Das haben wir dann unterwegs aber sehr schnell vergessen, denn im Fahrbetrieb liefert der iX3 die angegebenen Daten wie ein Pfadfinderehrenwort. Seine geschmeidigen Sprints, besonders im gleich angewählten Sportmodus, sind beeindruckend. Da wirkt der Stromer viel schneller als offiziell angesagt. Immer Dampf auf der Rolle. Und dass sein Schwerpunkt durch die 516 Kilogramm schwere Batterie (inklusive Nebenaggregate und Zuleitungen) im Vergleich zum genannten X3 30i-Benziner um gut sieben Zentimeter nach unten gewandert ist, macht sich in schnell gefahrenen Kurven bestens bemerkbar.

Adaptives Fahrwerk serienmäßig

Das Gesamtgewicht von mindestens 2260 Kilogramm steht der Wendigkeit und Leichtfüßigkeit des Wagens jedenfalls nicht im Weg. Wir haben das Auto, das wie jeder BMW satt und straff auf der Straße liegt, sofort im Griff. Die Lenkung? Sensibles Feedback. Frisst jeder Kurve aus der Hand. Dabei hilft natürlich das in Millisekunden reagierende adaptive Fahrwerk, das beim iX3 zur Serienausstattung zählt und unermüdlich nach vorbildlichstem Abrollkomfort strebt. Herzliche Grüße nach Bayern an die beteiligten Techniker. Zumal auch die Geräuschkulisse nicht ins Unangenehme fällt, weil sie, bis auf den lobend erwähnten Herrn-Zimmer-Sound, praktisch nicht vorhanden ist. Wunderbares Reiseauto, denken wir nach hundert Kilometern und überschlagen sinnloserweise unseren Kontostand.

Interessant sind ja auch die Assistenzsysteme des Autos. Über die gängigen Features, die hier natürlich komplett versammelt und zusätzlich individualisierbar sind, müssen wir nicht groß reden. Aber dieser BMW ermahnt uns auch ernsthaft, wenn wir, im Überschwang einer zackigen Testrunde, Vorfahrtsregeln, Stoppschilder und rote Ampeln nur noch als freundliche Empfehlungen betrachten. Die entsprechenden Warnbildchen erscheinen dann auch im Head-up-Display – und wir geloben reuig Besserung.

Nur der Form halber sollten wir an dieser Stelle auch erwähnen, dass sich dieses Auto kinderleicht mit allen Devices dieser Welt vernetzen lässt. Und dass der digitale Service hier natürlich wunderbare Navi-Routenplanungen mit Ladeempfehlungen einschließt. Inklusive detaillierter Zeitpläne (für die Kaffee- und Pinkelpausen) und diverser Informationen zu den einzelnen Ladesäulen. Nur eines nervt uns hier: Kaum schalten wir bei der Ankunft das Auto aus und haben die Tür geöffnet, bums, da geht die Musik aus. Ärgert auch unsere Kids, weil gerade „Dangerous Woman“ von Ariana Grande läuft.

460 Kilometer Reichweite sind kein leeres Versprechen

So und jetzt kommt der spannende Moment, wo der Elefant ins Wasser rennt. Genau, die für viele Mitmenschen schlachtentscheidende Reichweite ist an der Reihe. Los geht’s.

Die von BMW verkündeten 460 Kilometer nach WLTP-Norm, fußend auf einer Batterie mit einem Energieinhalt von netto 74 kWh, klingen da erst einmal nicht umwerfend. Weil wir aus alter E-Gewohnheit und gewarnt durch schlechte Erfahrungen gleich mal einen runden Hunderter abziehen. Obwohl BMW im Pressetext von einer „im Wettbewerbsumfeld einzigartigen Energieeffizienz“ schwärmt. Das muss man sich erst mal trauen.

Unterwegs im Eco Pro-Modus
Nach unserer Tour bei 30 Grad Außentemperatur verspricht uns das Zentraldisplay am nächsten Morgen 469 Kilometer Reichweite – wenn wir im verbrauchsoptimierten Eco Pro-Modus bleiben, nicht rasen – und auf die Klimaanlage verzichten.

Achtung, aber jetzt kommt die Überraschung. Schon nach unserer ersten 70-Kilometer-Tour, auf der wir in der vollgestopften City und auf südöstlichen Landstraßen durchaus zügig herumwuseln, halten wir anschließend die gespeicherten Fahrdaten des Zentraldisplays für eine Fata Morgana, weil es in der Hauptstadt gerade extrem heiß ist. Ein Durchschnittsverbrauch von 13,2 kWh! Ja, ideale Bedingungen: gut 30 Grad Außentemperatur, Schalthebel in der B-Position (das Thema kommt noch) und das Ganze noch im verbrauchsoptimierten Eco Pro-Modus. Klimaautomatik? Nur auf einem Drittel der Strecke. Und am nächsten Morgen zeigt uns der iX3 prognostisch (siehe Beweisfoto oben) eine Reichweite von 469 Kilometern an!

Erstaunlich niedriger Energieverbrauch

Auf flotteren Touren im Berliner Umland haben wir den Schnitt auch nicht über 17 kWh bekommen — und unterbieten damit die Werksangaben, die zwischen 18,5 und 19,5 kWh liegen. Selbst auf der Autobahn, wo wir zwischen diversen Geschwindigkeitsbegrenzungen mal heftiger Strom gefordert haben, kletterte der Verbrauchsschnitt bei Tempi zwischen 80 und 180 km/h kaum über bescheidene 21 kWh. Gut, der asphaltierte Berliner Autobahn-Großraum ist niemals mit den südlichen Speedstrecken der A9 zu vergleichen, aber wer bitteschön fährt heute noch ständig mit dem Messer zwischen den Zähnen?

Woran diese vorbildliche Bescheidenheit des großen Autos liegt? Hmm. Gibt, vom warmen Sommerwetter mal abgesehen (da strahlt die Zelle), nur zwei Möglichkeiten: Entweder sind wir bei EDISON vom E-Bazillus schon so infiziert, dass wir nur noch relaxt unterwegs sind. Oder dieser BMW geht tatsächlich so sparsam mit dem Strom um. Trifft, schätzen wir, wohl beides zu — und ist auf alle Fälle ziemlich erfreulich. Offenbar hat BMW beim knubbeligen Frühchen i3 über die Jahre wirklich eine Menge gelernt. Zweiter Beifall Richtung München, die Gäste erheben sich ergriffen von ihrem Plätzen.

Ladewächter in Aktion
Während der Ladepause liefert der Bordcomputer konstant Informationen über Fortschritte bei der Strombetankung. Perfekt.

Selbstverständlich spielt hier (und das können wir in den Displays live verfolgen) die ausgefuchste Rekuperation des BMW eine große Nebenrolle. Gott, Rekuperation, da ist es wieder, dieses klanglich fürchterlich sperrige Wort, das man nach dem zweiten Bier nicht mehr aussprechen kann. Das uns aber sagt, dass so ein Stromer seine Bewegungsenergie in elektrische Energie rückverwandeln und direkt an die Batterie rücksenden kann. Lässt sich hier in drei Stufen einstellen und funktioniert sogar automatisch im Zusammenspiel mit der Routenführung des Navis oder der jeweiligen Verkehrs- und Ampellicht-Lage. Und unter Berücksichtigung der gerade vorgeschriebene Tempolimits. Automatisches Abbremsen oder Dahinsegeln – ganz nach aktueller Lage. Da wird dann, wenn wir die adaptive Einstellung machen lassen, sogar vor engen Landstraßenkurven das Tempo reduziert. Sehr spannend, das hinter dem Lenkrad zu beobachten.

Wirkungsgrad des Motors von 93 Prozent

Die volle Rekuperation lässt sich auch ruck, zuck über die erwähnte B-Position des Schalthebels aufrufen. In diesem Fall bremst der E-Motor so stark ab, das wir nun bequem das tolle „One-Pedal-Driving“ praktizieren können: Wenn wir den rechten Fuß vom Strompedal heben, bremst der BMW (wie diverse andere E-Modelle) den schweren SUV bis zum Stand und holt dabei besonders fleißig Energie zurück, was sich auf dem Bildschirm verfolgen lässt.

Was wir hier noch kurz einschieben müssen. BMW setzt beim iX3 (im Gegensatz zu mancher Konkurrenz) auf eine stromerregte Synchronmaschine, bei der die Anregung des Rotors nicht durch fest installierte Permanentmagnete, sondern durch die Zufuhr von elektrischem Strom erfolgt. BMW weist in diesem Zusammenhang mal unauffällig auf den herausragend günstigen Wirkungsgrad des Motors hin, der bei 93 Prozent liegen soll. Genau, aktuelle Verbrennungsmotoren kratzen da höchstens an der 40-Prozent-Marke.

BMW i3 und BMW iX Mit einem Doppelschlag meldet sich der Münchner Autokonzern als Treiber der Elektromobilität zurück. Im November starten die beiden Stromer i4 und iX die Aufholjagd. Elektroauto

Summa summarum, mit einem unaufgeregtem Fahrstil sind hier im Sommer um die 400 Kilometer am Stück durchaus möglich. Demnach könnten wir, wenn wir denn wollten, mit nur einem Ladestopp von Berlin in die Alpen reisen. Trotzdem würden wir als typisch deutscher Reichweitenangsthaber gern noch ein bisschen mehr Reichweite nehmen. Verlässliche 600 Kilometer würden uns da sehr gefallen.

Alle wichtigen Daten im Display

Speed ist natürlich auch an der Ladesäule wichtig: Die maximale Ladeleistung für den iX3 soll bei Gleichstrom (DC) 150 kW betragen. BMW verspricht in diesem Zusammenhang eine Ladezeit von 34 Minuten, um die Batterie auf 80 Prozent ihrer Kapazität zu bringen. Nach optimistischer WLTP-Norm soll, so Versprechen Nummer zwei, in zehn Minuten der Strom für 100 Kilometer Reichweite fließen. Das können andere allerdings noch deutlich schneller. Klar, die Teslas, Porsche Taycan und Audi e-tron GT, aber auch ein brandaktueller Hyundai Ioniq5 oder ein Kia EV6.

Zu Hause an der Wallbox können wir dreiphasig mit 11 kW laden. Dann soll die Batterie in 7,5 Stunden zu hundert Prozent gefüllt sein. Funktioniert natürlich auch an der normalen Haushaltssteckdose, was dann allerdings ewig lange dauern würde. Was uns unterwegs noch so gefällt: Unter der Menü-Rubrik „Fahrdaten“ zeigt uns der Mittelscreen auf einen Blick alles Wichtige zur aktuellen E-Befindlichkeit des BMW: aktueller Stromverbrauch, Verbrauchsschnitt, Durchschnittsgeschwindigkeit, Fahrzeit, gefahrene Kilometer. Und dazu ein vorbildliches Verbrauchsdiagramm mit allen Höhen und Tiefen.

Bis zu 150 kW Ladeleistung am Schnelllader – kurzzeitig

Natürlich haben wir das Schnellladen unterwegs getestet. Wir fahren zwei mal zum kleinen, etwas versteckten Ionity-Schnellladepark (4 Säulen) des Rasthofs Fichtenplan Süd, der in der Nähe von Rangsdorf liegt. Beim ersten Besuch ist die Batterie noch zu 72 Prozent gefüllt, deshalb startet unsere Säule wohl auch nur mit einer Ladeleistung von gemächlichen 78 kW. Nach exakt zwanzig Minuten sind 92 Prozent erreicht, die Ladeleistung sinkt peu a peu auf 45 kW, während wir mit dem schon erwähnten Mercedes EQC-Fahrer plauschen. Und dann, weil wir es eilig haben, den Ladevorgang abbrechen.

Zwei Tage später. Gleicher Ort, gleiche Stelle. Diesmal ist die Batterie nur zu 31 Prozent geladen, die Säule legt dennoch nicht mit 150, sondern nur mit 125 kW los. Nach 11 Minuten, inzwischen ist die Ladeleistung auf 95 kW abgesackt, sind nach 17,1 geladenen kWh immerhin 50 Prozent erreicht. Wir beenden den Ladevorgang und gehen mal davon aus, dass die aktuelle Berliner Sommerhitze (abends noch 35 Grad Celsius), den Ladespeed gebremst hat. Praktisch: Dieser iX3 zeigt während des Ladens im Fahrerdisplay super sichtbar die aktuelle Ladeleistung an. Und die Abdecklappe für die Ladebuchsen mit den AC- und DC-Markierungen ist wirklich narrensicher konstruiert.

Da geht doch noch was
Die Ladeleistung des BMW iX3 ist mit 150 kW am DC-Schnelllader nicht unbedingt rekordverdächtig. Und die Ladekurve fällt nach ordentlichem Beginn schnell ab. Das schont den Akku, verlängert aber die Wartezeit. Foto: BMW

Bevor wir uns vor lauter Lobhudelei gar nicht mehr einkriegen, müssen wir jetzt aber noch verraten, dass dieser iX3 im chinesischen Shenyang beim Joint-Venture-Partner Brilliance Automotive gebaut wird.
BMW schwört auf die Qualität, und tatsächlich haben wir nichts zum Meckern gefunden. Nicht in der dunkelsten Ecke. Alles abgesucht. Fugen, Passungen, Materialübergänge, Lackierungen: Alles schick und fein. Vergessen Sie alles, was Sie früher über die Fertigung chinesischer Autos gehört haben. Ist eine reine Kopfsache.

Deutsche Ingenieurskunst ab 66.300 Euro

Zum Schluss müssen wir wie immer übers Geld zu reden. Sitzen Sie bequem? Auf den ersten Blick ist der iX3 mit einem Einstiegspreis von 66.300 Euro fürs Basismodell „Inspiring“ nämlich schweineteuer. Andererseits sind dafür schon eine Menge Annehmlichkeiten serienmäßig an Bord. Es macht sogar Sinn gleich zum Topmodell „Impressive“ zu greifen, das für zusätzliche 5.500 Euro fast jeden Luxus inklusive hat. Head-up-Display, Harman Kardon-Sound, lederne Sportsitze, adaptive LED-Scheinwerfer und so weiter. Alles drin. Abzüglich der Elektroautoförderung (bis zu 7500 Euro) liegt die E-Fuhre dann preislich unter dem Level der entsprechenden X3-Verbrennermodelle dieser Leistungsklasse. Und wer bei BMW den „Plus“-Tarif (13 Euro monatliche Grundgebühr) gebucht hat, zahlt an der Ionity-Schnellladesäule günstige 35 Cent pro kWh Fahrstrom.

Trotzdem ist das ein ordentlicher Haufen Geld. Meine Gartennachbarin zur Linken, die mit der Familie gerade händeringend nach einem neuen kompakten Gebrauchtwagen sucht, ist jedenfalls entsetzt: „Gott, für uns sind doch 7000 Euro schon eine Stange Geld.“ Schluck.

Da können wir dann nur zustimmend nicken und leise anmerken, dass dieses Auto trotz kleiner Unzulänglichkeiten wirklich ein technisches Highlight deutscher Ingenieurskunst sei. Wird netterweise mit einem nachbarschaftlichen Lächeln quittiert.

Dummerweise müssen wir nun aber die Fahrzeugschlüssel dieses bemerkenswerten BMW iX3 abgeben, weil unsere getimte Testwoche, die wir gern dramatisch verlängert hätten, nach 490 gefahrenen Kilometern definitiv abgelaufen ist. Immer müssen wir zu früh aussteigen.

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3 Kommentare

  1. Tönnießen Jörg

    Sehr guter und umfangreicher Kommentar, top, DANKE ! Ich fühle mich bestens informiert.👍😊

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  2. Peter Hummel

    Mir gefällt dieser Schreibstil nicht. Ich möchte nicht den Begriff „Geschwurbel“ verwenden, aber mich stören die vielen überflüssigen Füllsätze und sinnlosen Einwürfe. Andererseits sind auch einige Sätze unvollständig. Muss das so sein? Wird damit ein bestimmter Zweck verfolgt, der sich mir nur erschließt? Meiner Meinung nach stört das den Lesefluss erheblich und erhöht den Zeitaufwand für das Erfassen der relevanten Informationen.

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    • Franz W. Rother

      Das ist der Stil des Autors, der vielen Lesern sehr gut gefällt

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