Im ersten Teil haben wir geschildert, welche Anstrengungen unternommen werden, damit das Elektroauto auch auf Fernfahrten mit Strom versorgt werden kann. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur zeigt dort Wirkung. Aber immer noch werden Elektroautos von ihren Besitzern zum überwiegenden Teil am Wohnort geladen, in der privaten Garage – so es denn eine gibt – oder an öffentlichen Ladesäulen. Von den Fortschritten und den Herausforderungen – für Eigenheimbesitzer wie Mieter – erzählt Teil 2.

… als Eigenheim- Besitzer

Petra Gottwald hat nette Nachbarn. Denn die hatten nichts dagegen, dass die 52-jährige Rüsselsheimerin in der Tiefgarage ihrer Wohnanlage mit Reihenhäusern und Eigentumswohnungen zwei Starkstromsteckdosen installieren ließ. Was nicht selbstverständlich ist (dazu später mehr).

„Manche sind sogar neidisch auf die schicke Ausführung und dass wir am Stellplatz jetzt Strom haben“, erzählt die begeisterte E-Mobilistin.

20 Meter Kabel bis zum Hauptverteiler hat der Elektriker verlegt, seitdem kann Gottwald ihren Kia Soul dort über ein Adapterkabel laden, ihr Mann seinen Hyundai Kona Elektro. Den Stromverbrauch misst sie mit einem Zwischenzähler, die Energie rechnet die Hausverwaltung über die Nebenkosten ab.

Das Beispiel zeigt: Nicht immer muss eine teure Wallbox her, die je nach Ausführung bis zu 1000 Euro kostet, um zu Hause das Elektroauto zu laden. Eine Steckdose, sogar mit ganz normalem Haushaltsstrom, mag für den Fahrer eines Plug-in-Hybrids vollauf genügen. Und auch wer ein reines Akku-Auto bewegt, sollte sich, bevor er den Elektriker ruft, ein paar praktische Fragen stellen: Kann ich – womöglich kostenlos – am Arbeitsplatz Energie bekommen? Was schafft mein Wagen? Ein Jaguar i-Pace etwa hat nur einen Lader an Bord, der sieben Kilowatt (kW) Wechselstrom verträgt. Eine Wallbox mit 11 oder gar 22 kW Leistung wäre da völlig überdimensioniert.

Ebenso gilt es, das eigene Fahrprofil zu berücksichtigen. Journalistin Gottwald hat viele externe Termine und lädt oft unterwegs. Ihr Kia ist daher selten völlig leer, daheim füllt sie den Akku nur dann bis 100 Prozent auf, „wenn eine längere Tour, etwa die 400 Kilometer zu den Eltern in Niederbayern, ansteht“.

Anders die Lage für Dienstwagenfahrer. Oft übernimmt deren Arbeitgeber die Kosten für den Strom. Um den daheim abrechnen zu können, gibt es intelligente Wallboxen, die jeden Ladevorgang erfassen. Und die etwa mittels App oder Chipkarte auch zwischen Firmenfahrzeug und privatem Zweitwagen unterscheiden können. Solche Lösungen haben die großen Autohersteller mittlerweile im Programm, aber auch Leasinggesellschaften wie Alphabet oder Ladedienstleister wie die ShellTochter NewMotion.

Petra Gottwald zahlt ihren Strom selbst. Bescheidene 750 Kilowattstunden (kWh) hat sie vergangenes Jahr zu Hause gezapft – bei einer Fahrleistung mit dem Soul von 30.000  Kilometern  und  dem Kona von 50.000  Kilometern.  Das entspricht 225 Euro bei dem in Deutschland üblichen Strompreis von 30 Cent pro kWh. Was günstiger ist als an vielen öffentlichen Ladesäulen, an denen die kWh auch mal 79 Cent kosten kann.

Wer ausschließlich daheim lädt, kommt auf circa 810 Euro Stromkosten, wenn er wie der Durchschnittsdeutsche sein Auto bei einem Verbrauch von 18 kWh pro 100 Kilometer im Jahr ungefähr 15.000 Kilometer weit bewegt. Da lohnt ein kritischer Blick auf die Rechnung des eigenen Energieversorgers. Kunden des günstigsten Anbieters aus der Liste, die das Vergleichsportal Verivox für EDISON zusammengestellt hat, zahlen nur 730 Euro – für Ökostrom höchster Qualität.

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250 Euro gespart

Das Vergleichsportal Verivox hat ermittelt, was 6000 Kilowattstunden Ökostrom bester Qualität pro Jahr kosten. Die Energiemenge sollte den Bedarf eines Vier-Personen-Haushalts mit einem Elektroauto ungefähr decken. Je Wahl des Anbieters lässt sich ein dreistelliger Betrag sparen. Quelle: Verivox

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Dichteres Feld

Bei dem größeren Angebot von Ökostrom mit Gütesiegel liegen die Preise der Energieversorger dichter beieinander. Quelle: Verivox

Den sollte der E-Fahrer seinem Auto nicht nur aus Klimaschutzgründen gönnen, sondern auch weil dies Bedingung vieler Förderprogramme ist. So übernimmt etwa das Land NRW die Hälfte der Kosten (bis 1000 Euro) für die Installation einer privaten Ladestation. Auch manche Energieversorger geben Zuschüsse.

… als Mieter im Mehrparteienhaus

Wie ergeht es eigentlich den Stromnetzen, wenn sich das E-Auto einmal durchgesetzt hat und alle Bewohner eines Mehrfamilienhauses nach Feierabend ihr Fahrzeug zugleich laden wollen? Droht der Blackout, gehen dann die Lichter im Viertel aus? Michael Schmid will beweisen, das genau das passiert: nichts – selbst wenn 1300 Autos zugleich an den Wallboxen des Dörnberg hängen. Er verantwortet als technischer Leiter dieses Wohnquartier auf dem ehemaligen Rangierbahnhof in Regensburg. Dort errichtet sein Arbeitgeber, die Haupt Immobilien Holding, einen Komplex aus mehreren Gebäuderiegeln, in denen einmal bis zu 1300 Wohnungen und ebenso viele Stellplätze entstehen werden. Die ersten rund 600 Bewohner sind bereits eingezogen.

Schmid und seine Kollegen haben zusammen mit den örtlichen Stadtwerken, der Rewag, dafür gesorgt, dass sie an jedem Platz eine Wallbox mit 22 kW Ladeleistung installieren können. Das kostet den Besitzer der Eigentumswohnung einmalig 2099 Euro. Die nötige Verkabelung und Technik ist in jedem Gebäudeteil vorhanden. Die Versorgung der Autos läuft über einen eigenen Stromanschluss, getrennt von der Wohnungsversorgung. Und jeder Bauabschnitt verfügt wiederum über einen Extra-Trafo.

Die Hardware allein genügt aber nicht, um die Stromversorgung stabil zu halten. Eine Software steuert, welches Fahrzeug wann Energie erhält. Hat beispielsweise ein Fahrer in seiner App angegeben, dass der Akku morgens um acht Uhr für die Fahrt zur Arbeit zu 80 Prozent gefüllt sein soll, kann das System das Laden starten, wenn genug Kapazität zur Verfügung steht. „Gegen einen Preisaufschlag kann das Elektroauto aber auch sofort geladen werden“, erklärt Schmid.

Der Schauspieler Peter Lohmeyer spielt gerne finstere Rollen. Doch privat ist er eher ein lässiger Typ. Als er sich vor vier Jahren sein erstes Elektroauto zulegte, gab es rund um seine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Hamburg-Ottensen kaum eine öffentliche Ladestation. Um trotzdem jeden Abend die Batterien laden zu können, erwarb er im Baumarkt ein 30-Meter-Kabel – für eine Direktverbindung zwischen dem Stromer auf dem Bürgersteig und einer Steckdose im zweiten Obergeschoss. „Über ein rotes Kabel stolpert schon keiner.“ Für alle Fälle je zwei Pylone vor und hinter das Auto – fertig war der Ladeplatz.

Hamburg ist inzwischen die Stadt mit einer der besten Ladeinfrastrukturen in Deutschland. Allein in Ottensen gibt es mehr als ein Dutzend öffentliche Ladesäulen und sogar drei Schnelllader. Sein rotes Kabel holt Laternenparker Lohmeyer deshalb nur noch selten aus dem Kofferraum, zumal sein neuestes E-Mobil über 300 Kilometer mit einer Akkuladung kommt.

Solche Lösungen werden künftig in Deutschland Standard werden. Denn das Bundeskabinett hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, das für neue Wohngebäude mit mindestens 20 Stellplätzen vorschreibt, dass dort die Technik vorgerüstet ist. Für den Einbau der eigentlichen Wallbox muss dann der Mieter oder Besitzer einer Eigentumswohnung sorgen. Und in einem zweiten Schritt hat die Große Koalition das Wohnungseigentumsgesetz geändert, damit die lieben Nachbarn nicht den Einbau eines Ladepunktes verhindern. Heute genügt ein einziger Miteigentümer in Mehrparteienhäusern, der sich querstellt, und schon darf kein Elektriker mehr anrücken.

Und die Situation hat sich auch in anderen Städten für die Elektromobilisten ohne eigene Garage und private Lademöglichkeit deutlich entspannt. Dazu hat unter anderem Ubitricity beigetragen. Das Start-up rüstet Hunderte Straßenlaternen zu Ladepunkten auf – vor allem in Berlin, aber auch in und um Dortmund. Und längst montieren nicht nur große Stromversorger und Stadtwerke Ladesäulen. Auch Aral und Shell mischen mit und bauen High Power Charger, wo ein Elektromobil schnell wieder zu Kräften kommt. Denn wer täglich nur wenige Kilometer mit dem Auto fährt und einen Akku mit einer Speicherkapazität von 40 oder 50 Kilowattstunden an Bord hat, muss nur noch etwa einmal die Woche an die Leitung.

… als Laternenparker

Wer sich mehr Zeit nehmen und sparen will, steuert den nächsten Aldi, Lidl oder Ikea-Markt an: Viele große Einzelhandelsketten locken inzwischen mit der Möglichkeit, während des Einkaufs kostenlos Strom zu tanken. Der Kölner Kabarettist Jürgen Becker („Mitternachtsspitzen“) wurde so zum Strom-Schnorrer und Schlafgänger:

„Wenn ich müde bin, fahre ich zum Ikea. Ich hänge meine Zoe ans Kabel und penne derweil auf dem Sofa.“

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10 Kommentare

  1. Manfred S.

    Gut zu wissen, dass es nicht immer eine Wallbox sein muss. Wir wollen ein Carport installieren. Noch haben wir kein E-Auto, aber das wird wohl eine Frage der Zeit sein. Daher wollen wir die Stromversorgung beim Anbau mit berücksichtigen. https://gartenbau-carport-garagen.de/muenchen/

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    • Franz W. Rother

      Sehr gute Idee. Nein, es gibt Alternativen zu Wallbox.com. Allerdings nicht viele, wenn die Station bidirektional arbeiten können soll.

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  2. Peter Schmitt

    Diese onboard Ladefunktion mit 22kW scheint den Herstellern richtig Geld zu kosten. Selbst bei Tesla haben nur die alten Model S vor 2016 22kW danach nur noch 18kW. Model 3 und Y nur 11kW. 11kW sind für alle eAutos voll ausreichend. Früh ist die Batterie immer voll. Man spart sich dann auch die Wallbox und es reicht eine 16A CEE Dose. Im Notfall muss man sich halt einen DC Lader auf dem Weg suchen. Mit einem Model 3 ist das kein Thema, die können an den neuen Superchargern mit 250kW laden. Das wird durch den neuen 24h Weltrekord deutlich, der nur durch die höhere Ladeleistung verbessert werden konnte. Siehe hier: https://www.tesla-car-rent.com/info/24h-weltrekord/

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  3. Matthias Moser

    Ich plädiere dafür, daß die Hersteller sich darauf einigen, mindestens einen 22kW Lader standardmäßig einzubauen – egal ob E oder hybrid. Normalerweise ist ein Eigenheim mit 30kW am Netz, damit reicht es immer, besonders, wenn man zeitversetzt lädt. Die meisten öffentlichen Lader können auch die 22kW. Solche 7kW Lader, wie beim Jaguar sind m.E. ungeeignet und unpraktisch.

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  4. Harald Dethlefs

    Ich fahre seit fast drei Jahren einen E-Golf und lade an meiner 220V/16A Außensteckdose. Der von VW mitgelieferte Ladeadapter hat eine Leistung von 2 kW.
    Funktioniert einwandfrei über Nacht und reicht mir vollkommen.
    Außer CCS Ladung mit 50 kW kann der E-Golf nur mit maximal 7 kW laden. Ich weiß nicht ob das für alle Zukunft meiner E-Mobilität reicht, aber im Moment ist es gut. Die Möglichkeit eine eigenen Wallbox zu installieren hat man ja immer noch.

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  5. Niki

    Ich brauche keine Wallbox, reine Geldverschwendung.
    Ich lade an der vorhandenen roten 400V / 16A Drehstrom Steckdose zu Hause. Trotz aller Besserwisser wird hier nichts warm oder heiß, alles bestens, alles sicher, alles cool!

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    • Franco

      Ich meine das selbe. Wo hast du aber den nötiogen Adapter gekauft ? Danke

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  6. Peter Lustig

    Hallo Manfred
    Du hast wohl früher in der Verbrenner Zeit täglich an der Tankstelle gestanden um die fehlenden 6,46 Liter Benzin oder Diesel nachzutanken damit der Tank für die nächsten Pendler Kilometer voll ist
    Wenn ich mein Akku über Nacht an einer Haushaltssteckdose bei ca 2,5 kw Leistung 12 Stunden zu stehen habe kommt was bei raus , bei meiner Fahrweise gut 200 Km + raus
    Also klar zu erkennen nicht jeder braucht eine Wallbox für zu Hause ( Elektriker hat natürlich alles vorher gecheckt
    Außer man muss seinem Nachbarn zeigen was man sich alles leisten kann
    Nichts für ungut kleine Brötchen schmecken auch
    Fahr elektrisch

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  7. Manfred

    Zu „ Was schafft mein Wagen?“ Vorsicht: unbedingt das Kleingedruckte der Hersteller lesen! Gerade das Fahrzeug, das nur 7kW laden kann würde eine 22kW Wallbox benötigen! Die 7kW-Ladung erfolgt nur über eine (1) Phase, dazu müsste sie für 32A ausgelegt sein. Eine Haushaltssteckdose liefert nur max. 10A (= max. 2,7kW), was die Ladedauer fast verdreifacht!
    Siehe z.B. Website Jaguar: „Um zu Hause das optimale Ladeergebnis zu erzielen, können Sie eine von Jaguar empfohlene Wandladestation verwenden*1 Der I-PACE ist mit einem 7-kW-Wechselstrom-Bordladegerät ausgestattet, mit dem das Fahrzeug über Nacht vollständig geladen werden kann. Die bereitgestellte Ladegeschwindigkeit pro Stunde entspricht einer elektrischen Reichweite von 35 Kilometern *2. Bei der Verwendung einer herkömmlichen Steckdose fällt die Ladegeschwindigkeit etwas geringer als bei einer Wandladestation aus (bis zu 11 Kilometer an elektrischer Reichweite pro Stunde).“
    Fussnote 2 sagt, dass in Deutschland sogar nur 4,6kW möglich sind. (Sog. Schieflastgrenze). Also nicht wundern wenn es bedeutend länger dauert daheim.

    Gleiches gilt u.a. auch für den Mercedes: selbst mit einer Wallbox dauert die Vollladung zuhause ca. 12 Stunden. An der Haushaltssteckdose über 40 Stunden.

    Da sparen einige Hersteller leider bei den on-Board-Ladern. Positives deutsches Beispiel: BMW i3. Ich lade daheim mit 11kW und somit ca. 60km pro Stunde.

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    • Hermann

      @Manfred: In welchem Altbau wohnen Sie denn? Bei mir (EFH BJ 1962) leisten Haushaltssteckdosen 16A, also gut 3,6kW. Reicht locker für meinen Plugin Hybriden.

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