Den Volkswagen-Konzern hat He Xiaopeng schon einmal überzeugt. Im vergangenen Sommer beteiligten sich die Wolfsburger für rund 700 Millionen US-Dollar mit 4,99 Prozent an dem chinesischen Elektroauto-Startup, das der inzwischen 46-Jährige Entrepreneur 2014 bei der Gründung unterstützt hatte und das in verkürzter Form inzwischen seinen Namen trägt: XPeng. Gemeinsam wollen die beiden Unternehmen auf der sogenannten X-EEA 3.0-Plattform von Xpeng zwei „smarte“, hochautomatisiert fahrende Elektroautos für den chinesischen Markt entwickeln. Für VW werde sich durch die Zusammenarbeit Abstimmung von Hardware und Software aufgrund der Erfahrungen von XPeng auf dem Gebiet erheblich verkürzen, erklärte Xiaopeng in einem Interview. Und für sein eigenes Unternehmen erhoffe er sich von der Kooperation nicht nur Skalenvorteile bei der Beschaffung von Teilen, sondern vor allem einen Schub beim Markenimage.

Letzteres können die Chinesen gut gebrauchen bei ihrer Expansion und ihrer Europa-Offensive, die am 2. Mai mit dem Verkaufsstart in Deutschland in eine neue Phase tritt. In Norwegen, Schweden und Niederlande ist XPeng schon seit vergangenen Jahr vertreten – nun gilt es, Europas größten und wichtigsten Automobilmarkt zu erobern. Das Unternehmen hat dafür einen alten Fahrensmann gewonnen: Markus Schrick, den früheren Geschäftsführer von Toyota und von Hyundai in Deutschland, der zuletzt für den Logistikkonzern Mosolf eine Organisation für den Vertrieb leichter elektrischer Nutzfahrzeuge von Tropos Motors aufgebaut hatte.

Ambitionierter Auftritt 
Nein, das ist nicht die Deutschland-Zentrale von XPeng. Der Firmensitz der MHK-Gruppe in Dreieich wurde für die Deutschland-Premiere des chinesischen Autobauers lediglich ein wenig umdekoriert.
Ambitionierter Auftritt
Nein, das ist nicht die Deutschland-Zentrale von XPeng. Der Firmensitz der MHK-Gruppe in Dreieich wurde für die Deutschland-Premiere des chinesischen Autobauers lediglich angemietet und ein wenig umdekoriert.

Die Fahrzeuge, die Schrick nun vertreiben soll, sind von einem ganz anderen Kaliber als die 3,86 Meter langen, 1,60 Meter breiten und 15 Kilowatt (20 PS) starken Kleinsttransporter aus den USA für kommunale Einsätze, mit denen er sich zuvor beschäftigte. Der XPeng G9, das aktuelle Flaggschiff der Marke, ist ein aufgewachsener Elektro-SUV von 4,90 Metern Länge und mit einer Antriebsleistung von bis zu 405 kW oder 550 PS.

Die ähnlich lange Sportlimousine P7 ist mit einer Antriebsleistung von bis zu 348 kW (473 PS) in der allradgetriebenen Version kaum weniger potent und schon vorbereitet auf das hochautomatisierte Fahren auf Level 4. Vor allem konkurrieren beide Modelle mit den besten Elektroautos, die derzeit auf dem Markt zu haben sind: Einerseits mit dem Model Y von Tesla, dem nagelneuen Audi Q6 e-tron einem Mercedes EQE SUV oder Skoda Enyaq, andererseits mit einem VW ID.7, einem Polestar 4 und BMW i4, aber auch mit den Topversionen des Tesla Model 3. Da würde ein gutes Markenimage schon mal helfen.

XPeng mit ambitionieren Zielen in Deutschland

Zumal die Absatzziele von Schrick alles andere als bescheiden sind: „Mindestens drei Prozent“ Anteil an den jeweiligen Marktsegmenten will oder soll er erreichen. Zur Einordnung: Das Model Y von Tesla kam im Februar mit 5408 Neuzulassungen auf einen Segmentanteil von 8,7 Prozent. Vom G9 hätte XPeng da mehr als 1800 Fahrzeuge verkaufen müssen, um das Ziel zu erreichen.

P7 Wing Edition
Wer auf Show-Effekte Wert legt, kann die elektrische Sportlimousine auch mit elektrischen Scherentüren vorne ordern.
P7 Wing Edition
Wer auf Show-Effekte Wert legt, kann die elektrische Sportlimousine auch mit elektrischen Scherentüren vorne ordern.

Um die ehrgeizigen Ziele zu erreichen, hat sich das in München beheimatete Team von XPeng Deutschland akribisch für den Start vorbereitet. Marktanalysen wurden betrieben, aufstrebende „Tech-Familien“ und aktive „Selbstverwirklicher“ (ältere, wohlhabende Paare) als Zielgruppen definiert, Marketingstrategien entwickelt und ein Vertriebsnetz sowie ein Ersatzteilservice mit einem Lager in Deutschland organisiert. Zusammen mit der Sieben-Jahre-Garantie zwischen Importeur, Händler und Leasingnehmer sollen die Maßnahmen Vertrauen in die neue Marke schaffen. Schrick gibt sich zuversichtlich: „Wir sind bereit“.

E-Autos sollen für Erstaunen sorgen

Angeboten werden die Elektroautos von XPeng in Deutschland zu Anfang über zwölf große Mehrmarkenhändler an 24 Standorten, unter anderem in Hamburg, Bremen, Berlin, München, Frankfurt, Stuttgart, Leipzig und Dresden sowie und im Rheinland. Im kommenden Jahr soll das Netz auf mindestens 40 Händler mit 80 Verkaufsstellen wachsen, 2026 dann auf 60 Händler mit 120 Stützpunkten. „Kein Kunde soll mehr als 150 Kilometer zu einem Standort fahren müssen“, verspricht Schrick. Vertriebspartner für die Marke zu gewinnen sei kein Problem, erzählt er. Große VW-Händler habe man ebenso gewinnen können wie BMW- und auch Mercedes-Händler. Gelockt wurden sie unter anderem mit zweistelligen Margen, die im Autohandel inzwischen eher ungewöhnlich sind.

Lack und Leder 
Der Innenraum des G9 kann durchaus für Wow-Effekte sorgen, mit Lederbezügen, einer Dynaudio-Soundanlage sowie einem hochauflösenden Panorama-Display. Ab Herbst sollen deutsche Sprachbefehle verstanden werden können.
Lack und Leder
Der Innenraum des G9 kann durchaus für Wow-Effekte sorgen, mit Lederbezügen, einer Dynaudio-Soundanlage sowie einem hochauflösenden Panorama-Display. Ab Herbst soll der Bordcomputer auch deutsche Sprachbefehle verstehen.

„Erstaunen kreieren“ wollen die Strategen von XPeng in Deutschland aber natürlich in erster Linie mit ihren Produkten, dem Flaggschiff G9, der Limousine P7 und einem dritten Modell, das noch in diesem Jahr das Modellangebot ergänzen soll – angeblich handelt es sich um das SUV-Coupé G6, das im Herbst auf der Shanghai Motor-Show vorgestellt wurde und wie der G9 mit einer 800-Volt-Architektur und extrem kurzen Ladezeiten glänzt: Ladeleistung von bis zu 480 kW sind bei dem Modell angeblich schon möglich. Zum Vergleich: Der G9 mit großem Akku nimmt Gleichstrom mit maximal 300 kW auf, beim älteren P7 – der noch über eine 400-Volt-Architektur verfügt – sind nicht mehr als 189 kW drin. Plug& Charge ist bei allen Modellen allerdings (noch) nicht vorgesehen.

Vollausgestattet schon für 49.600 Euro

Und was kostet der Spaß? Schrick spricht von „sehr wettbewerbsfähigen Preisen“. Los geht es beim G9 bei 57.600 Euro für die heckgetriebene Version mit 78,2 kWh großer LFP-Batterie (Reichweite ca. 460 Kilometer). Für die allradgetriebene Performance-Version mit 98 kWh-Akku (Reichweite bis zu 520 Kilometer) werden 69.600 Euro aufgerufen. Eine ausschwenkbare Anhängerkupplung ist da ebenso schon an Bord wie eine Zweikammer-Luftfederung. Lediglich auf ein Head-Up-Display und einen Kleiderhaken muss man hier verzichten. Eine „Launch Version“ mit Ledersitzen und Dynaudio-Soundsystem bietet zum Verkaufsstart einen Preisvorteil von fast 4000 Euro und ist als Kampfpreis zu verstehen – ein Mercedes EQE SUV kostet mindestens 20.000 Euro mehr.

Kurze Ladepause 
Der XPeng G9 nimmt Wechselstrom mit 11 kW auf. Am Schnelllader sind bis zu 300 Kilowatt möglich. Fotos: XPeng
Kurze Ladepause
Der XPeng G9 nimmt Wechselstrom mit 11 kW auf. Am Schnelllader sind bis zu 300 Kilowatt möglich. Fotos: XPeng

Der P7 startet für 49.600 Euro als heckgetriebene „Long Range“-Version mit 203 kW Antriebsleistung und netto 82,7 kWh großem Akku für 576 Kilometer Reichweite. Die spektakuläre „Wing Edition“ mit vorderen Scherentüren a la Lamborghini und 348 kW Antriebsleistung kostet 69.600 Euro. Auch diese Preise sind durchaus aggressiv gesetzt: Ein BMW i4 mit ähnlicher Power wie das P7-Basismodell, aber mit einem nur 67 kWh Strom fassenden Akku, kostet wenigstens 7000 Euro mehr. Die Leasingkonditionen hat Schrick noch nicht festgelegt: „Wir haben ja noch etwas Zeit.“

Wir auch – um uns an die neue Marke und deren korrekte Aussprache zu gewöhnen. Kleiner Tipp: Das X klingt im Chinesischen wie ein „Sch“. Mit „Schaupang “ macht man also nichts verkehrt.

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