An den Ladesäule von RheinEnergie, bei Aldi und Ikea gibt es den Strom noch kostenlos. Aber derlei Angebote werden immer seltener, je mehr Elektroautos in Deutschland auf die Straße kommen. Bereits im vergangenen Jahr haben einige Stromversorger und Infrastrukturanbieter an der Preisschraube gedreht und vor allem das Schnellladen von Elektroautos mit Gleichstrom (Direct Current oder DC) kräftig verteuert. Nun läutet Ionity eine neue Preisrunde ein: Ab 31. Januar wird europaweit an den inzwischen über 200 Stationen des Unternehmens der Strom 79 Eurocent pro Kilowattstunde (kWh) kosten. Bislang nahm das Joint Venture von BMW, Daimler, Ford und Volkswagen pro Ladevorgang einen Pauschalbetrag von 8 Euro – unabhängig davon, wie viel Energie an dem Ladepunkt ins Fahrzeug floss. Eine derartige „Session Fee“ ist nach der deutschen Preisangabeverordnung sowie nach der EU-Preisangabenrichtlinie 98/6/EG ebenso wie etwa eine Abrechnung nach Ladezeit nicht mehr zulässig. Erlaubt sind demnach nur noch Preise nach einer einzigen Mengeneinheit – bei Strom ist das aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) „unzweifelhaft die Kilowattstunde.“
Im Interview mit EDISON verteidigte Ionity-Chef Michael Hajesch das neue Abrechnungsmodell wie auch den neuen Preis, der aktuell so hoch ist wie an keiner anderen öffentlichen Ladestation für Gleichstrom: „Wir liegen aktuell leicht über dem Markt, hier in Europa und bezogen auf den Anwendungsfall Schnellladen an der Autobahn. Wenn man das in Bezug setzt zum Leistungsangebot, bieten wir da aber ein ganz gutes Preis-Wert-Verhältnis.“
74 Euro für eine Akkuladung
Mit einem Preis von 0,79 Euro pro Kilowattstunde zahlt der Fahrer beispielsweise eines Porsche Taycan (Ladekapazität der Batterie in der Topversion: 93,4 kWh) statt pauschal acht künftig rund 74 Euro. Der Fahrer eines Renault Zoe mit 50 kWh ist nach einem Stopp bei Ionity und einer theoretischen Vollladung (in der Praxis wird er weder mit komplett leerem Akku ankommen noch diesen während des Stopps zu 100 Prozent füllen) um 39,50 Euro ärmer. Anders ausgedrückt: Die Energie für eine Fahrstrecke von 100 Kilometer kostet im Taycan (Normverbrauch 26,9 kWh) fortan 21,25 Euro, im stärksten Zoe (Normverbrauch 17,7kWh) knapp 14 Euro – wenn er denn den Fahrstrom bei Fahrten über Land ausschließlich von Ionity beziehen würde.
Vorzugspreise für deutsche Marken
Zu dem Preis fährt man einen Porsche Panamera selbst mit Superplus (13,30 €/100 km) billiger. Und ein Renault Clio (Normverbrauch 4,7 Liter/100 km) käme mit einer Tankfüllung für 14 Euro mehr als doppelt so weit wie die in etwa gleichgroße Zoe. Zum Vergleich: Heute kostet eine Fahrt über 100 Kilometer dank der Session Fee rein rechnerisch 2,30 Euro im Porsche und 2,83 Euro im Renault. Denn: Je größer der Akku, desto billiger ist bei dem alten Preismodell die Energie. Der Fairness halber sei ergänzt: Von der Preiserhöhung ausgenommen sind Kunden der deutschen Autohersteller, die Ionity als Anteilseigner tragen.
So zahlen Besitzer des Porsche Taycan am Schnelllader des Konsortiums tatsächlich nur 33 Cent pro Kilowattstunde, da sie mit dem Kauf des Autos automatisch drei Jahre lang Zugang zum Ionity-Netzwerk erhalten und damit in den Genuss eines Vorzugspreises kommen. Ähnliche Verträge gibt es zwischen Ionity mit dem Volkswagen-Konzern, mit BMW und Mercedes. Im so genannten Transit-Tarif von Audi etwa zahlt man am Ionity-Lader pro Kilowattstunde nur einen „Vorzugspreis“ von 31 Cent. Dafür wird eine Grundgebühr von 17,95 Euro im Monat fällig, die von Audi nur im ersten Jahr nach der Zulassung eines e-tron erlassen wird. Auch bei Mercedes Me Charge (29 Cent/kWh) muss bereits nach einem Jahr ein neuer Vertrag abgeschlossen werden. Und auch hier wird anschließend eine Grundgebühr fällig.
Vergleiche lohnen
Eine Kilowattstunden-genaue Abrechung sorgt also prinzipiell für mehr Fairness und Gerechtigkeit an der Ladesäule. Darin sind sich alle Experten einig. Ein Strompreis von 79 Eurocent pro Kilowattstunde Gleichstrom (Haushaltsstrom kostet aktuell im Schnitt um die 31 Eurocent) ist allerdings eine Ansage: Bei dem Energieversorger Allego, der im vergangenen Sommer auf eine Kilowattstunden-genaue Abrechnung umgestellt hat, werden am Schnelllader aktuell 59 Cent aufgerufen. Auf der Höhe ist der Strompreis inzwischen auch an den Stationen von Fastned angelangt. Günstiger fährt man mit EnBW: Vertragskunden zahlen hier nur 39 Cent, Laufkunden 49 Cent. Bei anderen Anbietern muss man genau hinschauen: Im Get Charge-Tarif der Telekom kostet das DC-Laden an „bevorzugten“ Ladestellen 39 Cent – an den übrigen aber 89 Cent. Ein Preisvergleich lohnt sich also – und die Wahl der Ladeapp: Ionity hat mit einigen Energieversorgern wie Maingau Roaming-Verträge abgeschlossen, die deren Kunden ebenfalls Sonderkonditionen einräumen.
Hohe Strompreise gefährden Verkehrswende
Die Tendenz aber ist trotzdem eindeutig: „Unterwegs laden ist ein teures Vergnügen geworden“, sagt Martin Ammon, Leiter Energiewirtschaft beim Bonner Beratungs- und Analysehaus EuPD Research, die regelmäßig die Ladetarife analysiert. Und er erwartet, dass in den kommenden Monaten auf dem Markt noch einiges in Bewegung kommt, weil immer mehr Elektroautos zugelassen werden und viele Energieversorger nun die Zeit gekommen sehen, die immensen Investitionen in den Aufbau der Ladeinfrastruktur von den Nutzern zurückzahlen zu lassen. Seine Sorge ist, dass die Preiserhöhungen der Entwicklung der Elektromobilität schaden: Wenn die Betriebskosten für ein Elektroauto im Reiseverkehr das Niveau eines sparsamen Diesels erreichen, dürfte das Interesse der Verbraucher an dieser Antriebstechnik aufgrund des höheren Kaufpreises und der zumindest heute noch eingeschränkten Alltagstauglichkeit schnell erkalten.
Die Gefahr sieht auch Roman Suthold, Verkehrsexperte und Spezialist für Elektromobilität beim ADAC Nordrhein: „Das ist das falsche Signal.“ Die Elektromobilität beginne gerade erst in Deutschland Fahrt aufzunehmen. Da sei eine Verschärfung der Ladestrom-Tarife kontraproduktiv. Suthold: „Offenbar versuchen jetzt einige Stromanbieter, Gelegenheitskunden abzuschöpfen.“
Viel Verständnis bei Wettbewerbern
Bei anderen Energieversorgern findet das neue Preismodell von Ionity hingegen durchaus Verständnis. „Es ist ein gutes Zeichen, dass nun auch Ionity nach Kilowattstunden abrechnet“, findet man bei Fastned. Und Ulf Schulte, Deutschland-Chef von Allego, verteidigte die Ionity-Strategie: „Es ist aus unserer Sicht klar, dass der Strom an einer HPC-Schnellladestation teurer ist als an herkömmlichen Ladestandorten in Städten und Kommunen.“ Der Aufbau, der Betrieb und die Wartung der HPC Standorte entlang der Autobahnen sei mit hohen Kosten verbunden. „Dies liegt zum einen an der teuren Technik, aber auch am Mittelspannungsanschluss für die Stromversorgung“ erläutert er im Gespräch mit EDISON. Hinzu komme, dass mit höheren Ladeleistungen die Stromkosten steigen – auch für den Versorger. Deshalb müssten die Tarife an HPC Standorten schon aus ökonomischen Gründen höher sein als anderswo, „damit sich die Investition mittelfristig auch für den Betreiber des Ladenetzwerks rechnet. „
HPC-Lader nur etwas für Dienstwagen-Fahrer?
Dass sich die höheren Stromkosten an den Schnellladern negativ auswirken werden auf die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland insgesamt, befürchtet Schulte nicht. Denn die HPC-Lader an den Autobahnen würden mehrheitlich für Langstreckenfahrten und überwiegend von Dienstwagenfahrern genutzt. Und diese seien – ähnlich wie bei den Benzinpreisen – nicht so preissensitiv, weil die Kosten vom Arbeitgeber übernommen werden. Schulte: „Privatfahrer werden künftig sicher noch genauer hinschauen, wo sie auf ihren längeren Reisestrecken das Zwischenladen günstiger bekommen. Alternativen gibt es ja genügend. Zudem wird die Mehrheit der Nutzer ihre Akkus in Städten, am Arbeitsplatz oder zu Hause laden, weil Sie die E-Fahrzeuge meistens auf Kurzstrecken nutzen.“
Der Staat zögert mit Prämie für den Kauf von e-Fahrzeugen, die Strompreis für e-Autos plötzlich schießt in Richtung Stratosphäre, die CO2 abhängige Brennstoffe werden durch CO2 Steuer immer teurere und teurere – die ganze Öko-Bemühungen fangen langsam an zu stinken, und zwar gewaltig! Statt Umwelt zu schützen und unser Planet zu retten, scheinbar das ganzes dieses Aktionismus hat nur ein verstecktes Ziel – die Bürger zu rauben. Leider, mehr ist nicht drin.
Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Ja 0,79€ für spontan laden ist nicht die günstigste Version. Man sollte ruhe bewahren und abwarten, wie es sich entwickelt. Solang Maingau und Co mit ihren Preisen darunter liegen, ist das alles kein Problem. Außerdem gibt es immer noch alternativen. Und sein wir ehrlich…wie oft lädt der Otto Normalverbraucher ad hoc an der Autobahn bei Ionity? Ich mit meinem Leaf gar nicht….Ionity hat kein CHAdeMO.
Wenn man seine Route vorher plant gibt es bestimmt alternativen. Ich denke die wenigsten werden 0,79€ bezahlen (vielleicht Urlauber) ob sich dieser Preis auf Dauer durchsetzt denke ich nicht. Die Unternehmen wollen Geld verdienen, aber mit solchen Preisen bestimmt nicht…ohne Kunden kein Geschäft.
Und die Aussagen Laden kostet 79€ (für 100kw Akku) und im kleinen (oder gar nicht) wird dann geschrieben das diese Preise selten oder gar nicht zustande kommen ist nicht hilfreich. In ein paar Monaten interessiert das Thema vielleicht keinen mehr. Also Ruhe bewahren und schön kostenlos laden oder günstig zu Hause.
was ionity für Spontan-Lader nimmt ist so demaßen unwichtig. Wichtig ist das Laden zu Hause an der Steckdose oder Wallbox.
Da werde ich zu 98% meinen Strom ziehen.
Autobahn? Schnellader? im Urlaub mal (1x2x im Jahr) aber sonst Null.
Ist unwichtig.
Je teuer umso besser – dann sind die Ladestationen wenigstens frei.
Ganz wichtig. Zuparkgebühren von 1 Euro/Minute!
„Erlaubt sind demnach nur noch Preise nach einer einzigen Mengeneinheit“
Das stimmt so nicht ganz. Das BMWi ergänzt sehr bewusst in seinem Rechtsgutachten:
„Dies schließt jedoch mehrstufige Tarife nicht aus, bei denen die Unternehmen neben der Abgabe von Strom nach kWh andere Preisbestandteile wie ein Entgelt je Ladevorgang (z. B. für die Nutzung der Ladeinfrastruktur in Form einer Grund- oder Startgebühr) oder ein Entgelt für das „Besetzthalten“ der Ladesäule in Form einer Parkgebühr erheben.“
… so lange diese Nebenbestandteile bleiben und die Hauptabrechnung nach kWh erfolgt.
Guter Hinweis, danke. Das „Zuparken“ von Ladesäulen ist in der Tat ein Problem, das sich wohl nur mit einer Zusatzgebühr lösen lässt.
IONITY wird den Anfang mache; und alle anderen werden bald nachziehen, auch die Tesla Boys werden noch ihre Lektion abbekommen. Ich frage mich nur weshalb noch kein Hersteller darauf gekommen ist Chademo und CCS gemeinsam laden zu können? Oftmals ist die naheliegenste frei Ladestation eine CCS die ich dann mit meinem Chademo wiederum nicht nutzen kann.
Besitzer von japanischen Fahrzeugen mit Chademo-Anschluss werden in der Tat in Europa zunehmend diskriminiert. Bei Ionity ist dafür kein Platz vorgesehen. Immerhin gibt es bei anderen Energieversorgern Anschlüsse. Einige Autohersteller reagieren bereits darauf: Nissan will im Laufe des Jahres den Leaf als Option auch mit CCS anbieten.
da wird niemand diskriminiert. Ganz im Gegenteil. Es gibt immer noch Chademo bei Ikea.
Ich sehe das umgekehrt: In Japan gibt es NULL CCS-Säulen .. da sollte man mal ran ..
Deshalb bietet BMW den i3 in Japan ja auch mit Chademo-Anschluss an
„Deshalb bietet BMW den i3 in Japan ja auch mit Chademo-Anschluss an“
und warum Nissan kein CCS? Gurkentruppe oder Arroganz?
Von einem neuen Nissan LEAF mit CCS habe ich noch nichts gehört aber daß ein neuer Nissan mit der Typenbezeichnung ARYA kommen soll geistert in einigen Fachzeitschriften herum. Könnte es sein daß dort endlich CCS seinen Einzug findet, wäre höchste Zeit?
Die Info hat mir ein Nissan-Ingenieur gegeben. Den Leaf wird es im Laufe des Jahres wahlweise mit CCS oder Chademo-Anschluss geben. Bei der Wahl von CCS soll angeblich auch die Ladeleistung auf 100 kW steigen. Der Arya wurde in Tokio gezeigt. Er wird den Leaf aber nicht ersetzen.
Das ist die deutsche Mentalität…erst mal alles schlecht reden. Abwarten und ruhe bewahren. Der Preis wird sich nicht durchsetzen für die meisten. Wer kauft schon ein Auto von den Ionity Betreibern und zahlt solche Preise in Zukunft? Und wer lädt schon bis zu 100% an solchen Ladern? Ist wohl nur jemand der keine Ahnung hat,wie das Spiel so läuft. Ich hab auch CHAdeMO und plane es, wenn ich mal Langstrecke fahren sollte mit ein….
Kauft den Tesla x od. s, Problem gelöst.
Ich habe ein Autoleben lang free Charger.
Ist schon ok so, der Stromirrsinn wird damit wieder eingebremst, war vorhersehbar und richtig, jeder vernünftig denkender Mensch kann sich vorstellen dass die Sache keine große Zukunft hat!
Kauft Tesla! Problem und lange Diskussion gelöst.
Schafft doch Platz für die Wasserstoffvariante oder alternativen Treibstoffen.
Die Roamingpartner müssen aber an Ionity keine 79 Cent zahlen. D.h., um die Kosten zu umgehen braucht man nur die Karte eines anderen Anbieters und zahlt dann weniger. Aktuell liegt der günstigste Tarif bei Ionitysäulen bei 25 Cent pro kwh! Das wird auch nach dem 31.1. erst mal so bleiben.
Bei welchem Anbieter kostet es denn nur 25 Cent/kWh?
Bei Maingau —> ABER, Du musst aber auch einen klassischen Strom oder Gas Vertrag bei denen haben —> Maingau-Energiekunden
Dann sind´s in der Tat 25 Cent CCS für 60 min bzw. stolze 240 min für AC, danach 10 Cent Standgebühr zzgl.
Also die Preise für Laufkunden betragen bei Ionity 0,79 €/kWh weil die Infrastruktur (20% EU Förderung) und Erhaltung so teuer ist.
Warum zahlt man dann als Abo Kunden (z.B. e-tron charging service) „nur“ 0,33 €/kWh bei Ionity, hier spielen die Infrastrukturkosten keine Rolle mehr.
Der Endkunde wird wieder für Dumm verkauft. Man möchte Abos forcieren um Kunden zu binden bzw. gewissen Herstellern des Joint-Venture einen Vorteil zu verschaffen.
Gegenfrage – warum zahlen Teslafahrer als Teslakunde nur 0,33 €/kWh am Supercharger? Wieviel muss ein e-tron am Supercharger zahlen?
Nix….soweit ich weiß können die da nicht laden….