Vergangene Woche hatte es Günther Schuh bereits angedeutet, als er Corona bedingt die Produktion der e.Go Mobile AG stoppte. Jetzt muss er ein Insolvenzverfahren in Eigenregie starten und hat dazu die nötigen Schritte beim Amtsgericht Aachen eingeleitet. Laut Mitteilung des Unternehmens hat das Gericht dem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung bereits stattgegeben. Der im Gesetz vorgesehene Sachverwalter wird Biner Bähr von der Kanzlei White & Case. Paul Fink von der Kanzlei FRH unterstützt das Unternehmen als Generalbevollmächtigter bei der Sanierung. Das Verfahren schützt eine Firma für begrenzte Zeit vor Ihren Gläubiger und soll helfen, eine mögliche Zahlungsunfähigkeit abzuwenden.
„Unsere überwiegend strategischen Investoren haben uns bis hierhin stark unterstützt und uns ermöglicht, als einziges Start-Up in Europa einen E-Pkw in Serie auf die Straße zu bringen. Jetzt haben sie verständlicherweise andere Prioritäten“, begründete Schuh den Schritt. Zu diesen Geldgebern zählt unter anderem der Zulieferer ZF und die RAG Stiftung (hervorgegangen aus der Ruhrkohle AG). E.Go Mobile ringt bereits seit längerem darum, die Finanzierung des Unternehmens zu sichern.
Laut dem Mehrfach-Gründer und Professor an der RWTH Aachen greift für sein Unternehmen auch kein staatliches Rettungsprogramm, wie es Bund und Land jetzt im Rahmen der Corona-Krise aufgelegt haben. Die sehen meist Kredite etwa der staatlichen Förderbank KfW vor, an denen sich aber auch die Hausbanken beteiligen müssen. Das sei im Fall der e.Go Mobile nicht möglich, so Schuh. Daher jetzt der Versuch der Sanierung in Eigenregie.
Existenzkrise fünf Jahre nach der Gründung
Das Unternehmen hatte in den fünf Jahren seit seiner Gründung immer wieder mit Rückschlägen und Verzögerungen zu kämpfen. Auch jetzt gibt sich CEO Schuh optimistisch: „Wir werden auch diese Krise überstehen“. Das Unternehmen habe „80 Prozent des in Deutschland eigentlich Unmöglichen schon geschafft“.
Er zählt aber auch all die Probleme auf, mit denen er und sein Team in der Vergangenheit konfrontiert waren. So hätten 2017 keine Opel-Teile mehr im Elektro-Kleinwagen Life verwenden dürfen, weil der französische PSA-Konzern seinen deutschen Rivalen übernommen hatte. Ein Jahr später hätten Zulieferer nach dem Diesel-Skandal strengere Regeln erlassen und einseitig bestehende Lieferverträge aufgekündigt. „Die notwendigen Korrekturen kosteten e.GO Mobile viel Geld und Zeit“, erklärt Schuh.
Er wirft zudem der Bundesregierung vor, durch die Verlängerung und Erhöhung der Umweltprämie für Elektroautos, „einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil von e.GO Mobile im deutschen Markt kassiert zu haben“. Seit dem Beschluss der Großen Koalition Ende vergangenen Jahres beläuft sich der Herstelleranteil an der Prämie auf 3000 statt zuvor 2000 Euro. „Das hat die weiteren Finanzierungsrunden der e.GO Mobile daraufhin deutlich erschwert“, klagt Schuh.
Und nun noch die Corina-Pandemie: Wegen ihr musste das Startup den Verkauf der Fahrzeuge und die Produktion stoppen. Zudem sei der Kapitalmarkt weggebrochen.
„Haben weiter große Pläne“
Trotz der Sanierung in Eigenverwaltung hofft Schuh, 2021 und 2022 weiter stark wachsen zu können. Im kommenden Jahr rechnet er bereits mit einem positiven operativen Cash-Flow. Zudem hofft er ab dem zweiten Halbjahr 2020 auf erste Erträgen aus einem CO2-Zertifikate Pool. Bei diesem Verfahren profitieren Autohersteller, deren Modellpalette hohe CO2-Emissionen aufweist, von dem Bündnis mit Wettbewerbern, deren Fahrzeuge weniger Treibhausgase ausstoßen. Zusammengerechnet erfüllen sie so die EU-Vorgaben für den Flottenverbrauch, die seit diesem Jahr gelten. Auf ähnliche Weise kooperiert Tesla in Europa mit Fiat Chrysler. Allerdings versuchen gerade die großen Hersteller angesichts der Corona-Krise die EU-Kommission dazu zu bewegen, das Inkrafttreten dieser Grenzwerte zu verschieben.
Schuh versichert, er wolle „alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bord behalten“. An die Kunden und Zulieferer appelliert er, „auch während dieser Eigenverwaltungsphase die Treue“ zu halten.