Herr Roemheld, mit was für einem Elektroauto sind Sie gekommen?
Mit einem 204 PS starken ID.3 First Plus. Also einer der allerersten. Gebaut in Zwickau auf dem neuen Modularen Elektro-Baukasten.
Der wie viel Strom in seinem Akku speichern kann?
58 Kilowattstunden. Damit kommt man bis zu 420 Kilometer weit.
Wie groß ist die Reichweite aktuell?
(Nach einem kurzen Blick auf den Bordcomputer) Noch gut 70 Kilometer. Er könnte also eine frische Ladung Strom vertragen.
Aber dafür stehen wir ja auch an der Ladestation. Es ist nicht irgendeine öffentliche Ladestation in Wolfsburg, von denen es in der Autostadt und rund um das Volkswagen-Werk mittlerweile über 400 gibt. Es ist der erste Schnellladepark in Deutschland, der in Wolfsburg im vergangenen Frühjahr eingerichtet wurde und zugleich das Aushängeschild der Region für den Ausbau der Elektromobilität. Eingerichtet wurde die „E-Mobility Station“ an der Braunschweiger Straße auf dem Gelände einer ehemaligen Esso-Tankstelle aus dem Jahr 1951, die seit 25 Jahren unter Denkmalschutz steht. Dort, wo früher Benzin und Diesel floss, stehen nun vier schicke Schnelllader von Ionity. Mit bis zu 350 Kilowatt (kW) kann hier Gleichstrom geladen werden.
Unser mondsteingrauer ID.3 First Plus verkraftet allerdings nur maximal 100 kW. Das passt schon. Roemheld zückt eine We Charge-Karte, hält sie kurz an die Ladesäule, um sie freizuschalten. Anschließend öffnet er die Klappe hinten rechts am Fahrzeug, um den CCS-Stecker mit dem Auto zu verbinden. Das Ganze dauert keine Minute – und schon fließt der Strom. 40 Minuten, sagt der Bordcomputer, wird es dauern, um den Lithium-Ionen-Akku komplett wieder zu füllen. Wir haben also ausreichend Zeit für einen EDISON-Talk.
Herr Roemheld, wie lange fahren Sie schon elektrisch?
Seit ungefähr fünf Jahren. Damals war ich noch bei einem Münchner Wettbewerber tätig.
…der BMW heißt. Ich vermute mal, da habe Sie einen i3 bewegt.
Ein Fahrzeug der allerersten Generation, mit dem man unter idealen Bedingungen um die 120 Kilometer weit kam.
Da konnte schon einmal Reichweitenangst aufkommen.
Ich sehe die Elektromobilität derzeit in der zweiten Evolutionsstufe. Die frühen E-Modelle wie der erste e-Golf waren Fahrzeuge für Enthusiasten, die ein Stück leidensfähig waren. Wir sind als Familie letztes Jahr mit einem e-Golf zu einer Feier von Wolfsburg nach Nürnberg gefahren. Vier Stunden Fahrt, vier Stunden Laden – pro Strecke. Das war ein sehr intensives Familien-Erlebnis.
Papa, Papa, riefen die Kinder, wann sind wir endlich da?
So ungefähr. Mit dem ID.3 kommt jetzt die nächste Fahrzeuggeneration auf den Markt. Er ist voll alltagstauglich, mit größerer Reichweite und einer höheren Ladegeschwindigkeit.
100 statt 40 kW am Schnelllader.
Und mit 420 Kilometern Reichweite statt nur 230 Kilometern wie beim e-Golf. Meine Eltern leben in Dresden. Da fahre ich von Wolfsburg aus mit einem kurzen Ladestopp von 10 Minuten hin. Dort hänge ich den Wagen dann an die Steckdose am Gartenhäuschen – und kann am nächsten Tag mit vollem Akku wieder zurückfahren.
Der ID.3 ist also nach Ihrer Zählweise das Elektroauto der zweiten Generation. Was kommt in Generation drei?
Der Stromer für wirklich jeden Bedarf.
Also das 100 Prozent-Elektroauto. Für jeden Tag und jedes Fahrprofil?
Genau. Das E-Auto wird künftig alles können, was auch ein Dieselauto kann. Das Laden wird fast genauso schnell gehen wie heute das Tanken, auch der Preis wird auf einem ähnlichen Niveau liegen. Und ich kann das E-Auto obendrein preisgünstig an der heimischen Wallbox laden. Diese Option habe ich beim Verbrenner nicht. Der ID.3 ist schon sehr nah dran an dieser Vision. Und mit dem ID.4, den wir gerade vorgestellt haben, bekommt man auch die gesamte Familie samt Gepäck unter.
Wird das 100 Prozent-Elektroauto, das Sie beschreiben, auch alle Menschen zu 100 Prozent überzeugen? Viele haben ja aktuell immer noch große Vorbehalte gegen die Technik?
Die Zahl der Menschen mit Vorbehalten schwindet täglich. Das liegt auch daran, dass man die Fahrzeuge jetzt immer häufiger auf der Straße sieht. Und wer erst einmal selbst ein Elektroauto bewegt hat, mag meist nicht mehr zurück zum Verbrenner. Die Produkteigenschaften des E-Autos sind einfach sehr überzeugend. Es ist schnell, leise, nachhaltig und günstig im Unterhalt. Und wie man lädt, hat man auch schnell begriffen.
Wenn es reibungslos wie hier funktioniert.
In der Tat: Der Akku des ID.3 am Ionity-Lader ist inzwischen schon wieder zu 30 Prozent gefüllt.
Die Ladeinfrastruktur ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg des E-Autos. Wir haben beim Aufbau bislang sehr stark auf die Quantität ge-schaut. Es müssen weiterhin möglichst schnell möglichst viele Ladesäulen installiert werden. Aber jetzt müssen wir zusätzlich auch das Thema Qualität viel stärker in den Fokus rücken. Die Ladesäule muss funktio-nieren, wenn ich ankomme. Und ich muss notfalls sofort eine Hotline erreichen, wenn es Probleme gibt.
Was haben Sie da schon im Alltag erlebt?
Ich hatte zum Beispiel schon häufiger das Problem, dass ich den QR-Code auf der Säule nicht einlesen konnte, um die Station freizuschalten.
Weil es zu dunkel war oder die Säule in einem Funkloch stand?
Genau. Und auch die Hotline war nicht mehr erreichbar.
Idealerweise möchte ich aber auch nicht erst das Handy oder eine Ladekarte zücken müssen: Einstöpseln und Laden, Plug & Charge wäre mein Ideal.
Was sagt Martin Roemheld dazu? Das erfahren Sie im zweiten Teil.