Gerade mal sechs Jahre ist Cupra alt, und allen Unkenrufen zum Trotz rast Seats spanischer Performance-Ableger mittlerweile von einem Verkaufsrekord zum nächsten. Im letzten Jahr haben sie bei Cupra mit weltweit 230.700 Auslieferungen wieder einen draufgesattelt: Ein fettes Plus von 50,9 Prozent zu 2022, das ist beinahe die Hälfte des Seat-Cupra-Gesamtabsatzes, der immerhin um 34,6 Prozent auf 519.200 Fahrzeuge wuchs.
Grundsätzlich hat das spanische Töchter-Duo des VW-Konzerns im letzten Jahr auch finanziell zugelegt, wie jetzt aus Barcelona von der Jahrespressekonferenz zu hören war. Vermeldet wurde ein Jahresumsatz von 14,3 Milliarden Euro, rund 31 Prozent mehr als 2022. Dazu verkündete Wayne Griffiths, 58, der ziemlich dynamische Chef von Seat und Cupra, „das beste Finanzergebnis seit 73 Jahren.“ Seat wurde 1950 gegründet, und dieser Rekord-Betriebsgewinn ist zwar noch nicht der ganz große Hammer, aber im letzten Jahr waren es zum Beispiel nur bescheidene 33 Millionen Euro. Auch freute sich Griffiths über eine freundliche Umsatzrendite von 4,4 Prozent. Die wiederum soll bis zum Ende des Jahrzehnts immerhin in einem Zielkorridor von 8 bis 10 Prozent liegen.
Entsprechend hoch gesteckt sind die Ziele für 2024. Erneut steht Cupra, tatsächlich eine der am schnellsten wachsenden Automarken der Welt, im Focus der strategischen Ziele der Spanier, die mittelfristig den Absatz dieses Aufsteigers auf bis zu 500.000 Fahrzeuge pro Jahr quasi verdoppeln wollen. „Cupra ist der Motor unseres Unternehmens“, hat Griffiths deshalb wieder in Barcelona betont. So preschte zum Beispiel der Born, ein verschärfter Technikbruder der optisch relativ braven ID.3-Limousine von VW, im vergangenen Jahr mit 45.300 Auslieferungen zu einem Wachstum von 44,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Challenger-Brand wird zur Aufsteiger-Marke
Da stellt sich für Uneingeweihte natürlich die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis dieser Marke. Die Antwort ist easy, wenn wenn wir mal einen Blick auf die aktuellen Modelle und Studien dieser Marke werfen. Hübsch krass geschnittene Karosserien, die den Leuten bei allem angesagten Gutsein und aller grassierenden Veganerie wieder erlaubten fröhlichen Spaß am Autofahren zurückbringen sollen. Mit extrovertiertem Design zu einer Coolness, die eine junge, urbane Käuferklientel offenbar stark zum Dabeisein animiert. Jedenfalls tauchen im Straßenbild unserer Großstädte immer öfter Cupra-Modelle auf. „Challenger-Brand“ nennen die Spanier deshalb stolz ihre Aufsteiger-Marke.
Mit dem designerischen Selbstbewusstsein kann Cupra sogar dem bayrischen Konzernbruder Audi an die Karre fahren. Zumal es bei den Ingolstädtern bei Modellen und Finanzergebnissen gerade nicht so richtig brummt und die Spanier ihre Hausaufgaben bestens erledigt haben, wie wir aus diversen Fahrerlebnissen und Tests wissen. Sämtliche aktuellen Cupra-Modelle wirken wie aus einem Guss, sind bis zur letzten Fuge schick und mit feinen Materialien verarbeitet, dazu fahrerisch ambitionierte Sportler für jede schöne Ideallinie.
„Veloz“-Version des Born startet im Herbst
Außerdem haben sie bei Cupra jetzt eine heiße Modelloffensive angesagt. Der hauseigene Bestseller Formentor (2023: 120.000 verkaufte Auslieferungen, 23 Prozent Zuwachs) beispielsweise, die spannende Mischung aus SUV und Sportcoupé, die es wahlweise als Benziner, Diesel oder als 180 kW (245 PS) starken Plug-in-Hybrid gibt, soll ab Juli in gelifteter Form sogar mit bis zu 100 Kilometer elektrischer Reichweite aufwarten können.
Und der Born bekommt mit der VZ-Version (steht für „Veloz“, spanisch für schnell) ein neues Topmodell. Es bleibt beim E-Motor an der Hinterachse, dessen Leistung aber um etwa 40 Prozent auf 240 kW (326 PS) zunimmt. Marschiert von Null auf Hundert in 5,7 Sekunden, die Spitze steigt von 160 auf abgeriegelte 200 km/h. Bis zu 570 Kilometer Reichweite, Gleichstrom-Schnellladen mit bis zu 185 kWh. Rundum optisch angespitzt, auf Wunsch sogar mit Sportschalensitzen. Markteinführung: Ende des dritten Quartals. Einstiegspreis: mindestens 50.000 Euro.
Cupra wird bis 2030 zur E-Marke
Weiter geht’s. Zum Jahresende startet der rund 4,50 Meter lange Cupra Terramar ins Revier der hart umkämpften Kompakt-SUV, der als Plug-in-Hybrid ebenfalls eine elektrische Reichweite von bis zu 100 Kilometer schaffen soll. Rollt als Bruder des Q3 Sportback bei Audi im ungarischen Györ vom Band. Schon im Oktober dieses Jahres kommt mit dem Tavascan der von uns bereits vorgestellte erste vollelektrische SUV der Marke zu den Händlern. Bis 2030, so das ambitionierte Ziel der Spanier, soll Cupra vollständig elektrifiziert sein.
Zudem sind im Heimatmarkt von Seat und Cupra riesige Zukunftsinvestitionen des VW-Konzerns geplant. Mit mehreren lokalen Partnern sollen dort bis zu zehn Milliarden Euro ausgegeben werden, um Spanien mittelfristig zu einem europäischen Hub für Elektromobilität zu machen. Eine historische Investition in der industriellen Geschichte des Landes, die nicht nur die Elektrifizierung der beiden Automobilwerke Martorell und Pamplona, sondern in Sagunto (Provinz Valencia) sogar ein eigenes großes Batteriewerk beinhaltet.
Stichwort Martorell: Dort beginnt Ende 2025 die Serienproduktion des Einstiegs-Stromers von Cupra, der spätestens Anfang 2026 zu den Kunden kommt. Gemeint ist der Fronttriebler Raval, das auf der extrem verspoilerten Cupra-Studie UrbanRebel basiert und nicht mehr als 25.000 Euro kosten soll. Gut vier Meter lang und immerhin 1,58 Zentimeter hoch ist der neue Vollstromer, also von einer Limousine zum Elektro-SUV mutiert. Benannt nach dem reizvollen katalanischen Altstadtviertel im Herzen Barcelonas. Kerndaten des künftigen Hochsitzers: bis zu 450 Kilometer Reichweite und bis zu 166 kW (226 PS) Leistung.
Cupra bald auch in Nordamerika
Mit dem Raval darf Cupra beim Verkaufsstart sogar vor den technisch identischen Projekten von VW und Skoda loslegen. Quasi als Belohnung, denn die Spanier hatten im VW-Konzern den Entwicklungsauftrag für die drei günstigen Kompaktmodelle auf der „Small BEV“-Plattform, deren Einstiegsversionen auf eine preisgünstige Lithium-Eisenphosphat-Batterie setzen. Klar auch, dass die Konzernbrüder, die VW-Variante ID.2 und Skodas gerade vorgestellter City-SUV Epiq im spanischen Martorell kostensparend auf den gleichen Bändern wie der Raval gebaut werden.
Machen sie sich in Spanien inzwischen vielleicht sogar Hoffnungen auf die Produktion des kleinen, viertürigen Konzern-Stadtminis, der 2027 starten und nicht einmal 20.000 Euro kosten soll? Einer, der sich nur in riesigen Stückzahlen rentieren dürfte. Für diesen Kleinen, der eine E-Reichweite von gut 300 Kilometern bieten soll, wird derzeit im VW-Konzern noch eine Kooperation mit Renault diskutiert. Die Spanier sind wohl nicht im Rennen, wurde jetzt auf der Jahrespressekonferenz deutlich. „Bis 2030 haben wir dafür in beiden Werken keine Kapazitäten“, winkt Griffith ab. Da sei man einfach voll ausgelastet.
Andererseits sei jetzt der Start von Cupra auf dem US-amerikanischen Markt, der schon länger geprüft wurde, endgültig fix. Noch vor dem Ende des Jahrzehnts soll es laut Griffiths in ausgewählten Staaten an der Ost- und Westküste losgehen. Als Startmodelle sind eine neue Version des Cupra Formentor und ein größerer Crossover-SUV geplant. Und die Autos könnten dann in den nordamerikanischen VW-Werken, einschließlich Mexiko, produziert werden.
Seat mit überraschendem Comeback
Noch eine News: Die Marke Seat, deren glanzloses Ende in den letzten Jahren im VW-Konzern schon mehrfach vorausgesagt war, ist mit wachsenden Verkaufszahlen (plus 25,3 Prozent) wieder im Rennen. „Dieses 2023 war das Comeback-Jahr für Seat“, verkündete Griffith überraschend in Barcelona. Die Marke soll nun definitiv bleiben – und eine Schlüsselrolle für die letzten, kraftstoffsparenden Verbrenner-Modelle und neue Plug-in-Hybride spielen. Der Seat Leon bekommt ein Facelift, Arona und Ibiza werden optisch wie technisch gründlich renoviert. Und der Seat-SUV Ateca geht erst einmal in die Verlängerung.
Für Cupra indes ist Deutschland der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt. Rund 72.300 verkaufte Cupra-Modelle brachten 2023 ein Wachstum von 23,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dahinter rangierten etwas abgeschlagen Großbritannien (25.700 Einheiten), Spanien (19.600) und Italien (17.100).
Auch für 2024 ist Bernhard Bauer, der auch für Cupra verantwortliche Geschäftsführer bei Seat Deutschland, uneingeschränkt optimistisch: „Wir hatten mit Cupra und Seat einen super Start in den ersten Monaten, im Februar zum Beispiel gab es ein Verkaufsplus von 59 Prozent.“ Der Marktanteil für beide Marken läge jetzt nach den 4,7 Prozent vom Vorjahr bei einem neuen Rekordwert von über fünf Prozent. Und er sei auch für das zweite Halbjahr optimistisch.
Neue Cupra-Garagen in Wien und Köln
Dabei werde der deutsche Markt in seiner Relevanz für Cupra künftig sogar noch wichtiger, prophezeit Bauer. Weil das Modellangebot der Marke eben stark zunehme und Deutschland ohnehin die typische Auto-Nation sei, in dem das eigene Fahrzeug eine große Rolle spiele. Und dabei liege das Durchschnittsalter der Cupra-Käufer mit einem Schnitt zwischen 40 bis 45 Jahren klar unter dem der Seat-Kunden. Bauer: „Wir sagen immer, dass unsere Kundinnen und Kunden etwas Neues möchten, sie wollen sich von ihrer Elterngeneration abgrenzen und nicht dieselben Autos fahren.“
Deshalb ist für die betont stylischen City-Garagen von Cupra, in denen potentielle junge Käufer den speziellen Spirit der Marke mit viel Sound und Shows geradezu greifbar erleben sollen, ebenfalls Zuwachs geplant. Nach den bereits eröffneten Treffpunkten in den Toplagen von München, Hamburg und Berlin sind jetzt, wir wir hören, auch weitere derartige Projekte in der Planung. Im Ausland starten nach Madrid nun auch Wien, Manchester und Istanbul. Bei uns ist noch eine Cupra-Garage in Köln im Gespräch. Das wird spannend.