Suzuki ist nicht dafür bekannt, Entscheidungen vorschnell übers Knie zu brechen. Also haben sich die Japaner auch bei der Elektromobilität Zeit gelassen, Toyota ins Boot geholt und bringen nun mit dem e-Vitara einen Elektro-SUV auf den Markt, der im B-Segment für Furore sorgen soll. „Suzuki findet im wahren Leben statt. Der e-Vitara soll Pragmatiker und Konservative ansprechen“, sagt Daniel Schnell, der Marketingchef von Suzuki Deutschland.

Der 4,27 Meter lange E-Crossover wird grundsätzlich in zwei Antriebs- und Batterievarianten angeboten: Während man den Vorderradantrieb sowohl mit den Akkus mit 49 Kilowattstunden Kapazität als auch mit denen mit 61 kWh koppeln kann, gibt es die Allradversion nur mit den „großen“ Energiespeichern. Die WLTP-Reichweite der Basisversion (Hinterradantrieb, kleine Akkus) beträgt 346 km, mit den großen Akkus sind es 428 km und mit Allradantrieb 412 km. Alles nicht rekordverdächtig, aber in Ordnung.

Ab ins Gelände
Der Elektro-Vitara sieht nicht nur aus wie ein Geländewagen. Mit Allradantrieb schlägt er sich auch abseits asphaltierter Wege gut.
Ab ins Gelände
Der Elektro-Vitara sieht nicht nur aus wie ein Geländewagen. Mit Allradantrieb schlägt er sich auch abseits asphaltierter Wege gut.

Suzuki setzt auf Lithium-Eisenphosphat-Akkus, eine Wärmepumpe und eine möglichst effiziente Nutzung der Heizung für die Sitze, die Lenkung und natürlich die Klimaanlage. So soll die Reichweite bei einer Temperatur von 0 Grad Celsius nur um neun Prozent sinken. Also von 428 auf 389 Kilometer. Bei den Ladeleistungen liefert der e-Vitara ein ambivalentes Bild ab: Während 11 kW beim AC-Stromtanken noch völlig okay sind, sind maximal 90 kW beim DC-Laden im Jahr 2025 alles andere als optimal. Die 61-kWh-Batterien sind an einer Wallbox in 5,5 Stunden von zehn auf 100 Prozent gefüllt. An einem Schnelllader dauert es 45 Minuten von zehn auf 80 Prozent.

Vier neue Stromer bis 2030

Das wiegt umso schwerer, da der e-Vitara das erste vollelektrische Modell ist, das auf der neuen Heartec-e-Plattform basiert, die Toyota für den Urban Cruiser nutzen wird. Da sollte eine bessere Ladeleistung drin sein. Der Onboardlader spielt eine wichtige Rolle, kostet aber auch Geld. Da der Suzuki e-Vitara gegen Konkurrenten wie den Opel Mokka Electric (ab 36.740 Euro), dem Smart #1 (ab 36.990 Euro) und dem Kia EV3 (ab 35.990 Euro) antritt und zu einem Kampfpreis auf den Markt kommen dürfte, muss das Geld ja irgendwo eingespart werden.

Eile mit Weile
Mit einer maximalen Ladeleistung von 90 kW an einer mit Gleichstrom betriebenen Schnellladesäule bremst der eVitara andere Elektroautos hier eher aus: 45 Minuten braucht es, um den Ladestand von 10 auf 80 Prozent zu heben. Fotos: Suzuki
Eile mit Weile
Mit einer maximalen Ladeleistung von 90 kW an einer mit Gleichstrom betriebenen Schnellladesäule bremst der eVitara andere Elektroautos hier eher aus: 45 Minuten braucht es, um den Ladestand von 10 auf 80 Prozent zu heben. Fotos: Suzuki

Wir hoffen dennoch, dass Suzuki bis zum Marktstart da noch nachbessert. Immerhin planen die Japaner bis 2030 vier BEV-Modelle einzuführen, darunter vermutlich einen elektrischen Swift. Allerdings ist der Nippon-Autobauer schlau genug, nicht allein auf die Stromer zu setzen. Der Vitara mit Verbrennungsmotor wird weiterhin gebaut, während der e-Vitara und der Urban Cruiser von Toyota zusammen mit einem Elektroauto von Daihatsu im indischen Guajarat vom Band laufen.

Rückbank ist verschiebbar

Beim Infotainment ist der Fortschritt des E-Crossovers sofort spürbar. Während das Suzuki-Unterhaltungsangebot bisher etwas angestaubt war, ist das Cockpit des e-Vitaras ist mit einem 10,25 Zoll großen Instrumentendisplay und einem 10,1 Zoll Touchscreen ausgestattet. Die Bedienung des Infotainments ist einfach. Um die Kommandozentrale zu konfigurieren, zieht man einfach eine Funktion per Drag’n Drop aus der Seitenleiste auf den Bildschirm. Eine klasse Idee ist auch, dass bei den Menüs zum Aktivieren der Fahrassistenzsysteme kurze Animationen zeigen, um was es geht. Unser Favorit, der einnickende Fahrer, der von der Kamera überwacht und mit einem Ton wieder wachgerüttelt wird. Wer lieber die vertraute Umgebung haben will, kann das Smartphone per Apple CarPlay oder Android Auto einbinden.

Zwischen Tradition und Moderne 
Das Cockpit des Suzuki e-Vitara gibt keine Rätsel auf. Die wichtigsten Funktionen werden über Schalter direkt angesteuert.
Zwischen Tradition und Moderne
Das Cockpit des Suzuki e-Vitara gibt keine Rätsel auf. Die wichtigsten Funktionen werden über Schalter direkt angesteuert.

Platz ist im Fond genug vorhanden, vor allem weil die Rückbank um 16 Zentimeter verschiebbar ist. Etwas Kopfzerbrechen bereitet uns noch die Sitzposition. Die Lenkradsäule ist zu kurz und somit sind die Verstellmöglichkeiten in der Längsrichtung als auch in der Höhe eingeschränkt, um eine wirklich ideale Position hinter dem Volant einnehmen zu können. Wir kamen auch so gut zurecht, aber es ginge eben noch besser.

Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h

Das Gleiche gilt für die Sitze, deren Schenkelauflage zu kurz und der Seitenhalt zu gering ist. Beim Gestühl verspricht der Leiter der europäisches Suzuki-Entwicklung Cesar Rodrigues Besserung bis zur Markteinführung in Deutschlang. Schließlich sitzen wir ja noch in einem Prototypen. Bei der Lenkradsäule dürfte das Nacharbeiten schwieriger werden.

Mit Ecken und Kanten
Mit einer Länge von 4,27 Metern und einem Radstand von 2,70 Metern konkurriert der e-Vitara unter anderem mit dem Kia EV3.
Mit Ecken und Kanten
Mit einer Länge von 4,27 Metern und einem Radstand von 2,70 Metern konkurriert der e-Vitara unter anderem mit dem Kia EV3.

Das bringt uns zum Fahrverhalten des B-Segment-Stromers. Folgende Antriebsvarianten stehen zur Auswahl: Mit Vorderradantrieb und wahlweise 106 kW oder 128 kW Leistung und einem Drehmoment von jeweils 193 Newtonmetern. Damit beschleunigt der e-Vitara in 9,6 beziehungsweise 8,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und ist maximal 150 km/h schnell. Nicht schneller ist die Allradversion, die mit einer Systemleistung von 135 kW oder 184 PS und 307 Newtonmeter Drehmoment aufwartet. Wobei die Vorderachse identisch bleibt und nur die elektrische Hinterachse mit 48 kW Leistung dazukommt. Suzuki nutzt übrigens ausschließlich Permanentmagneterregte Synchronmaschinen (PSM) als Motoren.

Drei Fahrmodi und Rekuperationsstufen

Wir waren mit beiden Versionen unterwegs, Vorderrad- und Hinterradantrieb. Die Fahrmodi Eco, Normal und Sport unterscheiden sich nur geringfügig. Auch hier sollten die Ingenieure noch einmal nachbessern. Der e-Vitara bietet aktuell drei Rekuperationsstufen an: niedrig (mit 0,09 g Verzögerung), mittel (0,12 g) und hoch (0,15 g), bei der das Auto bis zu einer Geschwindigkeit von 5 km/h abgebremst wird. Das One-Pedal-Fahren aktiviert man per Knopfdruck.

Feine Unterschiede
Vor allem in Kurven und beim Herausbeschleunigen aus engen Ecken stellt der Allradler den Fronttriebler deutlich in den Schatten, der zum Untersteuern neigt. Die Lenkung könnte bei beiden Varianten mehr Rückmeldung geben.
Feine Unterschiede
Vor allem in Kurven und beim Herausbeschleunigen aus engen Ecken stellt der Allradler den Fronttriebler deutlich in den Schatten, der zum Untersteuern neigt. Die Lenkung könnte bei beiden Varianten mehr Rückmeldung geben.

Das Fahrwerk ist komfortabel, aber gut abgestimmt. Vor allem schnell aufeinanderfolgende Querfugen steckt der e-Vitara gut weg. Bei langen Wellen wippt der Aufbau nach. Etwas besser schlägt sich da die Version mit Allradantrieb, die einen Querstabilisator an der Hinterachse hat . Das gilt auch für die Agilität, auch wenn der e-Vitara 4 WD mit einem Gewicht von 1.899 Kilogramm um 100 kg schwerer ist als mit einer Antriebsachse. Vor allem in Kurven und beim Herausbeschleunigen aus engen Ecken stellt der Allradler den Fronttriebler deutlich in den Schatten, der zum Untersteuern neigt. Die Lenkung könnte bei beiden Varianten mehr Rückmeldung geben.

Preise dürften bei 30.000 Euro starten

Ein erweitertes Steuergerät regelt das Zusammenspiel der beiden Achsen. Bei konstanter Geradeausfahrt beträgt die Kraftverteilung 54 Prozent vorn zu 46 Prozent hinten. Beschleunigt man, schwingt das Pendel in Richtung Hinterachse. Wechselt man bei rutschigem Untergrund in den Trail-Modus, kann sich das Verhältnis bis zu 100 Prozent auf eine Achse verschieben. Mehr als die 48 kW Leistung sind aber an der Hinterachse nie drin. Logisch. Ein klassisches Torque Vectoring gibt es beim e-Vitara nicht, Bremseingriffe an einzelnen Rädern müssen genügen.

Auch wenn der Allrad-e-Vitara auf kurvigen Strecken mehr Spaß macht, ist man auch mit dem Fronttriebler gut unterwegs. Es sei denn, man wohnt in den Alpen und hat öfter mit schneebedeckten Fahrbahnen zu rechnen. Der Suzuki e-Vitara rollt im Oktober auf den deutschen Markt. Die Preise werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben. Toyota will den Urban Cruiser für einen Einstiegspreis um die 30.000 Euro anbieten – daran wird sich Suzuki wohl orientieren müssen.

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