Vor fünf Jahren startete Cupra mit großen Ambitionen als sportlicher Ableger der spanischen VW-Tochter Seat. Jetzt zieht Cupra-Boss Wayne Griffiths eine erste Bilanz und erklärt, wohin die Reise führt, für Cupra und Seat – mit besonderem Blick auf die Elektromobilität und den Tavascan, das vollelektrische SUV-Coupé, das 2024 auf den Markt kommt.
Herr Griffiths, Cupra feiert in diesen Tagen seinen fünften Geburtstag. Dürfen wir gratulieren?
Selbstverständlich. Wir haben Cupra in einer Zeit gegründet, als andere Marken verschwanden und sich die Automobilindustrie neu finden musste. Das überraschte die gesamte Autowelt. Und jetzt sind wir hier, haben toll designte Autos mit einer hervorragenden Performance. Darauf bin ich sehr stolz. Eine Marke mit Verbrennerfahrzeugen in einer von etablierten Herstellern dominierten Umgebung auf den Weg zu bringen ist wesentlich schwieriger, als mit einer reinen E-Marke zu starten.
Ist Cupra dort angekommen, wo Sie die Marke vor fünf Jahren sahen?
Nein, meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Nicht nur, was Umsatz und Ertrag angeht. Cupra ist die am schnellsten wachsende Marke in Europa. Aber fast noch wichtiger: Wir sind im Markt angekommen und haben ein hervorragendes Image. Unsere Modelle gewinnen Tests und haben 2022 rund 60 nationale und internationale Preise eingeheimst.
Was macht den Erfolg der Marke aus?
Wir bauen klasse Autos, das tun andere aber auch. Doch wir haben mit unserem Design genau den Nerv der Zeit getroffen. Unsere Autos sind authentisch, nicht wie manche marketinggetriebenen Modelle, die schick aussehen, aber keine Seele haben.
2022 verdoppelte Cupra seinen Marktanteil in Deutschland. Was erhoffen Sie sich von 2023?
Mit über 60.000 verkauften Autos ist Deutschland unser wichtigster Markt. Weltweit konnten wir 2022 über 150.000 Autos verkaufen und unseren Umsatz verdoppeln. Das werden wir 2023 nochmals deutlich steigern. Halbleiter sind jetzt wieder besser lieferbar. Das wird sich vor allem beim Elektroauto Born auswirken, von dem wir doppelt so viele auf die Straße bringen wollen wie 2022.
Scheinbar haben Cupra die diversen Krisen weniger hart getroffen als andere Hersteller.
Natürlich war und ist das für uns eine schwierige Zeit. Aber gleichzeitig haben Covid, Chipmangel, Ukraine-Krieg oder Klimakrise unseren Weg beschleunigt. Ohne diese Herausforderungen wären wir nicht, wo wir heute sind.
Sind die Kunden denn in der Krisenzeit loyal geblieben?
Das müssen Sie mich in zwei, drei Jahren fragen. Fakt ist: Der durchschnittliche Käufer eines Formentor ist 48 Jahre alt und damit sehr viel jünger als bei etablierten Marken. 50 Prozent unserer Kunden fuhren vorher kein Modell des Volkswagen Konzerns, rund 25 Prozent vorher einen Seat. Und für über 70 Prozent wäre ein Modell der anderen VW-Konzernmarken keine Alternative zu einem Cupra gewesen. All das spricht dafür, dass sie uns treu bleiben.
Cupra will bis 2030 eine reine E-Marke werden. Als nächstes Modell kommt nun der Tavascan, ein 4,60 Meter langer Crossover-SUV. Was versprechen Sie sich von dem?
Die Studie des Tavascan hat 2019 auf der IAA viel Aufsehen erregt. Jetzt feiern wir die Weltpremiere des Serienmodells in Berlin und ich bin stolz, dass er fast genauso aussieht wie das Showcar. Dieses Auto provoziert, es wird nicht jedem gefallen, aber viele werden es lieben. Und für uns ganz wichtig: Die Klasse der Crossover-SUV wird in den nächsten Jahren stark wachsen.
Warum wird das Auto in China und nicht am Stammsitz gebaut?
Unsere Kapazitäten in Martorell sind mit den aktuellen Verbrenner-Modellen von Seat und Cupra zurzeit voll ausgelastet. 2025 kommen noch der elektrische Cupra UrbanRebel und der VW ID.2 dazu, dessen Produktion VW jetzt bestätigt hat. Den Tavascan haben wir aber in Barcelona in Spanien designt und entwickelt. Für die Produktion können wir das VW-Netzwerk nutzen und ihn im hochmodernen Werk in Anhui fertigen. Auch damit sind wir Vorreiter im Konzern.
Er wird also nicht in China verkauft?
China hat für uns momentan keine Priorität, da der VW-Konzern dort schon sehr präsent ist.
Wohin geht die Reise anschließend?
Letztes Jahr sind wir in Australien gestartet, einem der härtesten Märkte mit einer großen Konkurrenz an heimischen und asiatischen Marken. Australien wird sich schnell zum Elektroland wandeln. Aktuell analysieren wir den Markeintritt nach Nordamerika. Wir führen dort Tests mit potenziellen Kunden in Regionen durch, in denen wir glauben, dass die Amerikaner das Cupra-Design und die großartige Performance lieben werden. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend und positiv. In Südamerika wird die Transformation zur E-Mobilität länger dauern, dort sehen wir aktuell Chancen für unsere Verbrenner.
Was passiert mit Seat nach 2030, wenn keine Verbrenner mehr gebaut werden?
Die Marke Seat wird nicht einfach verschwinden. Dass Cupra ab 2030 nur noch E-Autos baut, bedeutet nicht, dass es keine Benziner oder Diesel von Seat mehr geben wird. Niemand kann heute voraussagen, wie lange der Übergang zum E-Auto dauert. Bis 2035 werden sicher in einigen europäischen Regionen Verbrenner verkauft. Beide Marken sind heute schon klar positioniert und sie werden sich auch künftig ergänzen. Aber möglicherweise wird sich Seat irgendwann stärker als Marke für bezahlbare Mobilitätslösungen präsentieren. Als Marke für Menschen, die effiziente Mobilität mehr lieben als Autos.
Unter der Marke Seat MÓ bietet Sie bereits E-Roller und Scooter an.
Stimmt, und wir werden das Angebot an Mikro-Mobilitätslösungen ausbauen. Schließlich wissen wir nicht, wie schnell und in welche Richtung sich die E-Mobilität entwickelt. Letztes Jahr sind die Verkaufszahlen von elektrifizierten Autos geradezu explodiert. Und dann haben wir im Januar in Deutschland gesehen, was passiert, wenn die staatlichen Unterstützungen gestrichen werden. Deshalb wollen wir unseren Kunden das Beste aus beiden Welten bieten, Autos und Mikromobilität.
Aber hat Seat eine Zukunft ohne E-Modelle?
Wie alle Marken wird sich auch Seat transformieren müssen. Wer sich heute nicht dem Markt anpasst, ist in einigen Jahren verschwunden. Das bedeutet auch, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Viele junge Menschen wollen kein Auto mehr besitzen, sondern sich Mobilität kaufen. Wir erleben hier in Barcelona gerade Diskussionen, wie die Stadt ohne Auto aussehen könnte. Für mich sind E-Autos aber nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.
Diese Frage stellt man sich nicht nur in Barcelona. Ebenso die Frage, warum E-Autos immer so groß sind.
Tatsächlich fahren Menschen in Südeuropa bevorzugt kleinere Autos. Gleichzeitig werden in Spanien prozentual nur halb so viele E-Autos verkauft wie beispielsweise in Deutschland. Deshalb brauchen wir leistbare Stromer. Idealerweise welche, die nicht mehr als ein Benziner kosten. Das muss nicht die Aufgabe von Cupra sein, aber eben die von Seat oder anderen Marken des VW-Konzerns.
Was bedeutet für Sie bezahlbar?
Für mich ist das ein Einstiegspreis zwischen 25.000 und 30.000 Euro. Das klingt hoch, aber die Inflation treibt die Kosten für alle Fahrzeuge nach oben. Wenn wir in Europa diese Modelle nicht entwickeln und bauen, werden es andere Hersteller tun. Wir dürfen diesen Markt nicht aus den Händen geben. Die Frage ist tatsächlich: Müssen Autos künftig so groß sein wie heute? Wird die Gesellschaft von morgen großen Autos noch akzeptieren? Für diese Fragen müssen wir Lösungen finden. Auch bei Cupra. Deshalb bringen wir 2025 den UrbanRebel.
Wird es dann künftig auch einen elektrischen Seat geben?
Ich hoffe es, aber er muss anders aussehen als alle aktuellen Seat. Man kann nicht einfach ein Verbrennermodell umrüsten, das funktioniert in der Zukunft nicht mehr. Ich sagte ja bereits: Marken, die sich den Anforderungen des Marktes nicht anpassen, werden verschwinden.
Gilt das nicht auch für Cupra, beispielsweise in Bezug auf autonomes Fahren?
Momentan baut Cupra Fahrzeuge für Auto-Fans und Fahrer und somit werden wir die Systeme so auslegen, dass sie genau das auch weiterhin unterstützen werden. Jeder Cupra hat ein Lenkrad, lässt sich vom Fahrer beschleunigen und abbremsen. Wir wollen kein Fahrzeug entwickeln, in dem man unterwegs schläft oder Zeitung liest. Unsere Autos fahren elektrisch, sind aber nie langweilig. Also ganz klare Aussage: Cupra bleibt eine Automarke.
Vielen Dank für das Gespräch!
Lösung für was? Weniger Stau?
Weniger Lärm, weniger Abgase