LeasePlan ist einer der weltweit führenden, herstellerunabhängigen Autoleasing- und Fuhrparkmanagement-Spezialisten mit Sitz in den Niederlanden. Das Unternehmen mit über 50-jähriger Geschichte betreut fast zwei Millionen Fahrzeuge in 29 Ländern und hat sich zum Ziel gesetzt, eine nachhaltige Mobilität mitzugestalten. Die Geschäfte von LeasePlan Deutschland mit Sitz in Neuss bei Düsseldorf führt seit Mai 2018 Roland Meyer, 52. Wir sprachen mit ihm über die aktuellen Rahmenbedingungen für die Antriebswende – und wie sich diese bei seinen Kunden auf die Beschaffung von Firmenwagen auswirken.

Herr Meyer, seit wann fahren Sie schon elektrisch?

Ich fahre seit 2019 elektrisch. Damals gab es  Tesla, Nissan Leaf und den Audi e-tron – für den ich mich dann entschieden habe. Dieser ist inzwischen drei Jahre alt und hat 70.000 Kilometer gelaufen. Ohne die Lockdowns während der Corona-Zeit wären es sicher schon weit über 100.000. Das beweist, dass man Elektroautos ganz normal fahren kann, es keine Verzichtsfahrzeuge sind.

Rasante Evolution der Technik

Reichweitenangst haben Sie in der Zeit nie erlebt?

2019 war es nicht möglich, ohne eine App auf Reisen zu gehen und zuverlässig eine Ladestation zu finden. Man musste während der Fahrt immer nach Lademöglichkeiten Ausschau halten. Selbst der e-tron lieferte da nur wenige Informationen: Angezeigt wurden im Navi nur 11-KW-Lademöglichkeiten.

Und heute?

Ist es wesentlich besser. Ich bin kürzlich zu einem Kundentreffen in Bad Wörishofen ganz normal gefahren, ohne große Vorbereitung. Bei 70 Kilometer Restreichweite fahre ich von der Autobahn auf die Raststätte – und kann da meist Strom tanken. Notfalls stoppe ich an der nächsten Raststätte. Heute ist alles wesentlich entspannter, wenn man sich ein wenig mit der Thematik und der Ladeinfrastruktur auskennt. Mit meinem e-tron komme ich heute über die Autobahn etwa 320 Kilometer weit – der nächste Dienstwagen wird eine Reichweite von 600 Kilometern haben. Die Evolution der Technik schreitet unglaublich schnell voran. Nio kommt mit wechselbaren Batterien, mit Tesla kann man durch ganz Europa fahren und findet überall Supercharger. Das gleiche können Sie mit einem e-tron machen, weil auch das Ionity-Netz stark gewachsen ist. Es gibt immer weniger Gründe, nicht elektrisch zu fahren.

 "Es gibt immer weniger Gründe, nicht elektrisch zu fahren"
Roland Meyer, der Vorsitzende der Geschäftsleitung von LeasePlan in Deutschland, fährt seit 2019 ein Elektroauto - und freut sich über die rasante Entwicklung der Technik. Die steigenden Ladestrompreise bereiten ihm keine Sorgen. Foto: LeasePlan
 „Es gibt immer weniger Gründe, nicht elektrisch zu fahren“
Roland Meyer, der Vorsitzende der Geschäftsleitung von LeasePlan in Deutschland, fährt seit 2019 ein Elektroauto – und freut sich über die rasante Entwicklung der Technik. Die steigenden Ladestrompreise bereiten ihm keine Sorgen. Foto: LeasePlan

Erinnern Sie sich noch, was 2019 die Kilowattstunde Strom kostete?

Damals habe ich oft kostenlos Strom laden können.

Die Zeiten sind inzwischen vorbei.

Die müssen auch vorbei sein. Es gibt kein Geschäftsmodell mit Leistungen, die kostenlos sind.

Das stimmt. Aber die Strompreise haben sich schon sprunghaft nach oben entwickelt: An öffentlichen Schnellladern zahlen Sie inzwischen im Schnitt 76 Cent pro Kilowattstunde. Die Betriebskosten eines E-Autos  sind inzwischen fast so hoch wie die eines Benziners. Und die Anschaffung eines Elektroautos ist deutlich teurer – in Deutschland aufgrund der Reduzierung des Umweltbonus noch mehr. Merken Sie deshalb inzwischen in den Unternehmen eine Veränderung bei der Beschaffung von Dienst- und Geschäftswagen?

„Wir stellen fest, dass die Bestellungen von Plug-in Hybriden regelrecht eingebrochen sind.“

Die Erfahrung machen wir derzeit nicht. Auch weil der Liter Diesel inzwischen wieder über zwei Euro kostet. Bei der Rechnung ist entscheidend, wie oft man unterwegs das Elektroauto an öffentlichen Stationen lädt und wie oft in preisgünstigen Strukturen, also daheim oder auf dem Betriebshof. Ich lade da zwar nur mit 11 kW, aber der Ladevorgang kann auch stattfinden, wenn man viel Zeit hat und das Fahrzeug nicht benötigt – während der Nacht oder der Arbeitszeit. Da bin ich dann eher im Bereich von 30 Cent pro Kilowattstunde als bei knapp 80 Cent. Aber das ist bei einem dieselgetriebenen Auto ähnlich: Wer unbedacht den Diesel an einer Autobahn-Raststätte tankt, zahlt auch einen deutlichen Aufpreis. Und die neuen Elektroautos sind sehr effizient, verbrauchen eher 17 kWh auf 100 Kilometer als wie bisher 25 kWh. Damit gleicht sich der hohe Strompreis dann zum Teil wieder aus. Mit dem E-Auto bin ich auf der Kostenseite nach unseren Berechnungen immer noch weit im Vorteil gegenüber einem Verbrenner.

Es gibt also derzeit keine Hinweise aus ihrer Kundschaft, dass die Antriebswende stockt, sie gestreckt oder gar abgebrochen wird?

Die Wende ist nicht mehr aufzuhalten. Wir stellen fest, dass die Bestellungen von Plug-in Hybriden deutlich zurückgehen, ja regelrecht eingebrochen sind. Gleichzeitig ist aber bei den vollelektrischen Fahrzeugen die Kurve steil nach oben gegangen. Bis 2030 dürften 75 Prozent der Neuzulassungen auf Elektroautos entfallen. Das hängt auch mit den verringerten Investitionen der Hersteller in Autos mit Verbrennungsmotor zusammen – da kommt nicht mehr viel in den kommenden Jahren.

„Die Verfügbarkeit wird wieder besser“

Die Inflation und die steigenden Herstellkosten sorgen aber dafür, dass die Fahrzeuge immer teurer werden – die Leasingraten haben sich seit März fast verdoppelt. Auch das bremst die Erneuerung der Fuhrparks nicht?

Die Preise für Verbrenner steigen ja in gleichem Maße. Die preiswerten Autos, die wir 2020 noch bestellen konnten, gibt es heute nicht mehr. Je knapper das Angebot, desto teurer wird das Gut.

Zum Beispiel Halbleiter.

Ja, aber deren Preise gehen gerade wieder runter. Und damit wird die Verfügbarkeit von Autos wieder besser. Inzwischen gibt es durchaus schon wieder Lockangebote der Hersteller beim Fahrzeugleasing. Nicht mehr in dem Preisbereich wie früher, sondern jenseits von 200 Euro im Monat – übrigens unabhängig von der Antriebsart.

Was raten Sie Fuhrparkmanagern in der aktuellen Situation?

Flexibler zu werden. Man sollte sich nicht mehr auf einen Konzern versteifen, sondern auch Produkte anderer Autohersteller ins Kalkül ziehen, wenn diese schneller liefern können. Wer heute einen BMW i4 bestellt – um nur ein Beispiel zu nennen – muss mit einer Lieferzeit von bis zu 24 Monaten rechnen. Wer also bisher einen reinen BMW-Fuhrpark hatte und nun auf Elektromobilität umstellen möchte, kommt nicht umhin, die Car Policy für andere Hersteller zu öffnen. Oder sich auch für andere Angebotsformen wie das Auto-Abo zu öffnen – damit sich die Mitarbeiter erst einmal an ein Elektroauto gewöhnen können.

„Man sollte sich nicht mehr auf einen Konzern versteifen, sondern auch Produkte anderer Autohersteller ins Kalkül ziehen.“

LeasePlan war lange selbst auf deutsche Autohersteller fokussiert.

Das brachte es als deutsche Fuhrparkgesellschaft mit sich, dass Kunden und Fahrer die Vorteile deutscher Produkte nutzten. Das Festhalten an bestimmten Marken hat über Jahrzehnte hinweg sehr gut funktioniert. Wir müssen aber heute flexibler sein und auch neue Hersteller im Angebot haben. Vor kurzem hat LeasePlan eine europäische Kooperation mit NIO geschlossen, unter anderem auch, weil uns das Gesamtkonzept überzeugt.

Ihr nächstes Auto wird also kein Audi e-tron mehr, sondern ein NIO ET7?

Wir werden in Kürze einen NIO ET7 in unseren Fahrzeugpool bekommen, der ist schon bestellt. Wir wollen insbesondere den Batteriewechsel testen. Eines ist völlig klar: Mein nächstes Auto wird auf jeden Fall wieder voll elektrisch fahren.

Ladetechnik wird wichtiger als Reichweite

2019 gab es auch große Sorge, dass der Restwert von elektrischen Leasingfahrzeugen in kurzer Zeit dramatisch sinken könnte.

Es gab die Erwartung, dass sich die Technologie rasant entwickeln würde und sich innerhalb kürzester Zeit die Reichweiten deutlich vergrößern würden. Heute kommt es aber gar nicht mehr so sehr auf die Reichweite an.

Sondern?

Auf die Ladetechnik, also auf die Frage, wie schnell der Akku geladen werden kann. Insofern sind viele Punkte, die früher Sorge bereiteten, heute kein Thema mehr. Es gibt daher heute einen guten Markt für gebrauchte Elektroautos.

Würden Sie als Privatmann das Fahrzeug kaufen oder leasen?

Wenn das Auto ein H-Kennzeichen hätte, würde ich es kaufen. Wenn es ein E-Kennzeichen hat, leasen.

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