Der Honda e und der Nissan Leaf konnten es, der neue Renault 5 Electric ist dazu in der Lage – und bald werden es auch die Elektroautos der ID-Familie von Volkswagen beherrschen: das bidirektionale Laden. Strom lässt sich hier nicht nur in die Fahrzeugbatterie einspeisen, er kann aus dem Speicher auch wieder entnommen werden. Um angeschlossene Elektrogeräte aller Art im Hausnetz, sogar um liegenbebliebene Elektroautos mit Energie zu versorgen. Aber auch, um in Dunkelflauten – wenn Wind- und Sonnenkraftwerke als Stromversorger ausfallen – das öffentliche Stromnetz zu stabilisieren.
„Das Elektrofahrzeug wird zur Brücke zwischen Mobilität und Energiesystem“, prognostiziert eine neue Studie, die der ADAC zusammen mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) aus München erstellt hat. Die Technik dafür sei vorhanden, regulatorische Hemmnisse weitgehend aus dem Weg geräumt – und Ende des Jahres sei auch mit einer größeren Zahl an bidirektional ladefähigen Elektrofahrzeugen und entsprechenden Wallboxen auf dem Markt zu rechnen. Damit eröffne sich eine Möglichkeit nicht nur zu Kosteneinsparungen im Haushalt, sondern für die Fahrer von Elektroautos auch eine neue Verdienstmöglichkeit, sagen die Experten. Denn, na klar, das Einspeisen des im Akku gespeicherten Stroms in das gestresste öffentliche Stromnetz, muss ordentlich vergütet werden, wenn die „Brücke“ tragen soll.
In Studie haben die Experten beim FfE sich intensiv mit allen Aspekten des bidirektionalen Ladens aus Anwendersicht auseinandergesetzt – nicht nur mit der Technik, sondern auch und insbesondere mit den ökonischen Aspekten von „Vehicle to Home“ (V2H) und „Vehicle to Grid“ (V2G), also der Integration des mobilen Stromspeichers in das Energiesystem. Elektroautos, so ihre Schlussfolgerung, könnten bei der Energiewende eine wichtige Rolle spielen: Die gesamte Kapazität der Batterien aller heute bereits in Deutschland zugelassenden Elektroautos – rund 1,5 Millionen Einheiten – sei bereits größer als die Kapazität aller 30 deutschen Pumpspeicherkraftwerke (rund 40 Gigawattstunden) zusammen.
Wechsel- oder Gleichstrom?
„Bidirektionales Laden bietet die Chance, perspektivisch die schwankende Energieerzeugung durch Erneuerbare auszugleichen. Die Technik dafür ist bereits vorhanden, die noch offenen Fragen, vor allem zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen, müssen jetzt zeitnah beantwortet werden“, mahnt Gerhard Hillebrand, der ADAC Verkehrspräsident.
Tatsächlich muss noch einiges getan werden, damit sich der Aufwand für alle Beteiligten rechnet. So ist beispielsweise noch nicht abzusehen, welche Bordladetechnik sich in den Fahrzeugen durchsetzt, das DC- oder das AC-Laden. Beim neuen Renault 5 Electric oder auch im neuen Volvo EX90 befindet sich der Wechselrichter, der den im Akku gespeicherten Gleichstrom (DC) in Wechselstrom (AC) umwandelt, an Bord des Autos. Dadurch kann die bidi-fähige Wallbox deutlich günstiger ausfallen. Andere Autohersteller sehen den Wechselrichter lieber in der Wallbox – um die Kosten dafür beim Fahrzeug einsparen zu können.
Was kostet eine bidi-fähige DC-Wallbox?
„Es gibt derzeit noch keine eindeutige Tendenz einer Vorreiterstellung unter bidirektionalem Laden mit Wechsel- oder Gleichstrom“, heißt es in der Studie. „Jedoch scheint sich ein Großteil der deutschen Fahrzeughersteller dazu entschlossen zu haben, das bidirektionale Laden vorerst nur mit einer DC-Wallbox zu ermöglichen.“
In dem Fall erfolgt die Stromumwandlung zum Laden und Entladen in der Wallbox – die entsprechend teuer gerät. Unter 3000 Euro ist zumindest derzeit hierzulande kaum eine zu bekommen. Mit steigender Nachfrage und dank Skalierungseffekten könnten die Preise für DC-Wallboxen nach Einschätzung der Experten bis zum Jahr 2030 auf 1200 bis 2000 Euro sinken.
Aber Mehrkosten gegenüber einer konventionellen Ladestation bleiben auch dann, was die Verbreitung des bidirektionalen Ladens bremsen könnte. Zumal die meisten Besitzer eines Eigenheims mit Fotovoltaikanlage meist auch noch über einen (teuren) Heimspeicher verfügen – der Akku im Auto wäre dann nur eine Ergänzung. „Bei einer solchen Überlegung sollten Nutzer stets das eigene Mobilitätsverhalten und die Standzeiten des Autos am Haushalt gegen den gewünschten Nutzen des Batteriespeichers im Haus abwägen, rät die Studie.
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