Ionity ist aktuell an 385 Plätzen in Europa präsent, weitere 37 Ladestationen sind derzeit im Bau: Das Versprechen, europaweit 400 Ladeplatze für Elektroautos einzurichten, sollte der 2017 gegründete Schnellladenetz-Betreiber mit einjähriger Verspätung also in Kürze erfüllen können.
Doch wie es anschließend weitergehen würde, war im Konsortium der Autoindustrie, das hinter Ionity steht (BMW, Ford, Hyundai, Mercedes-Benz und der Volkswagen-Konzern) lange unklar. Die hohen Baukosten von angeblich rund 225.000 Euro pro Ladepunkt sowie die lange Zeit niedrige Auslastung der Anlagen führten dazu, dass die Bereitschaft zu weiteren Investitionen spürbar sank, berichten Insider. Eine Erhöhung des Strompreises auf 79 Cent pro Kilowattstunde für nicht vertragsgebundene Kunden im Frühjahr vergangenen Jahres sorgte für zusätzliche Diskussionen im Kosortium – und ließ viele Fahrer von Elektroautos fortan einen großen Bogen um die Ladeparks von Ionity machen.
Doch diese schwierige Phase in der noch jungen Unternehmensgeschichte scheint nun vorbei. Mit dem Einstieg des US-Hedgefonds Blackrock Alternative (Slogan: „Risiko für Ihr Kapital“) hat sich die Finanzlage aber offenbar deutlich entspannt.
Und nun kann Ionity die zweite Stufe seiner Ausbaupläen zünden: Wie das Unternehmen jetzt (24. November) bekannt gab, wird Ionity die Zahl seiner Ladepunkte in Europa von heute 1526 auf 7000 bis zum Jahr 2025 erhöhen. An über 600 neuen Standorten sollen Fahrer von Elektroautos dann Strom mit Ladeleistungen von bis zu 350 kW ziehen können – das freut insbesondere die Besitzer von Fahrzeugen mit einer 800 Volt-Architektur wie der Porsche Taycan, der Audi e-tron oder die neuen Stromer von Hyundai-Kia. 700 Millionen Euro werden dafür locker gemacht – das Gros davon, so ist zu hören, steuert Blackrock bei.
Neue Lade-„Oasen“ mit allem Komfort
Ein Teil der Summe soll auch dazu aufgewendet werden, um die Ladestationen mit Dächern, Sitzbänken und anderen Komfort-Features aufzuwerten – „die neuen Ladeparks der EnBW und die Pläne der Mineralölindustrie sowie für das Deutschlandnetz des Bundes weisen hier den Weg“, erläutert ein hochrangiger Automanager im Gespräch mit EDISON die Hintergründe.
Auch die öffentliche Kritik von VW-Chef Herbert Diess („Kein WC, kein Kaffee, eine Säule außer Betrieb/defekt, traurige Angelegenheit“) in einem Post auf LinkedIn hat wohl dazu geführt, dass Ionity für die zweite Phase der Netzentwicklung ein neues Stationskonzept aufgelegt hat: Unter dem Namen „Oasis“ sollen in den kommenden Jahren eine Reihe regelrechter Lade-Oasen entstehen, mit viel Licht, Wetterschutz und einer Anbindung an Cafés, Restaurants oder Shops. Regelrechte Raststätten exklusiv für Elextroautos werden so entstehen.
Und das nicht nur entlang der Autobahnen konzentrieren. Künftig will Ionity „Ladeerlebnisse“ auch in der Nähe von Großstädten und entlang stark befahrener Fernstraßen bieten. Und damit es auch dort nicht zu Staus und Warteschlangen kommt, sollen die neuen Ladeparks über sechs bis zwölf Ladesäulen errichten – bislang waren an den Ionity-Standorten aus Kostengründen eher vier High Power Charger der Standard.
„44 Cent sind das obere Ende des Zumutbaren“
„Der Kapitalmarkt hat die Chancen erkannt, die in diesem Wachstumsgeschäft und speziell in Lade-Convenience stecken“, erklärt der Automanager die neue Ionity-Strategie: „Die Attraktivität der Ladeparks wird steigen, wenn die Ladezeit nur kurz ist und die Kunden während des kurzen Aufenthalts auch noch Spaß haben. Und wenn die Zahl der Kunden ebenso wie deren Umsatz steigt, rechnet sich das ganze schnell.“
Er zeigte sich im Gespräch mit EDISON überzeugt, dass derartigen Schnellladeparks die Zukunft gehört: „Einige große Energieversorger haben deshalb bereits aufgehört, in öffentliche Wechselstrom-Lader zu investieren“ – auch die hätten inzwischen erkannt, dass das „rausgeschmissenes Geld“ sei.
Im nächsten Schritt gehe es nun darum, flächendeckend Plug&Charge einzuführen, damit die Fahrer von Elektroautos an den Ladesäulen weder Lade- noch Kreditkarte mehr zücken müssen, weil die Ladesäule des Fahrzeug erkennt und die dort hinterlegten Zahlungsinformationen auslesen kann.
Aber auch über das Preismodell von Ionity, so räumt er ein, werde man demnächst noch einmal reden müssen. Und er legt sich auch schon auf einen neuen Preis fest: „44 Cent pro Kilowattstunde sind das obere Ende des Zumutbaren.“
44 Cent pro kWh klingt gut. 😊 Und ein Dach mit ein bisschen Infrastruktur ist sehr willkommen. Die Pionierzeiten sind vorbei.