Auch wenn das alles etwas dauert, denn der für Ende 2021 geplante Produktionsstart im schwedischen Ex-Saab-Werk von Trollhättan ist noch eine Weile hin. Erste Kundenauslieferungen? Im ersten Quartal 2022. „Wir halten die Termine“, versichert Laurin zum wiederholten Male. Und nein, die Komplettübernahme von NEVS (National Electric Vehicle Schweden) durch die riesige chinesische Evergrande Group, werde den Produktionsdeal mit Sono Motors nicht durcheinander bringen. „Für diese Auftragsfertigung haben wir feste Verträge.“ Natürlich werde es erst einmal eine Hochlaufkurve geben. Doch danach plant Sono Motors für ein Zweischichtsystem mit 43.000 Autos pro Jahr. Mindestens 260.000 Exemplare in acht Jahren. Es wird ernst. Ab jetzt tickt die Uhr.

Noch ein kitzliger Haken. Die neue Elektroauto-Förderung läuft erst einmal nur bis zum Ende des nächsten Jahres. Könnte knapp werden. „Klar, ein Problem“, nickt Laurin, „aber da sind wir dran“. Vielleicht spekulieren sie bei Sono Motors ja auf eine Verlängerung. Aber das größere Ding ist der geforderte Eigenanteil des Herstellers von 3000 Euro.

„Wir können den Sion ja nicht einfach teurer machen oder das Geld, wie große Autohersteller, einfach per Crossfinanzierung von Verbrennermodellen oder teuren SUVs abzweigen!“ Aber vielleicht gibt es auch dafür eine Lösung, in Nordrhein-Westfalen hat sich schließlich (mit Bezug auf das strauchelnde Aachener Elektroauto e.GO Life) sogar schon die Landesregierung eingeschaltet.

Auf Stippvisite
Probefahrt des ersten Sion-Prototypen über die Fertigungsstraße im ehemaligen Saab-Werk Trollhättan. Foto: Sono Motors

Prinzipiell ist der Sion, der inklusive Batterie 25.500 Euro kostet, nämlich schon schwer durchgerechnet. Alles erprobte Großserienteile. Es gibt ihn ohne Schickschnack in nur einer Ausstattungsvariante. Spart Kosten. Und nur in Schwarz, das Solarzellen- und Polymermaterial sind gleich entsprechend durchgefärbt. Dafür gab es im Community-Voting eine Mehrheit. Spart zusätzlich. Hinzu kommen günstige Reparaturkosten. Soll nämlich alles easy konstruiert sein. Etliche Ersatzteile werden im Internet bestellbar und ohne große Vorkenntnisse austauschbar sein („reSono“), versprechen die Münchner. Und das Werkstatthandbuch werde online veröffentlicht. Gut für freie Werkstätten.

Richtig günstig wird es beim Vertrieb, denn ein teures Händlernetzwerk ist nicht vorgesehen. Auch keine Edel-Stores in teuren City-Einkaufslagen wie bei Tesla oder Polestar. Bestellt und reserviert wird mit wenigen Klicks auf der Website, gegen Aufpreis soll es eine Auslieferung an den jeweiligen Wunschort geben. Und für Reparaturen im Hochvolt- und Karosseriebereich werde man „mit einem namhaften Serviceanbieter aus Europa kooperieren“. Mehr wollen sie noch nicht verraten. Sicher sei jedoch, dass es für den Sion auch Leasingangebote geben werde (Laurin: „Das gehen wir demnächst an“).

Teilen und Fahren, dabei Geld sparen

Videomäßig zugeschaltet aus Bayern wird jetzt noch Henrik Misch, der gerade in München die Mobility-Services des Projekts in Schwung bringt, die zum Start des Autos serienmäßig über die Sono-App steuerbar sein sollen. Er hat Neuigkeiten. So gäbe es interessante Erkenntnisse aus dem Sharing-Testprogramm mit der Mietergemeinschaft eines Hauses im Münchner Stadtviertel Maxvorstadt, die sich für sechs Wochen ein Renault-Elektroauto Zoe über die goSono-App teilten. Die machten da begeistert mit zeigt uns ein Video auf der Sono Motors-Website (Constanze: „Coole Idee, man kann das Auto ganz easy und nachhaltig teilen“) und fuhren wie Philipp auch Strecken um die 100 Kilometer („Hat alles super funktioniert“).

Praktisches Ergebnis für Sono Motors: Die Beteiligten hätten sich erstaunlich viel um das Auto gekümmert, nur die Registrierung müsse noch vereinfacht werden. Nächste Vorhaben: Share-Projekte mit Leuten, die sich untereinander nicht kennen, Tests im ländlichen Raum und in einer Wohnbaugemeinschafts-Kooperative. Klar, man könne später auch allen Interessenten schnell eine Mitfahrgelegenheit bieten. Dieses Ride Sharing ginge mit der coolen App ganz bequem. Anfragen, benachrichtigen, abholen. Geld sparen.

Genauso relaxed soll dann auch „biSono“ funktionieren, diese Power-to-Go-Technologie des Sion. Bidirektionales Laden, das habe das Fahrzeug schließlich inklusive. Ja, läuft auch über die neue App. Ergo sei das Auto ganz nebenbei auch ein mobiler Stromspeicher. Überall. Beim Camping, auf der kleinen Baustelle. Oder Zuhause, wo dann über den Sion alle elektrischen Geräte mit bis zu 3,7 kW betrieben werden können (Typ 2-Stecker: bis zu 11 kW). Oder im Notfall (plötzlicher Stromausfall oder so) ein kleinerer Familienhaushalt mit 5 kWh pro Tag eine ganze Woche lang versorgt werden könnte.

Sono Motors stellt ein – und gründet Beirat

Sono Motors selbst sei auch weiter gewachsen, erfahren wir dann noch in Berlin. Mittlerweile würden in der Münchner Waldmeisterstrasse rund 50 hochqualifizierte Entwickler und 110 weitere Mitarbeiter für den Sion arbeiten. Hinzu käme die „gekaufte Kapazität“ (Jonas) in Form von 300 externen Entwicklern bei den diversen Dienstleistern und Zulieferern der Automobilbranche. Und auf der Website werden gerade weitere Spezialisten gesucht.

Zum Abschluss des Abends zieht Laurin noch die Überraschungskarte: Sono Motors, verkündet er, werde einen Beirat mit internationalen Branchenexperten gründen, „die uns dann bei strategischen Entscheidungen unterstützen sollen“. Und ein Sitz soll an die Sion-Community vergeben werden, Bewerbungsmodalitäten würden demnächst folgen. Mhm. Müder Beifall.

Vielleicht ist ein einziger Sitz für die unglaublich vielen Unterstützer des Projekts, von denen übrigens ein Großteil in der E-Szene bestens verdrahtet ist, ein bisschen schwach. Hoffentlich haben sie das bei Sono Motors inzwischen selber gemerkt, denken wir nachts auf der Rückfahrt.

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