Londons Luft soll sauberer werden. Die schwarzen Taxen gibt es als Stromer und neuerdings fahren auch einige der rot lackierten Doppeldecker-Busse mit Elektromotor durch die Straßen. Und bei ihren Bussen kann die Stadt problemlos widerlegen, dass die Akkus Kinderarbeit in der Demokratischen Republik Kongo verschulden würden. Denn der chinesische Hersteller BYD hat für den meistverkauften Elektro-Bus überhaupt – den ebus – einen speziellen Lithium-Akku entwickelt, der Kobalt durch Eisenphosphat ersetzt.
Damit steht der Beweis: Auch heute schon sind Akkus straßentauglich, die ohne den umstrittenen Rohstoff auskommen. Aber: In der Breite durchsetzen werden sich vor allem Akku-Technologien, die sowohl sicher, leistungsstark als auch günstig sind. Noch sieht es nicht danach aus, als wären das die kobaltfreien Varianten. Im Gegenteil: Seit es Entwicklern gelingt, den Kobaltanteil der gängigen Akkuzellen immer weiter zu senken, vergrößert sich deren Wettbewerbsvorteil.
Fünf Fakten zu Kobalt
Große Reserven
Weltweit gibt es bekannte Kobalt-Reserven von 25 Millionen Tonnen, so Zahlen des US Geological Survey. Die meisten in Kongo und Sambia.
Ein schwedischer Fund
Der schwedische Chemiker Georg Brandt entdeckte Kobalt 1735 – Kobalterze waren da schon seit Jahrhunderten zum Beispiel von Glasfärbern benutzt worden. Brandt selbst war übrigens ein prominenter Gegner der Alchemie.
Fördermengen
66.000 Tonnen förderte der Kongo 2016. China liegt mit nur 7700 Tonnen auf Platz 2, hat seine Produktion aber binnen zehn Jahren um 550 Prozent gesteigert. Drittwichtigstes Förderland ist Kanada.
Giftig?
In den 60er-Jahren starben in den USA einige starke Biertrinker, weil Brauereien einen kobalthaltigen Schaumstabilisator einsetzten. Andererseits ist Kobalt Bestandteil des lebenswichtigen Vitamin B12. Wie so oft macht die Dosis das Gift.
Vereinfacht erklärt: Im Akku sind vor allem zwei Komponenten wichtig: die Anode ist der geladene Pluspol, der Elektronen aufnimmt – die Kathode hingegen, der Minuspol, gibt die Elektronen ab. Üblicherweise bestehen diese aus einer Kobalt-Mischung auf der einen – und Graphit auf der anderen Seite. Es sind die Lithium-Ionen, die zwischen den Polen hin- und herwandern, dabei die nötige Energie für das Fahrzeug abgeben und deshalb dem gängigsten Akkutyp seinen Namen verliehen haben.
Teil 1: Kinderarbeit in Minen: Weniger E-Autos sind auch keine Lösung
Teil 2: Kobalt: Ein Fair-Trade-Siegel muss kommen
Teil 3: Akkus ohne Kobalt: Sauber, aber noch nicht marktreif
Teil 4: Kobalt und Co: So versuchen deutsche Autobauer Kinderarbeit auszuschließen
Teil 5: Akku-Recycling: Rohstoffschätze aus dem Container
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Auch der chinesische Automobilhersteller BYD setzt Lithium-Ionen-Akkus ein – macht dabei allerdings vor, dass Eisenphosphat als Ersatz für das umstrittene Kobalt infrage kommen kann. Immer wieder vermeldet die Branche neue Alternativen für die klassische Rohstoffkombination. Das Forschungszentrum in Jülich beispielsweise experimentiert gerade an Batterien, die auf Eisen und Sauerstoff basieren. Investoren spekulieren bereits, dass Vanadium zukünftig eine Option sein könnte – wie auch Systeme mit Natrium-Ionen, Magnesium und Kalium.
Tesla plant ebenfalls ohne Kobalt
„Auch Tesla möchte in Zukunft angeblich Batterien einsetzen, die kobaltfrei sind“, sagt Matthias Buchert, der am Freiburger Öko-Institut den Bereich Ressourcen und Mobilität leitet. „Aber das muss man erst mal abwarten“. Aufmerksam verfolgt er die Artikel, die den Durchbruch neuer Technologien verkünden. „Oft steht dann irgendwo weiter unten, dass weitere Tests nötig seien“, sagt er über die Ansätze, die sich meist noch im Laborstadium befinden würden. „Die eigentlichen Probleme sind da noch gar nicht geklärt.“
Die Liste derer ist lang. Ein paar davon greift Buchert auf: die Anzahl der Ladezyklen, die Temperaturempfindlichkeit, die Entsorgung, die Stabilität, die Wirtschaftlichkeit und nicht zuletzt die Energiedichte, von der Größe und Gewicht abhängen. All das seien „riesige Hürden“, so Buchert. Es tut sich etwas im Startfeld des Rennens um die Batterietechnologie der Zukunft. Aber: „Lithiumionen-Batterien sind da gerade in einer Pole Position.“ Buchert vermutet, dass sie noch mindestens zehn Jahre den Spitzenplatz verteidigen dürften.
Vorerst könnte der Lithiumionen-Akku seinen Vorsprung sogar noch weiter ausbauen. „Der Kobalt-Gehalt lässt sich noch deutlich reduzieren“, sagt Buchert: „Die Performance ist dadurch mindestens genauso gut, möglicherweise sogar besser“. Und das für beide der derzeit gängigen Akku-Varianten: Da ist zum einen der sogenannte NMC-Akku, in dem die Hersteller Nickel, Mangan und Kobalt bisher etwa zu gleichen Anteilen verbaut haben. Marken wie BMW haben jedoch bereits angekündigt, zukünftige Autos mit Batterien auszurüsten, in denen der Kobaltgehalt bei nur noch 10 Prozent liegen wird. Zum anderen etabliert sich der NCA-Ansatz von Panasonic, deren Batterien von Tesla verbaut werden (siehe Titelfoto). Die besten der Akkus kommen mit gerade einmal fünf Prozent Kobaltanteil aus.
Der steigende Kobalt-Preis wird zum Problem
Der Trend zum geringeren Anteil des anrüchigen Kobalts verringert das moralische Dilemma – und gleichzeitig auch die Kosten für einen Rohstoff, dessen Preis gerade durch die Decke geht. Auch die bessere Reichweite der kobalthaltigen Akkus bleibt ein Vorteil. Unwahrscheinlich also, dass sich der konkurrierende Lithium-Eisenphosphat-Akku langfristig gut im Rennen schlagen wird.
Das hat auch der chinesische Konzern BYD erkannt, dessen ebus auf den Straßen Londons unterwegs ist. Noch sind es kobaltfreie Akkus, die das beliebte Modell antreiben. Aber auch das könnte sich ändern. In der neuesten PKW-Flotte jedenfalls verbaut der innovative Hersteller bereits moderne kobalthaltige Lithiumionen-Akkus. Der umstrittene Rohstoff aus dem Kongo bleibt begehrt.