Maximal 45.000 Euro darf angeblich das Elektroauto kosten, das die Bundesregierung im kommenden Jahr Privathaushalten mit einem Betrag von bis zu 5000 Euro – je nach Kinderzahl und Haushaltseinkommen – zu sponsern gedenkt. Luxus-Stromer scheiden damit aus. Was aber nicht heißt, dass die Wahlmöglichkeiten damit arg eingeschränkt werden: Das Angebot an alltags- und familientauglichen E-Autos in dieser Preisklasse ist hierzulande bereits ganz ansehnlich. Es reicht vom Opel Frontera und seinen Stellantis-Derivaten (ab 28.990 Euro) sowie dem Leapmotor B10 (ab 37.600 Euro) über den Skoda Elroq (ab 33.900 Euro) und den Kia EV3 (ab 35.990 Euro) bis rauf zum Ford Explorer Standard Range (ab 39.900 Euro). Um mal nur ein paar der populärsten und mehr als nur stadttauglichen Stromer im kompakten SUV-Format zu nennen.

Und ständig kommen in dieser Preisklasse und Größenordnung neue Modelle hinzu. Auch von Toyota. Die Japaner haben mit dem bz4X zum Preis von Basispreis von 42.990 Euro bereits ein Elektro-SUV im Lieferprogramm, das kürzlich ein kräftiges Technik-Upgrade erfuhr. Mit der Folge, dass man mit dem extravagant gestylten Fünfsitzer nun ohne Ladepause wenigstens bis zu 444 Kilometer weit kommt. Und mit dem neuen Urban Cruiser zum Einstiegspreis von 31.990 Euro macht Toyota all denen ein Angebot, die knapper bei Kasse sind und das Auto überwiegend im Kurzstreckenverkehr in und rund um die Stadt einsetzen. Sollte die Förderung wie beschrieben ausfallen, bekäme man unter dem Strich schon für deutlich unter 30.000 Euro ein Fahrzeug, das Klimafreundlichkeit mit hoher Praktikabilität paart – und obendrein ganz ansehnlich aussieht.

Feiner Kompromiss
Nicht zu klein und nicht zu groß - der Toyota Urban Cruiser passt mit Antrieb und Dimensionen perfekt in den Stadtverkehr.
Feiner Kompromiss
Nicht zu klein und nicht zu groß – der Toyota Urban Cruiser passt mit Antrieb und Dimensionen perfekt in den Stadtverkehr.

Bei unsere ersten Ausfahrt durch die Toskana machte der Urban Cruiser jedenfalls eine gute Figur. Und das ohne groß aufzufallen mit einem extravaganten Design wie der große Bruder. Unterwegs waren wir allerdings mit einem Exemplar in der Ausführung „Teamplayer“, das über einen 128 kW oder 174 PS starken Frontmotor verfügt, den Fahrstrom aus einem Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Akku mit 60 kWh Kapazität bezieht und 38.990 Euro kostet. Die erwähnte Einstiegsversionen „Active“ hat einen Frontantrieb mit einer Spitzenleistung von nur 106 kW oder 144 PS und eine LFP-Batterie an Bord, die nur 49 kWh Strom speichern kann und damit lediglich 344 Kilometer weit kommt.

Produktion bei Maruti-Suzuki in Indien

Für einen Zweitwagen, der ausschließlich im Stadtverkehr bewegt wird, mag das ausreichen. Aber wer der Familie im Urban Cruiser auch mal das Umland zeigen will, sollte unbedingt den Teamplayer wählen. Immerhin muss man sich hier erst nach 422 Norm-Kilometern Gedanken über die nächste Lademöglichkeit machen. Und man kommt auch auf der Autobahn ordentlich voran. Tempo 100 ist im Sport-Modus in weniger als neun Sekunden erreicht. Und bei einer Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h kann man es auch wagen, immer mal wieder auf die Überholspur zu gehen.

Klare Ordnung 
Übersichtlich wie bedienerfreundlich haben die Designer das Cockpit des Toyota Urban Cruiser gestaltet. Die große Ähnlichkeit mit dem Suzuki e-Vitara ist kein Zufall - beide Elektroautos wurden zusammen entwickelt und teilen sich nicht nur die Plattform.
Klare Ordnung
Übersichtlich wie bedienerfreundlich haben die Designer das Cockpit des Toyota Urban Cruiser gestaltet. Die große Ähnlichkeit mit dem Suzuki e-Vitara ist kein Zufall – beide Elektroautos wurden zusammen entwickelt und teilen sich nicht nur die Plattform.

Sportliche Ambitionen verfolgt der Urban Cruiser, den Toyota zusammen mit Suzuki entwickelt hat und aus Kostengründen zusammen mit dem e-Vitara in einem Werk von Maruti in Indien produzieren lässt, allerdings nicht. Das Fahrwerk des 4,28 Meter langen Stromer wurde auf Komfort, Stabilität und einen möglichst geringen Geräuschpegel hin abgestimmt. Und das ist unter anderem mit einer Mehrlenkerachse hinten, den Einsatz von schalldämmendem Glas und aufwändigen Isoliermaßnahmen in den Radkästen und rund um den Motor ganz gut gelungen. Man rollte entsprechend entspannt durch den Stadtverkehr und muss auch bei Fahrten über unbefestigte Feldwege nicht um seine Zahnfüllungen bangen.

Moderater Stromverbrauch

Das Platzangebot ist für ein Fahrzeug dieser Klasse großzügig. Und das nicht nur für Fahrer und den Co-Piloten, sondern auch für die Passagiere in der zweiten Reihe. Die können es sich dank einer um 16 Zentimeter verschiebbaren Rücksitzbank und einer in zehn Stufen verstellbaren Rückenlehnen äußerst bequem machen, wenn der maximal 310 Liter fassende Kofferraum nicht mit Wochenendeinkäufen oder dem Reisegepäck befüllt ist. Man sitzt zwar etwas hoch und der Seitenhalt könnte auch vorne besser sein – aber wir wollen ja auch eher cruisen als rasen.

Voll variabel
In zehn Positionen lässt sich auf der hinteren Sitzbank die Neigung der Rückenlehne verstellen, um 15 Zentimeter der Abstand zu den Vordersitzen verändern. Je nachdem, wie viel Platz im Kofferraum des Urban Cruiser gerade benötigt wird. Fotos: Toyota
Voll variabel
In zehn Positionen lässt sich auf der hinteren Sitzbank die Neigung der Rückenlehne verstellen, um 15 Zentimeter der Abstand zu den Vordersitzen verändern. Je nachdem, wie viel Platz im Kofferraum des Urban Cruiser gerade benötigt wird. Fotos: Toyota

Auch um die Reichweite auf der Überlandfahrt nicht allzu stark schrumpfen zu lassen. Bei unserer Testfahrt durch die hügeligen Landschaften rund um Florenz bei Temperaturen um die 13 Grad landeten wir bei einem Durchschnittsverbrauch von 18,9 kWh/100 km, was für ein Elektroauto mit einem Leergewicht von gut 1,8 Tonnen ein guter Wert ist und nicht so weit entfernt vom WLTP-Normverbrauch von 15,1 kWh/100 km.

Geringe Ladeleistung als großes Handicap

Auch über die Sicherheits-Ausstattung des Toyota kann man nicht meckern. Der Urban Cruiser hat serienmäßig alles an Bord, was für eine exzellente Euro-NCAP-Einstufung erforderlich ist. Sogar eine adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Spurhalte- und Abstandshalte-System. Dafür ist das Navigationssystem nicht ganz auf der Höhe der Zeit. Die Grafik ist etwas holzschnittartig und der Rechner langsam – mancher Wegpunkt ist bereits passiert noch ehe Wegweisung ertönt. Das können andere Systeme anderer Hersteller inzwischen deutlich besser und schneller.

Stromern über Stock und Stein 
Der Urban Cruiser ist auch mit einem 135 kW starken elektrischen Allradantrieb zu bekommen - zu Preisen ab 44.990 Euro.
Stromern über Stock und Stein
Der Urban Cruiser ist auch mit einem 135 kW starken elektrischen Allradantrieb zu bekommen – zu Preisen ab 44.990 Euro.

An die reichliche Verwendung von Hartplastik im Interieur von Elektroautos hat man sich inzwischen gewöhnt – der Kostendruck ist weiterhin recht hoch. Dafür investieren andere Hersteller schon aus Wettbewerbsgründen inzwischen deutlich mehr in die Ladetechnik. Eine 800-Volt-Plattform, die Ladeleistungen von deutlich über 200 kW erlauben würde, mag sich in dem Marktsegment zwar noch kein Hersteller leisten. Aber auch mit 400-Volt-Technik ist wesentlich mehr drin als die 67 kW, mit denen der Urban Cruiser in der 38.990 Euro teuren Teamplayer-Version an einer Schnellladesäule Gleichstrom aufnimmt. In der Basisversion (mit kleinem Akku) liegen sogar nur maximal 53 kW an – in etwa so viel wie beim Renault Zoe der ersten Generation vor zehn Jahren.

Erste Auslieferungen im Februar

Trotz der Möglichkeit zur Vorkonditionierung des Stromspeichers vergehen deshalb rund 45 Minuten, ehe der nur noch zu 10 Prozent gefüllte Akku wieder zu 80 Prozent befüllt ist. Fernreisen mit dem Toyota werden sich deshalb eine gefühlt halbe Ewigkeit hinziehen und nicht nur bei den Passagieren das Wohlfühlklima vergessen machen. Hier muss Toyota dringend nachbessern, um den Wettbewerbern aus Europa und China nicht hinterherfahren oder den Urban Cruiser nicht mit deutlichen Preisabschlägen verkaufen zu müssen. Seit dem Bestellstart im Mai hat Toyota die Preise für den neuen Stromer um 2000 Euro angehoben. Gut möglich, dass das bis zur Markteinführung im Februar wieder zurückgenommen werden muss. Staatliche Förderung hin oder her.

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