Für entspannte Urlaubsreisen mit dem Elektroauto ist ein Akku mit einem großen Speichervermögen schon mal eine gute Voraussetzung: Je größer die Reichweite, desto geringer fällt die Zahl der Ladepausen aus. Die Reisezeit hängt aber auch davon ab, wie lang oder kurz die Ladepause ausfällt – nur wenige Minuten oder eine Stunde und mehr, um den Akku mit einem Füllstand von 10 Prozent wieder auf einen SoC („State of Charge“) von 80 Prozent zu bringen.

„Die entscheidende Kenngröße“ für die Nutzer eines Elektroautos, sagt die P3 Group aus Stuttgart, „ist die benötigte Zeit, um echte Reichweite nachzuladen “ – und weniger die maximale Ladeleistung in Kilowatt. Denn die liege bei vielen Fahrzeugen oft nur wenige Minuten an.

Tesla fällt schnell ab

Tesla fällt schnell ab

Nicht die maximale Ladeleistung entscheidet, sondern die Dauer einer hohen Ladeleistung. Hier schneiden der Kia EV6 und der Hyundai Ioniq 5 deutlich besser ab als alle Wettbewerber. Grafik: P3

Schwacher Anfang - schneller Abfall

Schwacher Anfang – schneller Abfall

Im Kompaktsegment schlägt sich der VW ID.3 noch am besten. Aber auch bei ihm fällt die Ladeleistung schon stark ab, sobald die Batterie zu 35 Prozent gefüllt ist. Grafik: P3

800-Volt-Architektur triumphiert

800-Volt-Architektur triumphiert

Porsche Taycan und Audi e-Tron GT halten lange Zeit ihre hohe Ladeleistung. Erst bei 45 Prozent SoC wird die Stromzufuhr in Stufen gedrosselt. Der Audi e-tron startet niedriger, hält das Niveau aber sehr lange und kommt so auf eine relativ kurze Ladezeit. Grafik: P3

Die auf die Automobilbranche und die Antriebswende spezialisierte Unternehmensberatung hat auf der Basis der Erkenntnis den „P3 Charging Index“ entwickelt. Das langstreckentauglichste Elektroauto ist demnach das Fahrzeug, dass 300 Kilometer reale Reichweite innerhalb von 30 Minuten nachladen kann. 21 Stromer der Oberklasse (mit einem Nettolistenpreis von über 65.000 Euro), Mittelklasse (zwischen 35.000 und 65.000 Euro) sowie der Kompaktklasse (bis 35.000 Euro) haben die Experten für die dritte Ausgabe des „Charging Index“ an der Schnellladesäule gemessen.

309 Kilometer Reichweite in 20 Minuten

Aber nur ein Fahrzeug kam dabei auf einen Idealwert von 1,0: Das Mittelklasse-Modell Kia EV6. Nach 20 Minuten an einem 350 kW High Power-Charger hatte die heckgetriebene Version des Koreaners (mit einer Batteriekapazität von 77,4 kWh) Energie für 309 Kilometer nachgeladen. Der Kia kam damit auf Indexwert von 1,03 – und zeigte allen anderen Wettbewerbern die Heckleuchten.

Eine Frage der Ladeleistung

Eine Frage der Ladeleistung

Der Kia EV6 nimmt in 20 Minuten Strom für 309 Kilometer auf, der neue Renault Mégane E-Tech in gleicher Zeit nur für 160 Kilometer. Mit wem ist man wohl schneller am Ziel? Grafik: P3

Mächtig Dampf in der Business-Class

Mächtig Dampf in der Business-Class

Der Mercedes EQS lädt in 20 Minuten Strom für 275 Kilometer Reichweite auf, der Audi e-Tron nur 187 Kilometer. Startpunkt ist jeweils ein Ladestand (SoC) von zehn Prozent. Grafik: P3

Mein Gott, das dauert

Mein Gott, das dauert

In der kompaktklasse sind die Akku kleiner, die maximalen Ladeleistungen am Gleichstrom-Lader durchweg geringer. Das kostet Zeit an der Ladesäule: Beim Dacia Spring sind nach 20 Minuten erst 59 Kilometer Reichweite gewonnen. Als Reisemobil taugt dieser Stromer nicht. Grafik: P3

Auf den insgesamt zweiten Platz kam der Mercedes EQS 450+ mit einem Indexwert von 0,92 vor dem BMW iX xDrive 50 und dem Schwestermodell Hyundai Ioniq 5 (0,91). Der Mercedes lud in 20 Minuten Strom für eine Reichweite von 275 Kilometer, der BMW für 273 und der Hyundai für 272 Kilometer. Für die Ermittlung der Reichweiten wurde die Werte des ADAC Ecotests zugrunde gelegt. Auch die Ladeverluste wurden mit einkalkuliert.

Schnellladefähigkeit entscheidend

Das Ergebnis werteten die Experten von P3 als „klares Indiz, dass die maßgebende Entwicklung hin zu langstreckentauglichen E-Fahrzeugen nicht nur in der Oberklasse stattfindet, sondern parallel auch in anderen Segmenten vorangetrieben wird.“ Der direkte Vergleich mit den Ergebnissen der vorangegangenen Untersuchungen belege eine deutlich Verbesserung der Schnellladefähigkeit – in allen Segmenten.

EnBW-Ladepark Kamen: Eine Nummer zu groß 
Die Ladepause wird nicht kürzer, wenn ein Elektroauto wie die Renault Zoe mit einer maximalen DC-Ladeleistung von 50 kW an einem HighPower-Charger mit 300 kW Strom zieht. Foto: Rother
Eine Nummer zu groß
Die Ladepause wird nicht kürzer, wenn ein Elektroauto wie die Renault Zoe mit einer maximalen DC-Ladeleistung von 50 kW an einem High-Power-Charger mit 300 kW Strom zieht. Foto: Rother

Insgesamt fünf Fahrzeugen bescheinigt der P3 Charging Index Spitzenleistungen am Schnellladepunkt – mit einem Reichweitengewinn von 271 Kilometer in 20 Minuten und einem Indexwert von 0,90 rundete der Porsche Taycan GTS das Spitzenfeld ab. Etwas überraschend: Ein Tesla zählt nicht dazu. Das Model 3 Long Range (Indexwert 0,74) und das Model Y LR (0,58) landeten bei dem Ranking nur im Mittelfeld. Ein Grund: Die maximale Ladeleistung lang nur sehr kurze Zeit an. Im Schnitt kam das Model 3 am Tesla Supercharger der Version 3 nur auf eine Ladeleistung von 146 kW, das Model Y nur auf 109 kW.

Immer größere Akkus „nicht zielführend“

„Für die weitere Fahrzeugentwicklung sind sowohl die Steigerung der Ladeleistungen als auch die Optimierung der Verbrauchswerte zu berücksichtigen, schrieben die Unternehmensberater der Autoindustrie ins Stammbuch. Die Vergrößerung der Speicherkapazitäten hingegen sei aus technischer und vor allem wirtschaftlicher Sicht „nicht zielführend“. Es gebe da bessere Stellhebel, um die Langstrecken- und Reisetauglichkeit von Elektroautos zu verbessern. Unter anderem durch eine intelligente Vorkonditionierung der Batterie, um an der Ladesäule von der ersten Minute weg auf eine hohe Ladeleistung zu kommen. Oder durch die Optimierung der Ladekurve, um über einen möglichst langen Zeitraum Strom mit hoher Leistung in die Akkuzellen zu pumpen.

Die Ladepause und damit die Reisezeit mit dem Elektroauto könne auf diese Weise deutlich verkürzt werden.

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