Die Zeiten des fast unendlichen Individualismus sind beim Automobil wohl vorbei. Statt langer Ausstattungslisten und dazugehörigen Details, die beim VW-Konzern die Gleichteilestrategie möglichst gut verschleiern sollten, kommen bei den ID-Modellen die gleichen Bauteile deutlich erkennbar zum Einsatz. Beim VW ID.5, bedeutet das MEB und drei Antriebsalternativen: Es gibt entweder Heckantrieb mit 128 kW (174 PS) oder 150 kW (204 PS) Leistung – und den sportlichen GTX, bei dem zwei Motoren an Vorder- und Hinterachse für 220 kW (299 PS) Leistung sowie einen elektrischen Allradantrieb sorgen.

Eine ähnliche Konstellation auf gleicher Plattform bietet bereits der ID.4. Allerdings wollen die Wolfsburger mit dem Elektro-Coupé in erster Linie Geschäftskunden zum Stromern verleiten. Deswegen wird der ID.5 ausschließlich mit der großen 77 Kilowattstunden fassenden Batterie ausgeliefert und vermutlich auch mit einer umfangreicheren Ausstattung. Entsprechend hoch dürfte der Preis des Modells sein, das „im ersten Halbjahr“ 2022 in den Handel kommt – genauer mag man sich bei Volkswagen wegen der aktuen Chip-Problematik derzeit noch nicht festlegen.

Streifenwagen 
Autor Wolfgang Gomoll mit dem Prototypen des VW ID.5 GTX auf dem Gelände der ehemaligen NATO-Raketenstellung Hombroich bei Neuss - heute ein Museum für zeitgenössische Kunst. Foto: Volkswagen
Streifenwagen
Autor Wolfgang Gomoll mit dem Prototypen des VW ID.5 GTX auf dem Gelände der ehemaligen NATO-Raketenstellung Hombroich bei Neuss – heute ein Museum für zeitgenössische Kunst. Foto: Volkswagen

Wir konnten jetzt bereits kurz einen Prototypen des GTX-Top-Modells bewegen. Große Überraschungen, so der erste Eindruck, bietet das neue Modell nicht. Wir finden uns nach den Erfahrungen mit dem ID.3 und ID.4 sofort zurecht im Innenraum mit dem 5,3 Zoll großen virtuellem Cockpit, dem 12 Zoll großen zentralen Touchscreen und dem großen Head-up-Display, das auch Augmented Reality beherrscht. Letztendlich macht sich VW deutlich weniger Mühe, die Innenräume der Modellreihen zu differenzieren – das spart Kosten, erhöht die Rendite. Und auch der Antriebsbaukasten hält, wie bereits erwähnt, keine Überraschungen parat.

Software vom Start weg auf dem neuesten Stand

Die gibt es dafür bisweilen bei der Software, bei der sich der niedersächsische Autobauer vor allem beim Debütmodell VW ID.3 nicht mit Ruhm bekleckert hat. Jetzt verkündet VW stolz, dass der ID.5 die aktuelle Software an Bord haben wird. Der aktuelle Stand ist die Version 2.3, was man an einem leicht veränderten Marken-Logo auf dem Monitor des Infotainment-Systems erkennt. Weitere Verbesserungen sollen im Laufe des Modellzyklus entweder durch die VW-Händler oder drahtlos – over the Air – erfolgen. Das Software-Paket wird dann im Hintergrund heruntergeladen und erst nach der Zustimmung des Fahrers installiert. Schon im Dezember soll bei den ID-Modellen auf diese Weise ein „nennenswert“ (VW) schnelleres Laden des Akkus möglich sein, wovon auch der ID.5 profitiert. Wird auch höchste Zeit, denn eine Ladeleistung von maximal 125 kW ist in der Fahrzeugklasse inzwischen nicht mehr wettbewerbsfähig. Der neue Hyundai Ioniq 5 und der neue Kia EV6 glänzen mit einer Ladeleistung, die mit 240 kW fast doppelt so hoch ist.

Der VW ID.4 verfügt in der GTX-Version serienmäßig über Allradantrieb und über deutlich mehr Power. Nur an der Ladesäule schwächelt er. Elektroauto

Neben den inneren Werten hat der VW ID.5 im Vergleich zum ID.4 natürlich seine eigene, sportlichere Silhouette. Kaufen kann man sich dafür letztendlich aber nichts, da das Fahrwerk und das Gewicht von gut 2,1 Tonnen unangetastet bleiben. Immerhin versuchen die Designer beim elektrischen Crossover-Coupé mit 21 Zoll Rädern und kurzen Überhängen die sportliche Formensprache zu forcieren. Die Proportionen passen also schon mal. Zumal der ID.5 mit 4,61 Metern Länge den ID.4 um drei Zentimeter überbietet. Das Kofferraumvolumen bleibt mit 543 Litern trotz der abfallenden Dachlinie identisch.

Großer Heckspoiler für mehr Anpressdruck

Trotz der grellen Tarn-Folie, den der Prototyp noch trug, erkennt man beim VW ID. GTX eine Neuerung, die den Stromer zurück in die Zukunft bringt. Denn das SUV-Coupé ist das erste Fahrzeug der Wolfsburger seit dem VW Scirocco aus den 1980er Jahren, das mit einem kräftigen Heckspoiler daherkommt. Das dürfte bei den traditionsbewussten Teilen der anvisierten Kundschaft sicher gut ankommen. Ob das Zusatzbrett am Heck des E-Crossovers gut ausschaut, wird sich zeigen, wenn die Tarnfolie abgezogen wird. Beim Schwestermodell Audi Q4 e-tron Sportback hat findet dieses Bauteil nicht jedermanns Beifall.

Stufenlösung 
Der VW ID.5 GTX (hier noch als Prototyp im Tarnkleid) verspricht mit einem Heckspoiler und einer coupehaften Dachlinie viel Sportlichkeit. Ein ID.4 bietet allerdings die gleichen Fahrleistungen - und aufgrund der Karosserieform mehr Ladehöhe. Foto: VW
Stufenlösung
Der VW ID.5 GTX (hier noch als Prototyp im Tarnkleid) verspricht mit einem Heckspoiler und einer coupehaften Dachlinie viel Sportlichkeit. Ein ID.4 bietet allerdings die gleichen Fahrleistungen – und aufgrund der Karosserieform mehr Ladehöhe. Foto: VW

Allerdings erfüllt der Spoiler auch einen aerodynamischen Zweck, denn er reduziert die Verwirbelungen am Heck und erhöht so die aerodynamische Effizienz. Die schlägt sich beim ID.5 GTX auch in rund zehn Kilometer mehr Reichweite im Vergleich zum ID.4. GTX nieder. VW hat noch keine endgültigen Werte veröffentlicht, geht aber aktuell von 497 Kilometern Reichweite nach dem WLTP-Zyklus aus.

Bei Tempo 180 endet die Sportlichkeit

Beim Fahren gibt sich der VW ID.5 GTX genauso wenig eine Blöße, wie das der ID.4 tut. Selbst im Eco-Modus ist man mit dem elektrischen Sportback flott genug unterwegs. Allerdings setzt auch VW bei diesem Fahrprogramm eher auf das Segeln als auf das Rekuperieren von Bremsenergie. Angeblich erhöht das die Effizienz des Antriebs noch einmal. Wenn man per Knopfdruck in das Sport-Programm wechselt, kommt spürbar mehr Freude am Fahren auf. Traktion ist dank des Allradantriebs und der Unterstützung durch die Asynchron-Maschine vorne mehr als genug vorhanden. Der Fahrkomfort bleibt aber auch dann noch hoch.

Etwas enttäuschend hingen ist, dass auch die sportlichste Variante des ID.5 – wie die des ID.4 bei einer Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h abgeregelt wird. Auch beim Standardsprint aus dem Stand vergehen wie in der Familienkutsche ID.4 GTX 6,2 Sekunden, bis Tempo 100 erreicht ist. Da hatten wir uns doch aufgrund des Heckspoilers doch etwas mehr Sprintstärke erhofft.

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2 Kommentare

  1. Helmut

    Genauso ist es .Protzen und hoppla jetzt komm ich geht immer

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  2. Enzingmüller Kurt

    VW ID.5 GTX: Elektro-GTI im Einheits-Trainingsanzug

    ich lese solche Tests mit einigem Entsetzen, weil sie anzeigen, dass Einsicht und entsprechende Verhaltens- und Denkweisen sich noch lange nicht geändert haben. e-auto Ja, aber dann doch alles wie bisher: stark, schnell und protzig.
    Warum müssen PKW mit über 200 PS gebaut werden? warum brauchen wir noch Geschwindigkeiten nahe 200 km/H? Der Verkehr bleibt also so hektisch, so brutal und das Motto: Hoppla, jetzt komm ich… feiert fröhliche Urständ.

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