Nein, auch der Elektromobilist wird künftig weiter ohne die Hilfe eines freundlichen Tankwarts auskommen müssen. Das Rad der Selbstbedienung wird sich wohl nicht mehr zurückdrehen lassen. Aber an der ersten Schnellladesäulen von Aral, die der Tankstellenbetreiber dieser Tage im Bochumer Norden direkt an der Auffahrt zur A43 in Betrieb genommen hat, muss der Fahrer nicht mal zur Kasse im Shop. Er zahlt direkt an der Säule per Ladekarte oder mobil übers Smartphone. Ob das gut für den Absatz von Schokoriegeln und Apfelschorle ist, an denen der Kunde früher zu Verbrennerzeiten vorbeimusste, wird sich zeigen.

So wie Aral bereiten sich auch andere große Mineralölkonzerne wie Shell und Total auf die neue Mobilitätswelt vor. Sie müssen damit rechnen, dass sie künftig weniger Benzin und Diesel verkaufen werden, wenn der Anteil an Stromern am Fahrzeugbestand kräftig zunimmt. Aber auch Motoröl oder Adblue (sprich Harnstoff) für den Pipi-Kat des Selbstzünders wird dann weniger gefragt sein.

Damit nicht noch mehr Stationen verschwinden – rund ein Fünftel schlossen in den vergangenen 25 Jahren, verblieben sind nicht ganz 14.460 -, suchen Tankstellenpächter und Ölkonzerne nach neuen Einnahmequellen. Paketshops und -stationen tauchen daher immer häufiger an den Tanken auf. Aber in Zukunft könnten sie auch die Wartung von Carsharing-Autos übernehmen oder Landeplätze für Flugtaxis bieten.

Die Tankstelle wird bis zum Jahr 2040 zu einer Drehscheibe der Mobilität. Sprit gibt es auch weiterhin, neben Strom und Wasserstoff. Dass wir in Zukunft nur noch elektrisch fahren, ist noch keineswegs ausgemacht, sagen Verkehrsforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in einer Studie - die sie im Auftrag der Aral verfassten. Verkehr

Aral setzt auf ultraschnelles Laden

Bis es soweit ist, wird es aber noch dauern. Viel schneller lässt sich Umsatz mit dem Laden von Elektroautos erzielen, zumal der Staat das Errichten der Säulen kräftig fördert. Aral tastet sich vorsichtig an das Geschäft heran und will erst einmal neben Bochum demnächst noch an vier weiteren Stationen in Deutschland Erfahrung sammeln mit dem Bau der Säulen, den Ansprüchen an die Stromversorgung und der Abrechnung.

Immerhin setzt die BP-Tochter, mit in Deutschland Marktführer, auf vergleichsweise leistungsstarke Ladetechnik. 160 Kilowatt (kW) schafft die Säule heute, sie ist auf bis zu 320 kW aufrüstbar – mehr als heute die Elektroautos ihren Akkus zumuten können. Wenn dann derartiges Turboladen demnächst beispielsweise mit dem neuen Porsche Taycan möglich wird, muss der E-Fahrer nur wenige Minuten warten, bis er wieder ordentlich Reichweite im Akku hat. Wir können „eine ideale Anlaufstelle für Elektroautofahrer sein, vorausgesetzt das Laden geschieht ähnlich schnell wie das Tanken flüssiger Kraftstoffe“, begründet Aral-Vorstand Patrick Wendeler die Investition in ultraschnelle Ladetechnik. In Bochum hat er aber auch noch zwei Wechselstrom-Ladepunkte mit je 22 kW aufstellen lassen – für die Fahrer der Renault Zoe etwa oder von Plug-in-Hybriden.

Noch völlig abstinent sind derzeit die Jet-Tankstellen in Sachen Elektromobilität, gemessen am Kraftstoffabsatz die Nummer 3 in Deutschland. Das Management prüfe aktuell, ob und wie es Ladesäulen sinnvoll ins Geschäftskonzept integrieren könnte, heißt es auf Anfrage aus der Hamburger Zentrale.

Shell und Total verkaufen spezielle Schmierstoffe für Stromer

Dagegen zeigt sich Shell – dicht hinter Aral auf Platz 2 im Markt – wesentlich ehrgeiziger: Vor kurzem kündigte der niederländisch-britische Konzern an, 50 Schnelllader in Deutschland mit meist je zwei Gleichstrom- und einem Wechselstrom-Anschluss zu errichten. Dazu arbeitet das Unternehmen mit dem Energieversorger EnBW aus Baden-Württemberg zusammen, der auch sicherstellt, dass es an den Ladesäulen nur Ökostrom gibt. Die können zwei Fahrzeuge gleichzeitig mit 150 kW versorgen oder eins mit 300 kW. „Die ersten 50 Stationen sind nur der Anfang“, verspricht Jan Toschka, Chef des Shell-Tankstellengeschäftes in Deutschland. Darüber hinaus hat der Konzern den niederländischen Ladesäulen-Anbieter New Motion 2017 übernommen und sich am deutschen Anbieter Ionity beteiligt, hinter dem viele deutsche Autokonzerne stecken.

Shell investiert aber noch auf andere Weise in die Elektromobilität: Der Mineralölriese hat jetzt spezielle Kühl- und Schmierstoffe speziell für Stromer ins Programm genommen. Die setzen die Autobauer ab Werk ein und sollen die Fahrzeuge effizienter machen. Es geht dabei um Getriebeöle, Kühlöle für die Akkuzellen, die sich beim schnellen Be- und Entladen stark erhitzen können, und Fette für die Schmierung etwa von Kugellagern.

Maßgeschneiderte Schmierstoffe für E-Autos und -Nutzfahrzeuge bietet auch der französische Rivale Total an, die Nummer 4 im deutschen Tankstellen-Markt. Und errichtet auch fleißig Ladesäulen an den Stationen. An rund zwei Dutzend Stationen können Elektromobilisten schon heute laden, ein weiteres Dutzend von Schnellladesäulen mit 150 kW Leistung sollen noch dieses Jahr folgen und an einigen Autohöfen haben die Pächter in Eigenregie Ladepunkte installiert. Insgesamt 60 sollen es innerhalb der kommenden drei Jahre in Deutschland werden, erklärt die Berliner Zentrale. Und Total will über seine Tochtergesellschaft Saft sogar gemeinsam mit PSA (Peugeot, Citroen, Opel) Akkuzellen in Europa fertigen – möglicherweise in Deutschland.

Übrigens haben Aral, Shell und Total auch eigene Ladekarten im Programm, die Geschäftskunden Zugang zu den jeweils eigenen, aber auch den Netzwerken von Betreibern fremder Ladesäulen gewähren. Ein wichtiges Angebot für Flottenbetreiber.

Schließlich bieten Shell und Total an einigen Stationen zusätzlich Wasserstoff für Brennstoffzellen-Fahrzeuge wie den Toyota Mirai oder den Hyundai Nexo an. Bund und EU fördern den Bau der Zapfstellen über die Initiative H2 Mobility – an der sich Aral allerdings bisher noch nicht beteiligt hat.

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