Fahrerisch, so unser Eindruck nach gut einer Stunde und 60 Testkilometern auf kurvigen Landstraßen im Münchner Hinterland, erkennen wir keine großen Unterschiede zum Enyaq mit dem geraden Dach. Das heckgetriebene Coupé (zum Antrieb gleich mehr) geht mit der bemerkenswert straffen Lenkung gut und sauber um alle Ecken, die Federung ist manierlich, und dieses erstaunlich niedrige Innengeräusch kennen wir sonst nur aus der Oberklasse. Uns gefällt auch, dass der Wählhebel fürs Eingang-Getriebe griffgünstig in der Mittelkonsole sitzt – und nicht so versteckt hinterm Lenkrad wie bei VW ID.4 und dem Schwestermodell ID.5. Praktisch auch die Schaltwippen zum Einstellen der Rekuperationsstufen, die soliden Türgriffe, die seitlich weich gepolsterte Mittelkonsole (ideal fürs Anlehnen langer Beine) und die breite, höhenverstellbare Mittelarmlehne.

Lob auch für den Ausstiegswarner, der in einer Entfernung von bis zu 35 Metern sämtliche nahenden Fahrzeuge, Radfahrer, Jogger oder Fußgänger mit Einkaufswagen erkennt und dann sofort Alarm schlägt, wenn man die Tür öffnet. Und automatisch bremst. Andererseits muss an dieser Stelle auch ehrlich gesagt werden, dass hier, typisch Coupé, die Sicht nach hinten, nun ja, etwas eingeschränkt ist. Ohne das scharfe Bild der Rückfahrkamera wäre enges Rangieren, Stichwort Supermarkt-Parkplatz (im Feierabendgewusel!), ein lustiges Roulette mit ungewissem Ausgang.

Bei 160 km/h endet der Vortrieb

Und logisch, auch im Coupe-Ableger glänzt Skoda mit diesen „Simply-Clever-Details“, die in dieser Fülle bis heute kaum jemand in der Branche bietet. Das Regenschirmfach (mit Wasserablauf) in der Fahrertür, die sichernden Cargo-Elemente für Kofferraum-Krims, die Doppeltasche (die kleine fürs Smartphone) an der Rückseite der Vordersitze, die Flaschenhalter (bis 1,5 Liter) in den Vordertüren oder die genialen Schlafkopfstützen (inklusive Decke!), die es gegen Aufpreis für die äußeren Rücksitze gibt. Da muss erst mal einer drauf kommen.

Was ein bisschen stört? Die manchmal etwas verständnislose Sprachsteuerung des Enyaq oder die fipsig kleinen Anzeigen des Fahrerdisplays. Und der immerhin 13 Zoll große Touchscreen oberhalb der Mittelkonsole hat zwar eine clevere Grafik als die der VW ID.-Modelle. Und er zeigt auch durchaus zügige Reaktionen. Ist aber vom Speed her noch kein Überflieger. Wobei Skoda, wie wir in München hören, permanent an der Verbesserung der Software feilt. „Zum Beispiel ersetzen wir im Fahrerdisplay die bemängelte kleine Balkenanzeige für den Ladezustand der Batterie durch eine Prozentanzeige“, verrät Kosyna. „Wir hören nämlich auf die Diskussionen und Meinungen unserer Kunden in den Internetforen.“

Elektro-Coupés auf Kolonnenfahrt
Mit der 82 kWh-Batterie stromert das Skoda Enyaq Coupé im Idealfall über 500 Kilometer weit. Fotos: Skoda

Inzwischen haben wir längst registriert, dass es im Testwagen ziemlich zügig vorangeht, denn wir sitzen in genau der Version, die beim normalen Enyaq die meistverkaufte ist. Ergo im iV 80 mit der Leistung von 150 kW (204 PS), im Zusammenspiel mit der großen, knapp 500 Kilo schweren 82-kWh-Batterie. Diese Kombi reicht eigentlich für alle gängigen Lebenslagen, zumal das Coupé speziell bei Zwischensprints erfrischend locker aus der Hüfte kommt. Bis Tempo Hundert dauert es laut Werksangabe 8,7 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei elektronisch abgeregelten 160 km/h. Ein Skoda ist eben kein Porsche.

Falls mal jemand fragen sollte: Die selbst für Skoda-Verhältnisse etwas magere Enyaq-Basismotorisierung von 109 kW (148 PS) wird im Coupé gar nicht erst angeboten. Ist auch nicht geplant. Einstiegsmodell ist gleich der Hecktriebler iV 60 mit 62-kWh-Batterie (netto 58 kWh) und einem 132 kW (180 PS) starken Elektromotor.

Allradversion Enyaq 80x mit 195 kW Leistung

Topmodell hingegen ist der 80x mit Allradantrieb, der zusätzlich zum im Enyaq gängigen E-Motor an der Hinterachse mit einer zweiten 80-kW-Maschine an der Vorderachse ballert, was erstens den reaktionsschnellen elektrischen Allradantrieb und zweitens in der Leistungssumme ordentliche 195 kW (265 PS) bringt. Und natürlich einen etwas höheren Stromverbrauch.

An dieser Stelle dürften sich aufgeregt die Fanboys (und Girls) von VW und Audi melden und süffisant anmerken, dass es die Topmodelle der Plattformbrüder Audi Q4 Sportback e-tron und VW ID.5 GTX mit 220 kW Spitzenleistung, also 299 PS, gibt. Obwohl aufmerksame Leser des Kleingedruckten natürlich wissen, dass diese versprochenen 299 PS nur für 30 Sekunden anliegen. Auch nur dann, wenn die Batterie zu 88 Prozent geladen ist und die Außentemperatur nicht unter 23 Grad fällt. Klingt ein bisschen nach Mogelpackung, und diese Muskelspiele machen die Tschechen im Enyaq Coupé erst einmal nicht mit.

RS-Version bis zu 180 km/h schnell

Erst einmal, denn noch 2022 wird fürs Coupe auch eine RS-Version vorgestellt, Skodas sportliche Speerspitze in fast allen Baureihen. Und da finden sich dann, man ahnt es, neben einer nochmals verschärften Designlinie, üppigem Carbon-Schmuck und Sportsitzen auch die zusätzlichen 25 kW Leistung. Vielleicht gibt es sogar noch etwas mehr Power, deutet ein Techniker an. Und keine Angst, liebe Autobahnhektiker, hier gibt es denn auch die höhere Spitze von 180 km/h.

Der VW ID.4 verfügt in der GTX-Version serienmäßig über Allradantrieb und über deutlich mehr Power. Nur an der Ladesäule schwächelt er. Elektroauto

Zurück zur Testfahrt, auf der wir stressfrei im üblichen Vormittagsverkehr mitschwimmen. Den Schalthebel fast ausschließlich in der Position »B« für den Rekuperations-Modus, in dem die Motoren beim Bremsen oder Dahinrollen (also im Schiebebetrieb) zu Generatoren werden, und Strom in die Batterie zurückspeisen. Positiver Nebeneffekt: Diese elektrische Bremserei, die mit bis zu 0,3 g verzögert (rund 100 kW Rekuperationsleistung), soll im Skoda (wie in VW ID.4 und 5) mehr als 90 Prozent aller Bremsmanöver im Alltag abdecken. Funktioniert hier relativ unauffällig, bremst allerdings nicht bis zum Stand. Nix mit One-Pedal-Driving.

Durchschnittsverbrauch von 15,3 kWh auf der Testfahrt

Die äußeren Bedingungen in Bayern? Heute geradezu ideal. Glatte Pisten, viel Sonnenschein und batteriefreundliche Temperaturen oberhalb von 20 Grad Celsius. Und der Stromverbrauch? Vorbildlich niedrig, denn wir sind, trotz etlicher Zwischensprints für die Fotografen, im Schnitt mit lediglich 15,3 kWh unterwegs. Und wären, kurz hochgerechnet, mit diesem Fahrstil also gut 510 Kilometer weit gekommen.

Wer mit dem Enyaq hauptsächlich in städtischen Großräumen herumkutschen würde, dürfte sogar die angesagten 535 Kilometer knacken, prophezeit Kosyna fröhlich. Ein E-Überzeugungstäter, der mit seiner vierköpfigen Familie im normalen 80er Enyaq gerade über 8820 Kilometer Richtung Spanien unterwegs war. Auf dem Dach gestapelte sechs Surfboards, an der Hängerkupplung noch einen kleinen Wohnwagen. „Alle waren erst skeptisch, aber wir hatten unterwegs nie Probleme“, erzählt er grinsend.

Nette Armlehne
Autor Wolfgang Eschment mit dem Enyaq Coupé beim kurzen Stopp im E.On-Ladepark Fürholzen an der A9 bei Freising.

Zack, aber nun taucht natürlich die Frage nach der Ladeleistung auf. Tja, auch das Coupé kann den Strom an der Schnellladesäule offiziell nur mit maximal 125 kW bunkern. Wobei die aktuelle Software bereits 130 kW hergibt, erfahren wir. Egal, die Kaffee-, Toiletten- und Beinevertreten-Pause an der Ladestation müsste, um die große Batterie von 10 auf wenigstens 80 Prozent zu bringen, mindestens zwischen 32 und 38 Minuten dauern. Manch einer wird da schon zappelig.

Die Ladeleistung steigt auf 170 kW

Tatsächlich sind diese 125 kW nicht berauschend. Ein Mercedes EQC lädt mit 110 kW zwar noch langsamer, ein BMW iX3 mit 150 kW nicht viel schneller. Aber neue E-Modelle wie der Kia EV6 oder der Hyundai Ionic 5 laden dramatisch schneller. Andererseits: Die Koreaner verbrauchen unterwegs mehr Strom. Und Skoda, so haben wir gerade gehört, wird die ganze Angelegenheit mit der Einführung der neuen ME3-Software zum Verkaufsstart des Coupes spürbar beschleunigen. Wobei die genannten deutschen Plattform-Brüder von VW und Audi zum Jahresende den Vortritt kriegen.

Aktueller Stand: Die Konzerntechniker können mit der neuen Software schon jetzt eine maximale Ladeleistung von 150 kW sicher garantieren, zumal die Batteriekühlung ohnehin deutlich mehr verträgt und die aktuelle Ladekurve, bildlich gesehen, in der Spitze noch beschnitten ist. Das interne Ziel liegt aber 170 kW und dürfte nach Meinung der Ingenieure wohl auch erreicht werden. Parallel dazu ist beim 82-kWh-Akku ein Wechsel des Zulieferers geplant — vom koreanischen LG Chem-Konzern zum chinesischen Batterieriesen CATL. Was womöglich auch bei der Reichweite noch ein paar Vorteile bringen könnte.

„Crystal Face“ gegen Aufpreis

Fehlt noch das Thema Ausstattung. Was im Coupé so inklusive ist? Die 19 Zoll großen Leichtmetallräder, die Zwei-Zonen-Klimaautomatik, der Tempomat, piepsende Parksensoren, die Rückfahrkamera (im iV 80), die kuschlige Ambientebeleuchtung, das beheizbare Lederlenkrad, USB-Anschlüsse, der digitale Radioempfang nebst acht Lautsprechern, das schlüssellose Zugangssystem „Kessy Go“ sowie diverse Fahrerassistenzsysteme — von der Verkehrszeichen-Erkennung bis zum Abbiegeassistenten.

Gegen Aufpreis gibt es für den Stromer noch so ziemlich alles, was gut und teuer ist. Leichtmetallräder bis zum 21-Zoll-Format, ein adaptives Fahrwerk (DCC im „Drive Sport Plus-Paket“), vollautomatische LED-Matrix-Scheinwerfer oder ein Head-up-Display, das alle Navi- und Unterwegsinfos direkt ins Sichtfeld des Fahrers projiziert. Oder das Fahrassistenz-Paket Plus, das neben dem adaptiven Spurhalter, der selbst in Baustellen funktionieren soll, auch den nervenschonenden Stauassistenten enthält, der den Wagen in den Kolonnen immer hübsch mittrudeln läßt. Der größte Gag ist das glitzernde »Crystal Face«, das mit 131 LEDs die vertikalen Rippen und die horizontale Leiste des Skoda-Grills beleuchtet. Fehlt zu Weihnachten nur noch ein bisschen Lametta.

Etwa 2000 Euro Coupé-Aufschlag

Für die Wärmepumpe, die im Winter die Batterie glücklich macht, müssten wir allerdings happige 1150 Euro hinlegen. Genau, das bringt uns schnell zum Finanziellen dieses Schönlings. Der Coupé-Aufschlag des Enyaq dürfte im Schnitt locker bei 2000 Euro liegen, die Einstiegsversion würde (exklusive Förderung) also mindestens 40.000 Euro kosten. Fürs vierradgetriebene Topmodell 80x wären dann um die 50.000 Euro fällig. Sie sagen es, die Zeiten, in denen so ein toller Skoda richtig günstig zu haben war, sind definitiv vorbei.

Ab zur finalen Pflichtfrage. Warum sollten potentielle Kunden dieses Coupé, das von der praktischen Seite keine weltbewegenden Vorteile gegenüber dem normalen Enyaq bietet, nun eigentlich kaufen? Ganz einfach, ist ein emotionales Ding. Weil es einfach den entscheidenden Tick besser aussieht. Wetten, dass das funktioniert?

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