Bald ist es wieder soweit: Die internationale Fahrradmesse Eurobike (3. bis 7. Juli) eröffnet in Frankfurt wieder ihre Pforten. Zunächst nur für Fachbesucher, am Wochenende und an den sogenannten „Festival Days“ dann auch für fahrradbegeisterte Konsumenten. Mehr als 1800 Unternehmen aus aller Welt werden dann auf dem Messegelände zeigen, mit welchen Produkten und Servicedes sie das Fahrradfahren noch komfortabler, sicherer und abwechslungsreicher machen wollen. Im Mittelpunkt – so viel lässt sich bereits sagen – werden einmal mehr die E-Bikes stehen, Fahrräder mit elektrischer Trittunterstützung.
Unter anderem wird Valeo Cyclee ein Update seines 130 Newtonmeter starken Mittelmotors zeigen, den derzeit stärksten seiner Art. Die weitere Besonderheit des Antriebs: Ähnlich wie bei der Motor-Getriebe-Unit (MGU) von Pinion ist auch hier der Motor mit einer Achtgang-Schaltung zu einer kompakten Einheit zusammengewachsen. Zudem präsentiert der chinesische Zhaowei-Konzern unter dem Namen Preeto P60 einen schlanken, nur 1,9 Kilogramm schweren Light-Assist-Motor mit 60 Newtonmeter Drehmoment sowie der taiwanesische Delta-Konzern einen neuen starken Mittelmotor mit 90 Newtonmetern für E-Mountainbikes und urbane Anwendungen.
Was uns zur Frage bringt: Wohin geht die Entwicklung von Elektroantrieben für Fahrräder – und welcher Antrieb ist für welchen Einsatzzweck am besten geeignet? Unser Artikel sortiert das Angebot und sorgt so für Orientierung beim E-Bike-Kauf.
Innovationen im Sauseschritt
Historische Patentschriften zeigen: Erste Elektrofahrräder waren bereits um 1895 auf europäischen Straßen unterwegs. Und die Vorteile der E-Bikes waren damals schon bekannt: ein großes Drehmoment aus dem Stand und ein hoher Wirkungsgrad im Gegensatz zu Dampfmaschine oder Verbrennungsmotor. In ihrer Form ähnelten die Antriebe dabei sogar den heutigen Modellen: Entweder waren sie als Nabenmotor im Vorder- oder Hinterrad oder als Tretlagermotor verbaut.
Und genau diese Frage der Platzierung des Motors beschäftigt die Produktentwickler der Fahrradindustrie bis heute. Wie rasant sich der gesamte E-Bike-Markt in den letzten Jahren gewandelt hat, verdeutlicht am besten das Beispiel des Vorderradnabenmotors: Anfänglich an so gut wie jedem E Bike verbaut, ist diese Gattung heute nur noch im Einstiegsbereich zu finden.
Die Beziehung von Drehzahl und Drehmoment
Doch bevor es um die Vorzüge der einzelnen Motorpositionen geht, kurz ein paar allgemeine Fakten zum Elektromotor. Diese beziehen sich auf Pedelecs, da diese Räder mit über 95 Prozent Marktanteil die gängigste Form der Anwendung sind. Für die Umwandlung von elektrischer Energie in mechanische werden beim Elektrofahrrad fast ausnahmslos Drehstrommotoren verwendet. Sie unterstützen das Pedalieren beim Pedelec bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h und haben eine maximale Nenndauerleistung von 250 Watt. Die Leistung des Motors berechnet sich durch die Multiplikation aus Drehmoment und Drehzahl mit der zweifachen Kreiszahl Pi.
Die Maximalleistung eines Elektromotors im E-Bike kann sich dabei zumindest kurzzeitig von der gesetzlich geregelten Nenndauerleistung unterscheiden. „Bei hohen Beanspruchungen wie Bergfahrten kann der Elektromotor eine durchaus höhere Spitzenleistung als die Nennleistung von 250 Watt bringen,“ so Anja Knaus vom schweizer E-Bike-Pionier Flyer. Wird umgekehrt nicht so viel Leistung abgefordert, liefert der Antrieb weniger als die erlaubten 250 Watt.
Sensor misst Trittfrequenz und Tretkraft
Das Besondere beim Pedelec ist, dass die Motorleistung nicht wie beim Auto über ein Gaspedal gesteuert wird, sondern durch die Tretleistung der Fahrer. Sensoren messen die Trittfrequenz und Tretkraft. Zusammen mit dem gewählten Unterstützungsgrad wird dann die Leistung berechnet, die der Motor beisteuern soll.
„In der Praxis fühlen E-Biker die kraftvolle Unterstützung, die gerade im hügeligen Terrain weiteren Schwung bringt. Das macht dann natürlich Spaß“, beschreibt Markus Riese, Gründer von Riese & Müller. Durch die unterschiedlichen Unterstützungsmodi eines jeden Systems können die Radler selbst entscheiden, welchen „Wumms“ sie gerne spüren möchten.
Jedes Motorkonzept hat jedoch eine unterschiedliche Leistungscharakteristik. Auch die Angaben zum maximalen Drehmoment variieren üblicherweise zwischen 40 und knapp 100 Newtonmetern. „Es ist deshalb ein Fehler zu denken: je höher das Drehmoment, desto besser. Mehr ist nicht immer besser als weniger. Hier spielen noch mehr Faktoren eine Rolle und die Drehmomente verschiedener Motorkonzepte und positionen sind auch nicht eins zu eins vergleichbar“, erklärt Steffen Krill vom Motorenanbieter Mivice.
Mittelmotor: Das Gute aus der Mitte
Wegbereiter des Mittelmotors waren die japanischen Hersteller Yamaha und Panasonic, die schon Anfang der 1990er-Jahre erste Fahrradantriebe in Serie fertigten. Mit dem Markteinstieg von Bosch 2010 hat die Einbauposition in der Mitte ihren endgültigen Durchbruch erlebt. Mittlerweile hat der Tretlagermotor in Deutschland bei E-Bikes die größte Verbreitung.
Der große Vorteil des Mittelmotors liegt darin, dass er über ein Schaltgetriebe wie Ketten- oder Nabenschaltung mit dem Hinterrad verbunden ist. Durch die Gangschaltung kann man, wie beim Fahrrad ohne E Antrieb, abhängig von der Fahrgeschwindigkeit die Übersetzung ändern. Dadurch arbeitet der Motor, sofern die Fahrradfahrer ausreichend schalten, weitgehend in seinem günstigsten Wirkungsgradbereich und mit der höchsten Leistungsabgabe.
„Vor allem beim Bergauffahren ist dadurch die Reichweite deutlich größer als beim Nabenmotor, es wird ein Überhitzen vermieden und im kleinen Gang ist auch das Drehmoment am Hinterrad viel größer. Ein Nabenmotor ist hingegen wie ein Fixie ein Eingangmodell und nur für einen schmalen Geschwindigkeitsbereich gut“, erklärt Fahrradkonstrukteur Riese. Zudem besitzen die Mittelmotoren ein Getriebe, das heißt eine interne Übersetzung, um im optimalen Wirkungsgrad zu arbeiten.
Mittelmotoren für einen niedrigen Schwerpunkt
„Die mittige Montage senkt zudem den Schwerpunkt, was das Fahrverhalten gerade beim sportlichen Fahren von E-(Mountain-)Bikes positiv beeinflusst“, ergänzt Matthias Rückerl, Brandmanager beim E-Mountainbike-Anbieter Haibike, einen weiteren Vorteil des Systems. Zudem funktioniert der Radein- und -ausbau, z. B. bei einem Reifenplatten, wie bei jedem konventionellen Fahrrad.
Doch zwei „Probleme“ bleiben bestehen: Der Antriebsstrang aus Kettenblatt, Kette und Kassette schluckt bei Tretlagersystemen etwas Leistung. So kommt nicht das volle Drehmoment des Mensch-Maschine-Hybridmotors am Hinterrad an, also dort, wo die Power gebraucht wird. Das kann jedoch aufgrund der Vorteile noch vernachlässigt werden, auch weil die Verluste äußerst gering sind.
Schwerer wiegt der höhere Verschleiß an Kette, Kettenblatt und Ritzelpaket, der durch das System entsteht. Ein Riemenantrieb kann hier Abhilfe schaffen, da er die höheren Kräfte besser verarbeiten kann, muss aber mit einer Nabenschaltung am Hinterrad kombiniert werden. Weiterhin brauchen E- Bikes mit Mittelmotoren spezielle Rahmenkonstruktionen für die Aufnahme des Systems. Das verursacht zusätzliche Kosten in Entwicklung und Produktion.
Die Räder sind deshalb weit mehr als ein Fahrrad, an das ein Motor geschraubt wurde. Mittelmotoren kommen auch bei „ausgefallenen“ Rädertypen wie Cargo-Bikes oder Liegerädern zum Einsatz. „Bei uns wird der Mittelmotor zum Frontmotor, da das Tretlager bei uns an vorderster Front arbeitet “, erläutert Alexander Kraft vom Liegeradhersteller HP Velotechnik. Beim Liegerad ist aber durchaus der Einsatz eines Hinterradnabenmotors sinnvoll. „Das kleine Plus ist, das man durch die Nabe mehr Gewicht am Antrieb hat und so die Traktion verbessert. Dank Baukaustensystem können die Kunden bei uns wählen – beide Varianten funktionieren tadellos.“
Was spricht für einen Hinterradantrieb? Das erfahren Sie im zweiten Teil.
Es gibt auch noch Frontmotoren bei höher Preisigen Rädern z.B. Van Rahm und Utopia-Velo.
Mittelmotoren haben den schlechtesten Wirkungsgrad der drei möglichen Positionen und denn höchsten verschleiß. Der Mittelmotor ist nur so verbreitet weil sich die großen Motorenhersteller darauf festgelegt haben da bei den anderen die Haltbarkeit besser ist und man weniger vollgegeschäfte hat.
Ich fahre seit etwa 6 Jahren ein Rad mit Hinterrad Motor, Riemen Antrieb und Pinion Getriebe.
Letztes Jahr hatte ich dann Motor und Steuerungs Probleme und stand vor der Entscheidung ein neues Rad zu kaufen oder für viel Geld einen passenden Ersatz Antrieb zu finden und einzubauen.
Nach diversen Probefahrten mit neuen Rädern habe ich mich dann doch für den Umbau entschieden.
Die Kombination von Pinion Getriebe, Riemen und Heck Motor ist für mich einfach am stimmigsten. Und eben so gut wie wartungsfrei.
Bei Neu Rädern aber halt auch nur im obersten Preis Segment zu finden.
Bis 6% Steigung ist auch alles ok. Darüber hinaus ziehen dann die Mittelmotorler locker an mir vorbei.
Der Umbau hat sich m. E. auch gelohnt da der neue Naben Motor wesentlich kleiner, leichter und mit weniger Widerstand bei leerem Akku zu fahren ist.
Das Argument beim Heckmotor könnte man eine Schaltung schlecht umsetzen stimmt ja gar nicht. Mein erstes E-Bike mit Mittelmotor (von Bosch) hatte nur 9 Gänge.Man konnte immer spüren, der erste Gang war lang übersetzt, für starke Steigerung, der letzte endete bei den angeordneten 25kmh. Bei meinem jetzigen e bike mit Heckmotor hab ich die normale Schaltung mit 8X3 Gängen und das passt immer.
Sorry, als langjähriger E-Motorenentwickler kann ich mir da einen Kommentar nicht verkneifen.
„ Für die Umwandlung von elektrischer Energie in mechanische werden beim Elektrofahrrad fast ausnahmslos Gleichstrommotoren verwendet.“
Das ist totaler Quatsch. Tatsächlich werden in e-bikes heute ausnahmslos Pm-Synchronmaschinen eingebaut, so wie auch in die meisten Elektroautos. Gleichstrommaschinen kommen in e-bikes überhaupt nicht mehr zum Einsatz, schon seiten Jahrzehnten nicht mehr.
Lasst euch nicht vom amerikanischen Marketingbegriff BLDC (brushless DC) verwirren: an diesen Maschinen ist nichts DC und das sind auch keine Gleichstrommaschinen. Es handelt sich um reine Drehstromantriebe und die technisch korrekte Bezeichnung ist EC-Motoren (electronically commutated).
„Die Leistung des Motors berechnet sich durch die Multiplikation aus Drehmoment und Drehzahl mit der Kreiszahl Pi.“
Nope, stimmt auch nicht. Die Leistung ist zwei mal Pi mal Drehzahl mal Drehmoment.
Danke für die Hinweise. Wird sofort korrigiert.
Moin Moin,wir 65 und 70 Jahre alt möchten auf E-Bike umsteigen. Keine Vielfahrer und viel flaches Land in Schleswig Holstein. Favorit sind bis jetzt die Gazelle Bikes. Es gibt sogar eine Teststation in der Nähe.
Wie ist die geschätzte Meinung der Fachleute hier dazu?
Dankeschön und freundliche Grüße
Ybbor
Sehr gute Idee, auch eine sehr gute Fahrradmarke. Nix wie hin zur Teststation und einfach mal ausprobieren, was passt. Mit Bosch-Antrieb und Riemenantrieb kriegen Sie eine ebenso zuverlässige wie komfortable Lösung. Aber das ist auch eine Frage des Budgets.