(UPDATE 12. März) Die China-Welle rollt und rollt – und spült uns jetzt den BYD Atto2 auf die Straßen. Mit dem City-SUV will der chinesische Meister nicht nur die Lücke zwischen dem BYD Dolphin und dem BYD Atto3 schließen, sondern auch jene zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Denn während das Startup aus Shenzen gerne große Töne spuckt und daheim in China an einem wirklich großen Rad dreht, waren die Zulassungszahlen bei uns im vergangenen Jahr mit 2891 Fahrzeugen eher bescheiden. Selbst Honda verkaufte mehr als doppelt so viele Autos (7063), tritt aber um Längen leiser auf. Deshalb fahren die Chinesen jetzt mit großem Tamtam ihr kleinstes SUV auf – um mit dem Atto2 die elektrische Kompaktklasse aufzumischen.

Ein Kessel Buntes 
Je nach Perspektive sieht der Atto2 ein bisschen nach Mercedes EQA oder nach Smart #1 aus, wodurch er gut ins europäische Straßenbild passt. Mit einem Radstand von 2,62 Metern bietet er angenehme Platzverhältnisse auch in der zweiten Reihe.
Ein Kessel Buntes
Je nach Perspektive sieht der Atto2 ein bisschen nach Mercedes EQA oder nach Smart #1 aus, wodurch er gut ins europäische Straßenbild passt. Mit einem Radstand von 2,62 Metern bietet er angenehme Platzverhältnisse auch in der zweiten Reihe.

Für Preise, die in der Basisversion „Active“ bei 31.990 Euro beginnen und bei der besser ausgestatteten Version „Boost“ 34.990 Euro betragen, gibt es dann ab 14. März ein 4,31 Meter langes und 1,67 Meter hohes City-SUV, das je nach Perspektive ein bisschen nach Mercedes EQA aussieht oder nach Smart #1, aber so oder so gut ins europäische Straßenbild passt. Auch innen, wo 2,62 Meter Radstand für freudvolle Platzverhältnisse auch in der zweiten Reihe sorgen, macht der Atto2 einen überraschend ernsthaften und europäischen Eindruck.

Design nach europäischem Geschmack

Zwar gibt es weiter Eigenheiten wie den drehbaren Bildschirm oder eine Karaoke-App. Aber damit sich auch Umsteiger aus einem alten VW Tiguan oder einem seligen Ford Focus bei ihnen zu Hause fühlen, gibt es erfreulich viele Knöpfe im Lenkrad und auf der hohen Mittelkonsole und dazu noch eine Materialanmutung, die eingedenk des Kostendrucks sehr ordentlich erscheint. Weil obendrein das Gestühl bequem ist, man wie von selbst in eine souveräne Sitzposition gleitet und das Fahrwerk einen familienfreundlichen Eindruck macht, sind die Hoffnungen der Chinesen auf einen Verkaufserfolg bis hierhin erst einmal berechtigt.

Zumal schon in der Basisversion eine Menge Extras an Bord sind, für die man bei der Konkurrenz teuer bezahlen muss: eine Wärmepumpe, Sitzbezüge aus Kunstleder, ein riesiges Panorama-Glasdach, elektrisch verstellbare sowie beheizbare Vordersitze und auch eine Lenkradheizung. Zudem ist der BYD Atto 2 nach Darstellung von Vertriebschef Patrick Schulz bislang das einzige Elektroauto in der Klasse, das eine Vehicle-to-Load-Funktion (V2L) an bietet – die Möglichkeit, mit der Antriebsbatterie auch einen Elektrogrill oder eine Kaffeemaschine zu betreiben.

Europäischer Geschmack
Damit sich auch Umsteiger aus dem VW Tiguan oder einem Ford Focus gleich zu Hause fühlen, gibt es erfreulich viele Knöpfe im Lenkrad und auf der hohen Mittelkonsole. Die Materialanmutung ist gut, der Touchscreen um 90 Grad drehbar. Fotos: BYD

„Bei keinem Auto haben wir so sehr nach Europa geschaut wie beim Atto2“, werden sie bei BYD nicht müde, zu betonen. Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, weshalb sie den Frunk irgendwie vergessen haben und die respektablen 400 Liter Kofferraum reichen müssen. Schließlich gibt es den weder bei den ID-Modellen aus Wolfsburg noch in der Stellantis-Sippe.

Strom laden mit maximal 65 kW

Soweit also so gut. Doch dann fällt der Blick auf die Elektrotechnik, die ja eigentlich die größte Stärke des Batterie-Weltmeisters sein sollte. Und natürlich geht ein Frontmotor mit 130 kW oder 177 PS Leistung in dieser Klasse völlig in Ordnung, genau wie der Sprintwert von 7,9 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h. Doch dass der Akku nur 45 kWh fasst, auf die billige LFP-Chemie setzt und obendrein nur mit maximal 65 kW lädt, ist ein Armutszeugnis.

Familientauglich 
Das Gepäckabteil des BYD Atto2 fasst zwischen 400 und 1.340 Liter - je nach Bestuhlung. Einen Frunk haben die Chinesen vergessen.
Familientauglich
Das Gepäckabteil des BYD Atto2 fasst zwischen 400 und 1.340 Liter – je nach Bestuhlung. Einen Frunk haben die Chinesen vergessen.

Denn so kämpft der Atto2 nicht nur mit einer mäßigen WLTP-Reichweite von 312 Kilometern im Drittelmix (im reinen Stadtverkehr sollen bis zu 463 Kilometer drin sein) , sondern zudem mit schier endlosen Standzeiten an der Ladesäule: Um den Ladestand von 10 auf 80 Prozent zu heben, braucht der Atto 2 geschlagene 37 Minuten. Das machen selbst umgebaute Verbrenner etwa aus der Stellantis-Familie besser. Von dezidierten E-Autos wie dem neuen Skoda Elroq (maximale Ladeleistung: 175 kW) oder auch dem Kia EV3 (81,4 kW) ganz zu schweigen.

„Comfort“-Version mit 64 kWh-Akku folgt im Herbst

Zwar wollen uns die Chinesen mit der Aussicht auf eine „Comfort“-Version ködern, der ab Spätherbst dank eines 64 kWh Akkus rund 420 Kilometer ohne Ladepause schaffen soll und auch den Ladestand in nur 25 Minuten von 10 auf 80 Prozent heben kann. Dann dann bewegt sich der Atto 2 mit einem Basispreis von 38.990 Euro auch schon in Preisregionen, in denen sich auch der Kia EV3 in „Earth“-Ausstattung (38.290 Euro), der Skoda Elroq 60 (38.400 Euro) und auch der Volvo EX30 (39.790 Euro) bewegen – um ein paar der direkten Konkurrenten in diesem Marktsegment zu nennen.

Glückssymbolik 
Die Rückleuchten des Atto2 formen liegende Achten. Bei Chinesen ist die Zahl beliebt: Ausgesprochen klingt sie wie das Wort Glück.
Glückssymbolik
Die Rückleuchten des Atto2 formen liegende Achten. Bei Chinesen ist die Zahl beliebt: Ausgesprochen klingt sie wie das Wort Glück.

Ja, sie haben ein ausgesprochen europäisches Auto gebaut – das sie aber mittlerweile auch zu europäischen Preisen anbieten. Was beweist, dass auch die Chinesen nur mit Wasser kochen oder dass die Strafzölle der EU – bei BYD betragen sie immerhin 17 Prozent zu den ohnehin schon 10 Prozent Einfuhrzoll – ihre Wirkung zeigen. Oder beides.

Offenbar hat auch BYD begriffen, dass der Atto2 kein Selbstläufer wird. So gibt es zum Verkaufsstart schon eine erste Rabattaktion: Wer sich schnell zum Kauf des City-SUV in den Versionen „Active“ und „Boost“ mit 45 kWh-Akku entschließen kann, wird mit einem Preisnachlass in Höhe von 2000 Euro belohnt.

(Mit Ergänzungen und Aktualisierungen von Franz Rother)

 

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