mittelfristig Geld zu sparen: Selbst produzierter Sonnenstrom kostet aktuell nur etwa sieben Cent pro Kilowattstunde. 

Würden die Befragten tatsächlich alle Solarpanele auf ihrem Dach installieren, würden rund 3,5 Millionen neue Anlagen entstehen. Das wäre fast eine Verdreifachung des aktuellen Bestandes. Und das Potenzial ist noch viel größer: Nach einer Schätzung des Bonner EUPD-Instituts sind in Deutschland rund 11,7 Millionen Ein- und Zweifamilienhäusern für die Montage einer PV-Anlage gut bis sehr gut geeignet.

Viele Hausbesitzer sind überfordert

Das Problem ist nur: Viele Hausbesitzer sind mit der Thematik überfordert, wissen nicht, wo sie mit der Planung anfangen sollen. Wie gut steht das eigene Haus in der Sonne? Wie viele Solarmodule passen auf das Dach – und wie viel Sonnenstrom lässt sich damit produzieren? Und, vor allem: Was kostet der Spaß und wer kann die Anlage in absehbarer Zeit installieren? Viele Handwerksbetriebe sind derzeit über Monate hinweg ausgebucht, reagieren zum Teil schon nicht mehr auf Anfragen neuer Kunden.

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Der ehemalige Innogy-Manager und frühere Unternehmensberater Tim Rosengart plagte sich mit Fragen schon vor drei Jahren – als seine Eltern im Rheinland den Entschluss fassten, ihr Haus mit selbst erzeugtem Strom zu versorgen. Dabei merkte Rosengart schnell, wie kompliziert und manchmal auch zeitaufwändig der Weg in die Energie-Unabhängigkeit sein kann. „Viele wissen, wie man Immobilien oder Autos kauft. Bei Solaranlagen fehlen die Erfahrungswerte.”

KI ermittelt Bedarf an Solarpanels

Rosengart kniete sich über Wochen hinweg in das Thema hinein, holte viele Angebote ein und beschaffte schließlich für das Elternhaus preisgünstig eine passende PV-Anlage. Und dabei kam ihm auch eine Geschäftsidee: Für eine Vergleichsplattform zum Thema könnte es sowohl auf Seiten des Handwerks als auch bei Hausbesitzern großes Interesse geben. Daraus entstand im 2019 Selfmade Energy, eine Art “Check24” für Solaranlagen. Module für die Solarthermie, also die Erzeugung von Warmwasser, sind nicht im Angebot. Dafür aber Batteriespeicher für die Pufferung des Sonnenstroms im Haus.

Montage von Solarmodulen auf einem Hausdach Über die Plattform Selfmade Energy können Hausbesitzer ermitteln, wie viel Sonnenstrom sie mit PV-Modulen gewinnen können - und was die Anlage kostet. Solarenergie

Wer sich für eine PV-Anlage interessiert, gibt hier im ersten Schritt seinen Standort und den aktuellen Strombedarf ein. Mithilfe von Google Earth, dem Solarkataster – über den inzwischen die meisten Kommunen in Deutschland verfügen – sowie mit der Unterstützung durch Künstliche Intelligenz ermittelt die Plattform dann die Anzahl der nötigen Solarmodule – und ob die Dachflächen den nötigen Platz hergeben.

Wie viel Strom-Autarkie ist überhaupt möglich?

Interessenten erfahren zudem, wie groß die Autarkie ist, die mit der PV-Anlage erzielt wird und wie viel CO2 sich damit einsparen lässt. Vor allem aber erhält er in kürzester Zeit detaillierte Angebote von Fachbetrieben, wenn er im nächsten Schritt seine E-Mail-Adresse hinterlässt. Ohne dass eine Ortsbesichtigung stattfindet.

Die Idee ist gut angekommen. Über 50.000 Hausbesitzer haben die Plattform inzwischen genutzt. Und seit Beginn des Ukraine-Krieges und seit der dadurch ausgelösten Preisexplosion auf dem Energiemarkt haben sich die Zugriffszahlen vervierfacht. „Das Thema ist jetzt sehr präsent“, freut sich Rosengart, der mittlerweile fünf feste und mehrere freie Mitarbeiter beschäftigt: Für jedes ausgespielte Angebot erhalten die Betreiber der Plattform von den Handwerksbetrieben eine kleine Pauschale.

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