Ein Verkaufsschlager ist das erste Elektroauto von Honda bislang nicht. Trotz zahlreicher Auszeichnungen rangiert der Honda e in den Zulassungsstatistiken nur unter „ferner liefen“. In Deutschland beispielsweise wurden seit der Markteinführung 2020 nur gut 3000 Exemplare verkauft. Tendenz: fallend. In diesem Jahr sind bis Ende April keine 60 Autos des Typs neu zugelassen worden. Ein hoher Basispreis von knapp 40.000 Euro kombiniert mit einer geringen Reichweite von nur etwa 200 Kilometern haben den vollelektrischen Kleinwagen zum Ladenhüter werden lassen.
Dabei hat das „Auto für eine neue Zeit“ (Eigenwerbung Honda) neben seinem coolen Design manch andere Vorzüge. Er ist wendig, sprintstark, verfügt über einen wohnlichen Innenraum sowie ein leistungsstarkes Infotainment-System. Einzigartig macht den Honda e aber seine Fähigkeit zum bidirektionalen Laden sowie der intelligente Ladeservice e:PROGRESS, den Honda für seinen Retro-Stromer anbietet. Das Elektroauto wird darüber daheim immer nur dann geladen, wenn die eigene Photovoltaik (PV)-Anlage ordentlich Solarstrom produziert oder der Strom im öffentlichen Netz besonders kostengünstig ist. Dann fließt er unter Berücksichtigung des Ladestands des Akkus und auch mit Blick auf die geplante Abfahrtzeit – sowie die Wettervorhersage.
Bis zu 400 Euro im Jahr sollen sich dadurch hierzulande an Stromkosten einsparen lassen – bei einer Jahresfahrleistung von 13.000 Kilometern, einer PV-Anlage mit einer Spitzenleistung von 8 Kilowatt (kWp) und einem durchschnittlichen Einkaufspreis für den Strom aus dem öffentlichen Netz von 35 Cent/kWh. Voraussetzung dafür ist lediglich die Montage einer intelligenten, vollvernetzten Wallbox sowie der Abschluss eines Vertrags mit dem e:PROGRESS-Service von Honda. Der ist im ersten Jahr kostenlos, später werden dafür 60 Euro im Jahr aufgerufen.
Elektroautos und Heimspeicher im Verbund
Bislang können den intelligenten Ladeservice lediglich Besitzer eines Honda e nutzen. Aber in den kommenden Monaten soll der e:PROGRESS-Dienst auch für Besitzer von Elektroautos anderer Fabrikate geöffnet werden. Und natürlich den Käufern der neuen Elektroautos von Honda, dem Vollstromer e:Ny1 sowie dem CR-V e:PHEV mit wiederaufladbarem Hybridantrieb. Dies kündigte Honda dieser Tage auf einem Workshop im Forschungszentrum Offenbach an.
Dort wird auch schon die nächste Entwicklungsstufe des Systems vorbereitet, die Honda nach den Vorstellungen seiner Spitzenmanger zu einem Player auf dem europäischen Strommarkt machen soll. Geplant ist, künftig die Speicherkapazitäten der im e:PROGRESS-Verbund zusammengespannten Elektroautos den Stromnetzbetreibern als Pufferspeicher oder virtuelles Kraftwerk anzubieten. Gegen Bezahlung versteht sich. Auch private Heimspeicher und Wärmepumpen könnten leicht in das Angebot eingebunden werden, erklärte dazu Jorgen Pluym, der Leiter des Geschäftsbereichs Energielösungen bei Honda Europe.
Machbarkeitsprojekt in der Schweiz
Erste positive Erfahrungen mit der so genannten Vehicle-to-Grid-Technologie (V2X) hat Honda im vergangenen Jahr bei einem Pilotversuch in der Schweiz gesammelt. Dem schweizer Carsharing-Anbieter Mobility war eine Flotte von 50 Honda e zur Verfügung gestellt worden sowie 35 „Power Manager“ – bidirektionale Ladessysteme von EVTech. Mit denen können nicht nur die Fahrzeugakkus geladen werden, sondern kann der in den Batterien gespeicherte Strom bei Bedarf auch blitzschnell zurück ins Netz gespeist werden. Nicht komplett, sondern nur so viel, dass der Akku für alle (Mobilitäts-)Fälle noch wenigstens zu zehn Prozent gefüllt bleibt.
Nach einem Bericht von Honda-Projektmanager Martin Stadie klappte das bei dem Machbarkeits-Projekt in der Schweiz ganz hervorragend. Die an die Ladestation anschlossenen Elektroautos reagierten sehr schnell auf die Stromanforderungen aus dem Netz. Und an den Akkus des Honda e seien nach Abschluss des Versuchs auch „keine negativen Effekte“ wie vorzeitige Alterung oder Schäden an den Zellen festgestellt worden. Wie Stadie berichtete, hat sich inzwischen der deutsche Energieversorger EnBW bei Honda gemeldet und Interesse an dem Projekt bekundet. Das sei kein Wunder: „Auf den Stromversorgern in Deutschland lastet wegen der Energiewende ein enormer Druck.“