Die Wende von Volvo klingt ambitioniert: In vier Jahren wollen die Schweden bereits die Hälfte ihrer Modelle mit batterieelektrischem Antrieb verkaufen. Ende des Jahrzehnts soll die Quote dann bei vollen 100 Prozent liegen. Verbrenner und selbst die Plug-in-Hybride wären dann Geschichte.
Die Tür zur emissionsfreien Fortbewegung stieß Anfang dieses Jahres der XC40 Recharge auf. Das kompakte Elektro-SUV hat sich seitdem mehr als 15.000-mal verkauft. Nun folgt der Coupé-Ableger, genannt C40 Recharge. Der schräge Bruder ist Volvos erstes Modell, das es ausschließlich mit elektrischem Antrieb gibt.
Technische Daten Volvo C40
Maße: 4,,43 Meter Länge, 1,85 Meter Breite (2.04 Meter inkl. Außenspiegel), 1.58 Meter Höhe; Radstand: 2,70 Meter, Kofferraumvolumen: 414 bis 1.205 Liter, Frunk: 31 Liter
Antrieb: Allrad mit einer Gesamtleistung von 300 kW, max. Drehmoment: 660 Nm,
Ladeleistung 11 kW AC, 150 kW DC, Batteriekapazität netto 75 kWh
Beschleunigung 0-100 km/h: 4,7 s; Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h (abgeregelt),
Normverbrauch: 22,0 kWh/100 Kilometer (WLTP), Reichweite 444 km, Preis: ab 57.890 Euro
Optisch soll dieser Schritt vor allem durch ein gegenüber dem XC40 Recharge neues Gesicht dokumentiert werden. Der C40 Recharge erhielt eine andere Front, bei der der verkleidete Kühlergrill und die Einfassung in Wagenfarbe lackiert sind, sowie das Dach stets in Schwarz gehalten ist. Debüt haben zudem Scheinwerfer in Pixel-LED-Technik. Sie leuchten die Straße zielgenau aus, ohne den Gegenverkehr oder die Person im vorausfahrenden Auto zu blenden.
Der erste Hersteller mit einem elektrischen SUV-Coupé ist Volvo nicht. Im Premium-Segment hat Audi bereits den Q4 e-tron Sportback auf der Straße. Bei den Konzernschwestern Skoda und VW stehen das Enyaq iV Coupé und der ID.5 in den Startlöchern. Und Marken wie Tesla und Ford haben sich bei Model Y und Mustang Mach-E gleich für die Coupé-Form entschieden, ohne parallel eine Steilheckvariante anzubieten.
Dem Dachhimmel so nah
Dass bei einer Coupé-Silhouette hinten stets ein paar Abstriche an die Räumlichkeiten gemacht werden müssen, liegt in der Natur der Sache. Dennoch sitzt man im Fond des C40 Recharge gut, wenn auch das Haupthaar nicht mehr viel Luft zum Dachhimmel hat. Hinter den Fondgästen bleibt Platz für 413 Liter an Gepäck, bei umgeklappten Rücksitzlehnen wächst der Laderaum auf 1.205 Liter. Weil vorne unter der Haube durch den Wegfall des Verbrennungsmotors Platz nachblieb, gibt es hier ein zusätzliches Fach (31 Liter Volumen). In der Fachsprache heißt das Ding „Frunk“ – Front-Trunk oder Front-Gepäckraum. Es eignet sich gut zur Unterbringung des Ladekabels oder für die schmutzigen Gummistiefel nach dem Hundespaziergang.
Im Cockpit unterscheidet sich der C40 Recharge nur marginal von seinem Steilheck-Bruder. Das reduzierte Layout mit seinen wenigen Knöpfen und Schaltern verkörpert das kühle, nordische Design. Die Dominanz übernimmt der große, senkrecht angeordnete Touchscreen, dessen Bedienung sich weitgehend intuitiv erschließt, ähnlich wie bei einem Smartphone. Manche Symbole sind allerdings schlicht zu klein, um sie während der Fahrt zielgenau zu treffen. Das lenkt von der Straße ab und spricht gegen die Sicherheits-Philosophie des Hauses.
Reinsetzen und Strom geben
Erleichterung verschafft hier teils die Sprachsteuerung. Ein „Hey Google!“ genügt, denn als einer der wenigen Autohersteller hat Volvo sein Infotainmentsystem zusammen mit Google entwickelte. Es basiert auf dem Betriebssystem Android Automotive und verfügt dadurch logischerweise über Anwendungen wie Google Maps und Google Assistant.
Einen Komfortgewinn stellt der fehlende Startknopf dar. Der C40 Recharge registriert lediglich, ob der Fahrersitz besetzt ist und der Fahrer den passenden Schlüssel in der Tasche hat. Reinsetzen, aufs Bremspedal treten, Stufe D einlegen und losfahren. Einfacher geht’s nicht.
Sehr viel sportlicher auch nicht. Unters Blech haben die Volvo-Ingenieure den Topantrieb aus dem XC40 Recharge gepackt, heißt: Jeweils vorne und hinten sitzt eine E-Maschine mit 150 kW Leistung, macht in der Summe somit 300 kW (408 PS).
Das Systemdrehmoment erreicht üppige 660 Newtonmetern und entspricht etwa dem eines modernen Dreiliter-Sechszylinder-Dieselmotors. Doch wie bei E-Motoren üblich, steht es praktisch aus dem Stand zur Verfügung. Entsprechend souverän gibt sich der schräge Schwede auf der Straße. Das angenehme Gefühl wird durch die Ruhe und Geschmeidigkeit des Elektroantriebs noch verstärkt. Wer es darauf anlegt, schickt das 2,2 Tonnen schwere SUV aus dem Stand in weniger als fünf Sekunden auf Tempo 100. Das ist gutes Sportwagen-Niveau, kostet allerdings auch reichlich Energie. Ohnehin gehört Volvos C40 nicht zu den wirklich sparsamen Stromern im Segment. Während unserer Testfahrt mussten wir uns Mühe geben, den Verbrauch unter 25 kWh pro 100 Kilometer zu drücken.
Ladeleistung von bis zu 150 kW
Nur mit dem Unterschied, ein SUV wie der C40 Recharge hat mehr Platz für die Energie. Immerhin: Im Boden steckt eine Batterie mit einer Kapazität von 78 kWh. Es ist die größte, die für die CMA-Plattform im Moment möglich ist. Laut Volvo schafft das Coupé damit bis zu 444 Kilometer.
Geht es dann an eine Schnellladesäule, erlaubt das Batteriemanagement eine DC-Ladeleistung von maximal 150 Kilowatt. In nur 37 Minuten sollen so 80 Prozent der Kapazität wieder aufgefüllt sein. Zehn Minuten Laden reichen für 100 Kilometer an „frischer“ Reichweite. Beides gilt für den Bestfall, wenn State of Charge (SoC) und Zelltemperatur den optimal Wert haben.
Ein wenig Strom generieren kann der C40-Fahrer über die Bremswirkung der beiden Elektromotoren, sobald er den Fuß vom Fahrpedal lupft. An die starke Rekuperation, die der Modus „One-Pedal-Driving“ nach sich zieht, muss man sich allerdings erst gewöhnen. Das dürfte besonders für Einsteiger in die Elektromobilität gelten. Auf der anderen Seite: In der Stadt kommt man bei vorausschauender Fahrweise praktisch ohne das reguläre Bremspedal aus. Ein schnelles Umschalten der Rekuperation über Wippen am Lenkrad oder am Gangwählhebel, wie es bei vielen anderen Herstellern üblich ist, hat Volvo nicht vorgesehen. Man wolle den Neukunden nicht überfordern, heißt es hierzu aus der Konzernzentrale in Göteborg.
Den Volvo C40 gibt es nur im Online-Handel
Um den heute täglich zu hörenden Begriffen wie Nachhaltigkeit und CO2-Reduzierung nicht nur am elektrischen Antrieb festzumachen, hat sich Volvo dazu entschieden, den C40 Recharge als erstes Modell der Marke komplett lederfrei anzubieten. Das gilt auch fürs Lenkrad, bei dem es lange Zeit schwierig war, ein geeignetes Ersatzmaterial zu finden, dass dem Einfluss von Handschweiß so gut gewachsen ist wie die Tierhaut. Zukünftig will Volvo alle seine Elektroautos lederfrei übergeben. Anstelle von Leder kommt für die Sitze Textilbezug zum Einsatz, später sollen auch biobasierte Stoffe und neue Recycling-Materialien verwendet werden.
Wer den C40 Recharge kaufen möchte, muss sich in die moderne Welt des Online-Handels begeben, anders ist Volvos jüngstes Modell nicht zu erwerben. Zum Preis von 57.890 Euro gehört ein sogenanntes ‚Care‘-Servicepaket. Es beinhaltet Haftpflicht und Vollkasko, Wartung und Verschleiß und gilt für drei Jahre. Dieses Paket hat man selbstverständlich auch, wenn man den C40 Recharge mieten möchten. Das Abo-Modell (769 Euro für den Flex-Tarif) bietet sich für all jene an, die mit der Elektromobilität noch hadern. Innerhalb der erste 30 Tage lässt sich der Wagen zurückgeben, danach mit einer Frist von drei Monaten wieder kündigen.